Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Presse Information vom 19. März 2009
Bienensterben: Umweltverbände fordern Strafverfahren gegen BAYER-Manager
Gefährlichkeit von Pestiziden seit Jahren bekannt / Beschwerde gegen Verfahrenseinstellung / Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung
Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund und die Coordination gegen BAYER-Gefahren haben bei der Staatsanwaltschaft in Freiburg Beschwerde gegen die Einstellung des Strafverfahrens gegen die BAYER AG eingereicht. Die Verbände werfen dem Unternehmen vor, durch den Verkauf gefährlicher Pestizide großflächige Bienensterben in Kauf genommen zu haben. Im vergangenen Frühjahr hatten Vergiftungen mit dem von BAYER verkauften Wirkstoff Clothianidin zum größten Bienenvolksterben in Deutschland seit Jahrzehnten geführt. Die Verwendung des Mittels im Maisanbau ist seitdem untersagt. Auch in Italien, Frankreich und Slowenien wurde Clothianidin verboten bzw. gar nicht erst zugelassen.
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Zum Zeitpunkt der Zulassung von Clothianidin waren die gravierenden Risiken für Bienen bereits seit Jahren bekannt. Es stellt sich der Verdacht, dass die von der Firma BAYER bei den Behörden vorgelegten Studien derart angelegt wurden, dass die Bienengefährlichkeit des Mittels möglichst gering erschien. Wir kritisieren, dass die Staatsanwaltschaft bislang keine ernsthaften Ermittlungen zur Verantwortung des BAYER-Managements unternommen hat“. Die CBG hatte die Strafanzeige im vergangenen Sommer gemeinsam mit geschädigten Imkern eingereicht.
„Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) prangert seit vielen Jahren die unzureichenden Zulassungsmethoden für Pflanzenschutzmittel und die damit einhergehenden Bienenschäden an“, ergänzt Manfred Hederer, Präsident des DBIB. Schon im Juli 2006 hatte Hederer in einem Brief an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit scharfe Kritik an der Zulassung des Insektizids geäußert und vorausgesagt, „dass Clothianidin für unsere Bienen zu einer großen Gefahr werden wird“.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg stellte das Verfahren gegen BAYER-Chef Werner Wenning im Dezember ein, da das Bienensterben im vergangenen Frühjahr auf eine „unglückliche Verkettung mehrerer Umstände“ zurückzuführen sei. Die Anklagebehörde übernahm damit die Darstellung von BAYER, wonach das Bienensterben ein einmaliger Vorgang war, der auf einen fehlerhaften Abrieb des Wirkstoffs bei der Aussaat von Mais zurückzuführen ist. Tatsächlich ist ein solcher Abrieb aber seit Jahren bekannt und mehrfach in Studien nachgewiesen worden. Sogar Richard Schmuck von BAYER CropScience hatte bei einem Expertengespräch des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums eingeräumt, dass bei der Aussaat von Mais mit einem Clothianidin-Abrieb von 3-4 Prozent zu rechnen sei.
Harro Schultze, Rechtsanwalt der Verbände: „Die Staatsanwaltschaft hat schlampig und einseitig ermittelt. Der Verdacht, dass die Zulassung von Clothianidin durch die BAYER AG erschlichen wurde, ist nicht entkräftet worden. In der Einstellungsverfügung findet sich kein einziger Hinweis darauf, dass der ermittelnde Staatsanwalt die vorgelegten Studien zur Bienengefährlichkeit des Wirkstoffs überhaupt zur Kenntnis genommen hat.“ Eine von Rechtsanwalt Schultze beantragte Akteneinsicht ergab, dass die Ermittlungsakte fast nur aus öffentlich einsehbaren Quellen wie Zeitungsartikeln und Sicherheitsdatenblättern besteht. Die von den Anzeigenerstattern geforderte Untersuchung des Zustandekommens der Zulassung von Clothianidin unterblieb. Eine Einladung zu einem Ortstermin mit den geschädigten Imkern hatte der zuständige Staatsanwalt als „unüblich“ bezeichnet und abgelehnt.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hatte ein „öffentliche Interesse“ an einer Offenlegung der von BAYER eingereichten Zulassungsunterlagen verneint. Rechtsanwalt Harro Schultze bezeichnet diese Haltung vor dem Hintergrund einer einzigartigen Umweltkatastrophe „ungeheuerlich“. „Das Zusammenwirken von Ermittlungs- und Zulassungsbehörde verstärkt im vorliegenden Fall den Verdacht eines rechtswidrigen und korrupten Zusammenwirkens zwischen Staat und Wirtschaft. Hier kommt der Ermittler offenbar seinem Amtseid nicht nach, nämlich Schaden vom deutschen Volk abzuwehren! Er befindet sich bereits in der Nähe des Verdachts, selbst eine Straftat zu begehen, nämlich die einer Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB)“, so Schultze weiter.
Zur BAYER-Hauptversammlung am 12. Mai in Düsseldorf wurde wegen des Bienensterbens ein Gegenantrag eingereicht, in dem die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gefordert wird. Dieser ist auf der homepage von BAYER abrufbar: www.hv2009.bayer.de/de/gegenantraege.aspx Durch den Verkauf gefährlicher Pestizide hat das BAYER-Management die verheerenden Bienensterben in aller Welt in Kauf genommen.
Das Verfahren wird bei der Staatsanwaltschaft Freiburg (Telefon: 0761 2050) unter dem Aktenzeichen 520 Js 1649/08 geführt.