Presse-Information vom 24.02.25
Kinderarbeit, Arbeitsschutz-Verletzungen, Lohnraub
Für den 26. Februar hat die Europäische Kommission ein Maßnahmen-Paket zur Aufweichung der Lieferketten-Richtlinie, der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie zur Taxonomie-Verordnung angekündigt. „Wir können nicht erwarten, dass wir weltweit konkurrieren können, während wir uns gleichzeitig mit unnötigen Beschränkungen und Einschränkungen überfrachten“, so EU-Kommissar Valdis Dombrovskis zur Begründung des Vorstoßes.
Ein Blick in den Lieferketten-Bericht des BAYER-Konzerns für das Jahr 2023 zeigt indes die Wichtigkeit einer strengen Kontrolle der Global Player. Nicht weniger als 1.345 Meldungen über Verfehlungen aus Zuliefer-Betrieben weist der Report aus. Sie reichen von Kinderarbeit und Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit über gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und andere Arbeitsschutz-Verletzungen bis hin zum Vorenthalten eines gerechten Lohnes und Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Dabei betrafen die Verstöße nicht nur die weltumspannenden Lieferketten, sondern auch die Niederlassungen des Agro-Riesen selbst. 64 Beschwerden über die Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren galten seinem eigenen Geschäftsbereich.
Kein anderes deutsches Unternehmen wartet mit einer so hohen Zahl von Vergehen auf. Adidas etwa listet „nur“ 207 auf und SAP 142. „Der BAYER-Konzern hat seine Lieferketten aus Profit-Gründen über den ganzen Erdball verteilt. Der Bericht dokumentiert nun eindrucksvoll, welche fatalen Folgen das vor allem für die Menschen im Globalen Süden hat. Hier bräuchte es schärfere statt schwächere Lieferketten-Gesetze, aber die Politik kapituliert wieder mal vor dem Kapital“, konstatiert Marius Stelzmann von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG).
In ihrem vorletzten Wahl-Programm hatten Bündnis 90/Die Grünen noch eine Nachbesserung des deutschen Lieferketten-Gesetzes gefordert, „zum Beispiel eine Ausweitung der erfassten Unternehmen, aber auch eine Erweiterung der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten“. Auf dem Unternehmertag des deutschen Außenhandelsverbandes im Oktober 2024 sah es Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck nun aber als dringend geboten an, „die Kettensäge anzusetzen und das ganze Ding wegzubolzen“. Und Olaf Scholz versprach im selben Monat auf dem Arbeitgebertag: „Das haben wir ja gesagt, das kommt weg.“ Die Deregulierungen auf europäischer Ebene, die das Maßnahmen-Paket anstrebt, begrüßte er in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ebenfalls: „Die deutsche Wirtschaft hat hier zu Recht weiteren dringenden Handlungsbedarf angezeigt, insbesondere hinsichtlich der Belastungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD), der EU-Taxinomie und der Europäischen Lieferketten-Richtlinie (CSDDD).“
Die neuerlichen Bekenntnisse zu den Lieferketten-Regelungen in den jetzigen Wahlprogrammen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wirken deshalb nicht gerade glaubhaft. Die CDU erklärt dagegen frank und frei: „Das deutsche Lieferketten-Gesetz schaffen ab. In Europa wollen wir Belastungen einen Riegel vorschieben.“ Und die FDP pflichtet bei.
„Kinderarbeit, Druck auf GewerkschaftlerInnen, Lohnraub, Ungleichbehandlung von Mann und Frau, mangelhafter Arbeitsschutz und Umweltverschmutzung – auf all das will Brüssel jetzt nicht mehr so genau blicken, weil es angeblich den Wirtschaftsstandort Europa gefährdet. Das ist ein Skandal“, so Stelzmann abschließend.
Marius Stelzmann 0211/33 39 11