Die Ultra-Reichen übernehmen die Führung
Wer meint, Marijn Dekkers hätte bei BAYER das Sagen, der irrt. Dekkers ist der „Angestellte“ und tanzt – wie alle seine Kollegen im Vorstand und die Mehrheit der Aufsichtsräte – nach der Pfeife der Besitzer, der AktionärInnen. Und da haben sich die Gewichte heimlich still und leise in den letzten Jahren mächtig verschoben. Eine Handvoll Ultra-Reicher gibt heute vor, was im Konzern zu geschehen hat.
von Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren
Schon jedes Schulkind weiß: Geld ist Macht. Im Volksmund heißt es: „Wer zahlt, bestimmt die Musik“. Entsprechend bedeutsam ist, was sich in der Welt des Geldes tut: eine extrem kleine Gruppe Ultra-Reicher hat die Macht übernommen. Ihre Vermögen wachsen immer unvorstellbarer. Auf Kosten der arbeitenden Menschen und der Armen. Armut, Hunger und Elend nehmen nämlich ebenso unvorstellbar zu, was aber hier nicht das Thema ist.
Eine OXFAM-Studie, vorgelegt zum Weltwirtschaftsgipfel 2014 in Davos im Januar dieses Jahres, stellt fest:
=> 85 Ultra-Ultra-Reiche besitzen ein Vermögen von ca. 1,7 Billionen US-Dollar. Eine Billion sind 1.000 Milliarden – 1 Milliarde sind 1.000 Millionen. Das ist ebenso viel wie das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, die immerhin ca. 3,6 Milliarden Menschen ausmacht.
=> 1.426 Ultra-Reiche besitzen zusammen 5,4 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: der Haushalt der US-Regierung für 2015 umfasst 3,9 Billionen US-Dollar, der Haushalt der Bundesregierung 2014 knapp 0,4 Billionen US-Dollar.
=> Ein Prozent der Weltbevölkerung, ca. 72 Mio Super-Reiche, besitzen mit unvorstellbaren 110 Billionen US-Dollar die Hälfte des gesamten Weltvermögens.
Vermögen besteht unter anderem aus Aktien. Wenn also die Ultra- und Super-Reichen „die Hälfte des Weltvermögens“ besitzen, dann besitzen sie – grob gesprochen natürlich – auch die Hälfte aller Aktien. Und das ist der Hintergrund, wenn die renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung am 25. August 2014 erschrocken feststellt: „Wohin der Anleger blickt, da ist BLACKROCK.“
Wer ist BLACKROCK? Ein Konstrukt, hinter dem sich die Ultra- und Superreichen mit ihrem Aktienvermögen verstecken, damit sie nicht namentlich in die Schlagzeilen geraten. Es kommt nämlich ausgesprochen blöde, wenn sie, die sich gerne als „Großspender“ und „Wohltäter“ geben, plötzlich im gleichen Atemzug mit Arbeitsplatzvernichtung, Kriegstreiberei, Ausbeutung von Natur und Mensch, Hunger, Menschenrechtsverletzungen usw. genannt werden, dem Stoff, aus dem ihre Profite sprudeln.
Und BAYER? Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (1) schreibt in der jüngsten Ausgabe des Magazins Stichwort BAYER (2): „270.000 AktionärInnen halten etwa 827 Millionen Aktien. (…) Die meisten Aktien hält BLACKROCK“.
Nun kann man sagen: Was geht mich das an?! Das aber wäre ausgesprochen dumm. Nicht nur für die KollegInnen bei BAYER, sondern – so banal es klingt – für alle. Denn BLACKROCK bestimmt unser Schicksal. Um die Profite der Ultra-Reichen zu sichern, hat BLACKROCK nicht nur dominierende Aktienpakete an allen Großkonzernen der Welt, sondern bestimmt z.B. als „Berater“ die Politik der Europäischen Zentralbank. Und hält natürlich auch bestimmende Anteile an den großen Rating-Agenturen, die wir ja nun alle auch schon kennen: Sie bestimmen mit ihren „Ratings“ über Wohl und Wehe ganzer Staaten und leisteten z.B. der Spekulation gegen Griechenland Vorschub.
Und dann kommt die CAPITAL GROUP. Ein weiteres Konstrukt der Ultra-Reichen. Es hält 16 Prozent an BAYER. Und wer rechnen kann, stellt fest: das sind zusammen 46 Prozent, also bereits knapp die Hälfte aller Aktien. So hat sich heimlich still und leise die Macht bei BAYER von ehemals mehreren hunderttausend AktionärInnen auf eine Handvoll ultra-reicher „Investoren“ verlagert.
Und hier schließt sich der Kreis: Wer zahlt, bestimmt die Musik. Entsprechend klärt sich auch das Rätsel, weshalb MATERIAL SCIENCE nun den Geiern vorgeworfen wird, obwohl Marijn Dekkers bis zuletzt beteuerte, dass der Bereich im Konzern bleibt: Die BLACKROCK-/CAPITAL-Profite gieren nach mehr, da muss Dekkers MATERIAL SCIENCE zum Abschuss freigeben, ob er will oder nicht. Die BAYER-Aktie explodierte jedenfalls direkt von ca. 106 auf ca. 114 Euro. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
(1) Coordination gegen BAYER-Gefahren, siehe www.CBGnetwork.org
(2) Stichwort BAYER erscheint seit 1983 vierteljährlich, siehe www.stichwort-bayer.de