Die Entscheidung über BAYERs MONSANTO-Deal rückt näher
EU genehmigt Übernahme
Am 21. März 2018 hat die Europäische Union BAYERs Antrag auf Übernahme von MONSANTO genehmigt. Brüssel sieht durch die Bereitschaft des Leverkusener Multis, sich von einigen Geschäftssparten zu trennen, die Gefahren eines solchen Mega-Deals gebannt. Trotzdem kann der Leverkusener Multi die Sektkorken noch nicht knallen lassen, denn es stehen noch einige Entscheidungen aus. Und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wird gemeinsam mit ihren Bündnis-Partnern bis zuletzt weiter gegen Baysanto streiten.
Von Jan Pehrke
„Wir haben die Übernahme von MONSANTO durch BAYER genehmigt, weil unsere wettbewerbsrechtlichen Bedenken durch die von den Unternehmen vorgelegten Verpflichtungszusagen, die einen Umfang von weit über sechs Mrd. Euro haben, vollständig ausgeräumt werden“, das erklärte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zur Begründung der Zustimmung. Ein positives Votum Brüssels hatte sich schon länger abgezeichnet. Zwar zögerte die Generaldirektion Wettbewerb das Ende der Prüf-Phase mehrfach hinaus, aber einen Anlass zur Hoffnung gab das nicht unbedingt. „Wenn eine Entscheidung verschoben wird, hat das oft damit zu tun, dass wir mehr Zeit brauchen, um uns anzuschauen, was das Unternehmen uns für Angebote macht, um unsere Bedenken aus dem Weg zu räumen“, erklärte Vestager nämlich.
Ein erstes solches Angebot hatte BAYER im Herbst 2017 gemacht. Der Leverkusener Multi zeigte sich willens, ein Paket mit seinen gen-manipulierten Raps-, Soja- und Baumwoll-Pflanzen der „LIBERTY LINK“-Baureihe samt dem dazugehörigen Pestizid Glufosinat sowie einige weitere Ackerfrüchte an die BASF zu veräußern. Ein weiteres Zugeständnis unterbreitete der Global Player im Februar 2018. Da stellte er seine Gemüsesaatgut-Tochter NUNHEMS zur Disposition. Zudem verkündete der Konzern Konzessionen im Bereich der digitalen Landwirtschaft. So beabsichtigt BAYER, der BASF eine Exklusiv-Lizenz zur Nutzung dieser „Zukunftstechnologie“ einzuräumen. Ganz trennen mochte sich der Agro-Riese von Produkten dieser Abteilung jedoch nicht, da er mit der Bereithaltung von Tools zur daten-gestützten Bodenbewirtschaftung zu einer Art GOOGLE der Äcker aufzusteigen gedenkt.
Die Wettbewerbskommissarin akzeptierte all das jedoch, obwohl ihre KollegInnen einige der Posten schon zur Makulatur haben werden lassen. Die Europäische Union hat nämlich die Zulassung von Glufosinat wegen dessen erbgut-schädigenden Eigenschaften nicht verlängert, weshalb es die ihm von Margrethe Vestager zugedachte Rolle „eines Konkurrenz-Produkts für das MONSANTO-Produkt Glyphosat“ gar nicht mehr zu spielen vermag.
So erreicht Baysanto dann trotz der Auflagen im Pestizid-Bereich einen Markt-Anteil von mehr als 20 Prozent und beim konventionellen Saatgut einen Markt-Anteil von ca. 30 Prozent. Beim gen-manipulierten Saatgut beträgt dieser sogar 90 Prozent. Diese dominierende Stellung bedroht die Landwirtschaft, da die LandwirtInnen mit höheren Preisen rechnen müssen und überdies weniger Auswahl haben. Auch die VerbraucherInnen können beim Einkauf nicht mehr zwischen so vielen Sorten wählen, wenn der Leverkusener Multi mit seinem Vorhaben wirklich zum Ziel kommen sollte. Daran stört sich die EU-Kommission offensichtlich nicht. Mit ihrem Genehmigungsbescheid hat sie dem von vier Konzernen gebildeten und von BAYER unangefochten angeführten Oligopol im Landwirtschaftssektor ihren amtlichen Segen erteilt.
Aber die Übernahme hat noch weitere Folgen, welche Vestager & Co. gar nicht erst in den Blick nahmen, weil sie ihre Perspektive allein auf das Wettbewerbsrecht verengten und selbst da nicht so genau hinsahen. Die Beschäftigten sehen sich Arbeitsplatz-Vernichtungen durch die bei solchen Gelegenheiten immer viel beschworenen Synergie-Effekte gegenüber. Und schließlich stehen den Standort-Städten im Fall des Falles finanzielle Einbußen ins Haus, denn BAYER pflegt seine Shopping-Touren immer von der Unternehmenssteuer abzusetzen.
Mit der EU haben jetzt mehr als die Hälfte der 30 involvierten Kartellbehörden dem Deal ihre Zustimmung erteilt. Einige tun sich zum Glück jedoch noch schwer. So verlangte die russische Föderale Antimonopol-Behörde FAS von BAYER im November 2017 mehr als nur eine kleine Fasten-Kur, ehe das Schlucken von MONSANTO beginnen kann. Sie machte dem Konzern zur Bedingung, den FarmerInnen des Landes Zugang zu den Züchtungstechnologien und zu den Angeboten der digitalen Landwirtschaft zu verschaffen. „Sie haben so große Datenmengen, dass von unserem landwirtschaftlichen Sektor nach einem Zusammenschluss nicht mehr viel übrig sein wird“, sagte FAS-Chef Igor Artemjev zur Begründung. Bis Ende Februar gab die Behörde dem Global Player Zeit, darüber nachzusinnen. Weil es für das Unternehmen hier um das Eingemachte ging, reichte ihm diese Zeit nicht. Deshalb strengte BAYER eine Verfahrensklage an – verbunden mit der Drohung, notfalls eben auf den russischen Markt zu verzichten. Wenig später verlängerte die FAS die Prüfrist, und im März 2018 kam es auch zu einer Annäherung in Sachen „digitale Landwirtschaft“.
Die FAS-Forderungen wiederum hatten in den Vereinigten Staaten Besorgnis hervorgerufen. Sollte es Artemjev & Co. wirklich gelingen, Baysanto einen Technologie-Transfer aufzunötigen, geriete Wissen über avancierte Methoden der Nahrungsmittel-Produktion in russische Hände, warnten BeobachterInnen. Sie sahen dadurch die nationale Sicherheit der USA gefährdet und äußerten im Nachhinein Zweifel an der Entscheidung des „Ausschusses zur Überprüfung ausländischer Investitionen“, der so etwas nicht vorhergesehen hatte und das BAYER-Vorhaben im Dezember 2017 bedenkenlos passieren ließ. Auch sonst hakt es in den USA. Das Justizministerium verlangt deutlich mehr Verkäufe vom Leverkusener Multi als die bisher angekündigten, was Baumanns Zeitplan ein weiteres Mal durcheinanderzubringen droht.
PR in eigener Sache
Durch die sich in die Länge ziehenden Verfahren sahen sich die BAYER-Bosse zu verstärkten diplomatischen Anstrengungen gezwungen. So traf der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann im Januar 2018 bereits zum zweiten Mal Donald Trump, um gut Wetter für die MONSANTO-Akquise zu machen. Der Konzern-Chef gehörte zu den 14 UnternehmenslenkerInnen, die beim Davoser Weltwirtschaftsforum mit dem US-Präsidenten speisten. Sich so ehrfürchtig und beflissen wie ein Klosterschüler vor dem Papst gebährdend, stellte Baumann sich ihm bei Tisch als Vertreter desjenigen Unternehmens vor, das ASPIRIN produziert. Anschließend versuchte er, Trump mit der Ankündigung von großen Investitionen in den USA für den Coup zu erwärmen. Milliarden-Beträge stellte Baumann in Aussicht, falls es zu der MONSANTO-Übernahme käme. „Das ist wirklich gut“, lobte Trump.
In ähnlicher Weise umwarben Joe Kaeser von SIEMENS und die anderen Firmen-Vorstände den Präsidenten. „Deutsche Konzern-Chefs huldigen Trump“, überschrieb die Faz deshalb ihren Artikel zum Meeting. BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Werner Wenning fand da überhaupt nichts daran und attestierte Werner Baumann, einen guten Job gemacht zu haben. Kaum weniger verwunderliche Ansichten tat Werner Wenning zum Objekt von BAYERs Begierde kund. „MONSANTO macht als Biotech-Unternehmen das, was die Natur und der Mensch seit Jahrhunderten vormachen – Saatgut weiterentwickeln und verbessern“, meint er. Und natürlich bloß aus Sorge um die Ärmsten der Armen will der Leverkusener Multi mit dem Erwerb der US-Gesellschaft dem Vorbild „Natur“ noch ein wenig intensiver nacheifern. „Nur weil Europa noch kein Ernährungsproblem hat, verschwindet das Ernährungsproblem ja nicht. Hier vergessen viele, dass weltweit etwa 800 Millionen Menschen hungern“, gerierte sich der Manager als Mahner. Werner Baumann wollte da nicht zurückstehen und präsentierte sich auf der Bilanz-Pressekonferenz Ende Februar 2018 als Mutter Teresa in Nadelstreifen: „Wir können mit MONSANTO noch besser dazu beitragen, die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern“.
Die wahren Motive hingegen nannte er bei einer Veranstaltung der Schmalenbach-Gesellschaft in Düsseldorf. Dort führte der BAYER-Chef aus, anfangs wäre die gesamte Führungsriege gegen die Transaktion gewesen. Erst das veränderte Lagebild im Landwirtschaftsgeschäft durch CHEMCHINAs SYNGENTA-Kauf hätte zu einem Umdenken geführt. „Deren Folgen für die langfristige Position BAYERs im Agrochemie-Sektor habe ihn letztlich dazu bewogen, die MONSANTO-Übernahme in Erwägung zu ziehen“, mit diesen Worten gibt das zur Faz-Gruppe gehörende Portal Finance Baumanns Einlassungen wieder.
Der Konzern sah sich also ganz profan im Monopoly-Spiel der Branche in Zugzwang und hob nach der Devise „Die Letzten werden die Ersten sein“ nun dazu an, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen und innerhalb des Agro-Oligopols die Führungsposition anzustreben.
Proteste halten an
Dagegen haben aber zahlreiche AktivistInnen aus der ganzen Welt etwas. Deshalb reißt auch in diesem Jahr der Protest gegen das avisierte Milliarden-Geschäft nicht ab. „Dämmen Sie die Markt-Konzentration von Großunternehmen ein, weil diese die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung und eine positive ländliche Entwicklung bedroht“, lautete etwa eine der zentralen Forderungen der „Wir haben es satt“-Demonstration, zu der am 20. Januar 2018 über 30.000 Menschen nach Berlin gereist waren. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) setzte das Thema dort ebenfalls auf die Agenda. „Stopp BAYER/MONSANTO“ war der Aufruf überschrieben, den CBG-AktivistInnen auf der ganzen Route zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor verteilten.
Am 31. Januar 2018 konfrontierte das von der Coordination initiierte „Stopp BAYER/MONSANTO!“-Bündnis den Leverkusener Multi direkt mit der Kritik. An dem Tag wollte MONSANTO auf seiner Hauptversammlung in den Vereinigten Staaten nämlich weitere Vorbereitungen zur Elefanten-Hochzeit treffen. Das nahmen die rund 40 ProtestlerInnen von ATTAC, FIAN, der ÖkolandwirtInnen-Vereinigung IFOAM, der linken Karnevalstruppe PAPPNASEN ROT-SCHWARZ und der CBG zum Anlass, der BAYER-Zentrale einen Besuch abzustatten und dem Konzern schon mal seine Braut zu präsentieren. Aus Sicherheitsgründen war dazu ein Feuerwehr-Einsatz nötig, denn die Auserkorene hatte gleich ihre Mit-Gift dabei: den kleinen „Glypho-Satan“ und andere nicht ganz ungefährliche Dinge. Auch der Trauzeuge stellte sich bereits vor. Für diesen Posten hatte sich Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in Brüssel durch seine Zustimmung zur Glyphosat-Zulassungsverlängerung qualifiziert, die dem Paar in spe die Aussicht auf eine noch praller gefüllte Familien-Kasse eröffnete. Dezent im Hintergrund hielt sich in Leverkusen hingegen der vom ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Friedrich Merz vertretene Heiratsvermittler BLACKROCK, der die Partnerschaft mit eingefädelt hatte.
Dank der PAPPNASEN ROT-SCHWARZ konnte das Bündnis sogar den Kölner Rosenmontagszug als Forum nutzen. Die alternative Karnevalstruppe hatte für ihren „Zoch vor dem Zoch“ nämlich das offizielle Motto „Mer Kölsche danze us der Reih“ in „Mer klääve nit am Wachstumswaahn, mer danze us der Reih“ umgestrickt, und da passte BAYERs MONSANTO-Operation wunderbar rein. Ein Symptom für den Wachstumswahn ist diese Idee von Baumann & Co. nämlich fürwahr. An dem Tag hatten aber nicht nur das Horror-Brautpaar und ihr „Glypho-Satan“ ihren Auftritt, sondern auch das BAYSANTO-Monster, „Mad Scientists“ und die Bienen-Leichen, die ihren Weg pflasterten. So vor den ZuschauerInnen an der Strecke vorbeiparadierend, wurden die Polit-Jecken von einer der Tribünen gar als „Protest-Zug aus Leverkusen“ begrüßt, obwohl in ihren Reihen auch noch andere böse Buben wie z. B. der Klima-Killer RWE ihr Unwesen trieben.
Das Versagen der Behörden bei der Beaufsichtigung des bunten Treibens von BAYER & Co. trieb die Initiative „Konzernmacht beschränken“ zum Handeln. Das Bundeskartellamt, dessen VertreterInnen in Brüssel über Fusionen und Unternehmensaufkäufe mitentscheiden, habe bisher kaum Transaktionen verhindert, monierte das Bündnis, obwohl dies gerade im Fall des MONSANTO-Deals bitter Not täte. „Bei einer Genehmigung der Übernahme von MONSANTO durch die deutsche BAYER AG würden in Zukunft nur drei Konzerne 60 Prozent des weltweit verkauften Saatguts sowie 70 Prozent des globalen Pestizid-Marktes kontrollieren“, warnten die AktivistInnen. Darum lud sich „Konzernmacht beschränken“ am 22. Februar 2018 selbst zum 60. Geburtstag des Bundeskartellamts ein und brachte den zahnlosen WettbewerbshüterInnen als Geschenk einen neuen Satz Kau-Werkzeuge mit. „Wir sind heute hier, weil wir dem Bundeskartellamt in Zukunft mehr Biss wünschen wollen“, erklärte Jutta Sundermann. Ob sie und ihre MitstreiterInnen damit Erfolg haben werden und die WettbewerbshüterInnen in Zukunft wirklich kraftvoller zubeißen, steht allerdings sehr in Frage.
Die ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT und FRIENDS OF THE EARTH richteten bei ihren Protesten das Augenmerk besonders auf die beängstigende Entwicklung den Sektor der digitalen Landwirtschaft betreffend, die bei einem Vollzug des Kaufes droht. Die Organisationen warnen eindringlich vor einer Monopol-Stellung des Leverkusener Multi auf dem Gebiet dieser Technologie, die auf einer Vernetzung von Daten über das Wetter, die Boden-Beschaffenheit und das Schadinsekten-Aufkommen mit Landmaschinen, die Pestizide ausbringen oder die Felder bewässern, beruht. „BAYER-MONSANTO würde zum größten Akteur im Bereich der Daten-Plattformen und Daten-Sammlung. Dies birgt für Bauern und Bäuerinnen ähnliche Risiken und Probleme, wie sie bereits durch Daten-Plattformen wie GOOGLE, AMAZON und FACEBOOK entstanden sind“, hält FRIENDS OF THE EARTH fest.
Auf internationaler Ebene tut sich ebenfalls eine Menge. So hat die bekannte Gentechnik-Gegnerin Vandana Shiva eine dutzende Seiten umfassende Eingabe an die indische Kartell-Behörde verfasst, die dazu auffordert, dem BAYER-Vorhaben die Zu-stimmung zu verweigern. Zur Begründung führt Shiva vor allem die bisherigen Geschäftspraktiken MONSANTOS an, die in dem Land eine Spur der Verwüstung hinterlassen haben. An erster Stelle nennt Shiva die vielen Selbsttötungen von LandwirtInnen in den Regionen, in denen die Bt-Baumwolle des US-Unternehmens wächst. Wegen zu schlechter Ernten im Verhältnis zu den hohen Lizenz-Gebühren haben sich dort bereits hunderttausende FarmerInnen umgebracht. Die Gebühren verlangt der US-amerikanische Agro-Riese, obwohl er in Indien gar kein Patent auf das Bt-Saatgut selber, sondern nur auf die Herstellungsweise hält, empört sich die Autorin. Die indische Regierung reagierte auf den Wucher beim Lizenz-Verkauf mit einem staatlich verordneten Preis-Limit, wogegen der US-Multi umgehend klagte – und dafür die Unterstützung von BAYER erhielt. Im Bund mit den Leverkusenern potenzieren sich die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Unternehmenspolitik der Inderin zufolge noch einmal. „Mit der Fusion werden BAYER und MONSANTO ihre dominante Position ausbauen und das nutzen, um fortgesetzt Gesetze und Regeln des Landes zu brechen und die staatlichen Institutionen zu unterminieren, die Indiens Interessen schützen“, prophezeit die Wissenschaftlerin.
Zudem beschuldigt sie den bundesdeutschen Agrar-Riesen, den indischen Behörden gegenüber falsche Angaben zu den Auswirkungen der Transaktion – wie z. B. über das zu erwartende Ausmaß der Beherrschung des Baumwoll-Marktes – gemacht zu haben. Auch kritisiert Vandana Shiva beide Unternehmen für ihre Praxis, fortwährend kleinere Saatgut-Firmen aufzukaufen oder mit unfairen Verträgen an sich zu binden. „Angesichts der weitreichenden Konsequenzen (…) für den Wettbewerb, für das Wohlergehen der Farmer, die Gesundheit der Verbraucher und für die Demokratie steht die Akquisition von MONSANTO durch BAYER nicht im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht und sollte nicht erlaubt werden“, schließt Shiva ihre Ausführungen.
Am französischen BAYER-Standort Lyon hat derweil die Initiative ALTERNATIBA Rhône mit einer spektakulären Aktion gegen die „Hochzeit des Todes“ protestiert. Sie veranstaltete Anfang März 2018 ein Die-in, um die Gesundheitsgefahren plastisch darzustellen, die von dem agro-industriellen Komplex ausgehen, den der Konzern durch die Einverleibung seines US-Konkurrenten noch einmal ein wenig komplexer gestalten will. Und die Ackergifte made in Leverkusen leisteten an dem Tag ganze Arbeit: Vor einer zentralen Metro-Station der Stadt lagen nicht nur Menschen darnieder, sondern auch Tiere und Pflanzen – einige AktivistInnen hatten sich nämlich Flora und Fauna anverwandelt.
In den Vereinigten Staaten reißt der Widerstand gegen das BAYER-Vorhaben ebenfalls nicht ab. So haben in jüngster Zeit unter anderem die „Texas Corn Producers“, die „Farm and Ranch Freedom Alliance“, die Milchvieh haltenden Öko-LandwirtInnen von der „Northeast Organic Dairy Producers Alliance“ und einige PolitikerInnen wie etwa die für die Partei der Demokraten im US-Senat sitzende Elizabeth Warren ihrer Besorgnis über den Deal Ausdruck verliehen. Einer Umfrage zufolge fürchten sich 93,7 Prozent der befragten US-amerikanischen LandwirtInnen vor den Folgen der Transaktion.
Die BAYER-Reaktionen
BAYER reagiert auf diese Kritik mit Verleumdungskampagnen und Drohungen. Der Konzern spricht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und den vielen anderen Initiativen, die sich gegen die Übernahme wenden, schlicht die Lauterkeit ihrer Motive ab und wirft ihnen vor, kommerzielle Interessen zu verfolgen. „Wir erleben, dass die emotionale Aufbereitung von Ängsten die Debatte prägt, oft mehr als die Vermittlung von Fakten. Das lehnen wir insbesondere dann ab, wenn Angst als Geschäftsmodell benutzt und damit zum eigenen Vorteil geschürt wird“, hält der neueste Geschäftsbericht der Gesellschaft fest.
Andererseits spürt das Unternehmen ganz genau, dass der Rückhalt für die Transaktion nicht einmal betriebsintern besonders groß ist. Die Stimmungslage gleich nach Bekanntwerden von BAYERs MONSANTO-Aspirationen fasste ein Beschäftigter in dem WDR-Film „Die Saat der Gier“ zusammen: „Die Kollegen waren entsetzt, weil es eben genau dieser Partner ist, der da gekauft werden soll. Das Besondere: Dass das für alle für mich erkennbaren Hierarchie-Ebenen so war.“ Darum kam von der Geschäftsleitung über das Intranet die Anweisung: „Vermeiden Sie Spekulationen und Kommentare zu der Übernahme oder den möglichen Auswirkungen sowohl gegenüber Ihren Kollegen als auch gegenüber externen Personen. Das umfasst auch die sozialen Medien.“ Zu Recht konstatiert da der interviewte Belegschaftsangehörige: „Viele haben das als Maulkorb empfunden.“ Den löste der Global Player zwar bald wieder, aber nur, um den KollegInnen die seiner Meinung nach passenden Textbausteine in den Mund zu legen. „Argumente für die Hosentasche“ überschrieb er die Sprachregelungen für die ArbeiterInnen und Angestellten. Auf die Frage „Was hälst Du von dem Deal?“ etwa gibt er die Antwort vor: „Der Zusammenschluss von BAYER und MONSANTO erhöht unsere Innovationskraft und führt damit zu breiterer Auswahl, höherer Qualität und Ernährungssicherheit.“
Und BAYERs Wahlverwandter fackelte im Umgang mit seinen KritikerInnen nicht lange und zog gleich vor Gericht. MONSANTO verklagte die US-Organisation AVAAZ auf Herausgabe aller E-Mails und internen Dokumente zum Thema „Glyphosat“; sogar die Mail-Adressen der Mitglieder verlangt der Konzern. Aber die Initiative gibt sich kämpferisch: „MONSANTO mag unbegrenzte Ressourcen haben, um andere einzuschüchtern, aber die AVAAZ-Gemeinschaft vereint die Kraft von Millionen von Menschen, und unsere Mitglieder haben keine Angst.“
Die kennt auch die CBG nicht. Sie hat schon bei der letzten BAYER-Hauptversammlung allen Versuchen des Konzerns getrotzt, den Protest kleinzuhalten und arbeitet mit ihren Bündnis-Partnern weiter daran, die Übernahme zu stoppen. Die Planungen für Aktionen zur nächsten AktionärInnen-Versammlung des Konzerns am 25. Mai haben schon begonnen. ⎜