Sehr geehrte Damen und Herren!
Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist und gehöre dem Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren an.
Während alle Welt unter den Folgen des Ukraine-Krieges leidet, erweist sich BAYER als Krisen-Profiteur. Zu einem guten Teil stieg der Umsatz nicht trotz des Krieges um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro, sondern gerade wegen des Krieges. BAYER profitierte nämlich von Mangellage auf dem Nahrungsmittel-Sektor und den steigenden Preisen für Lebensmittel.
So heißt es im Geschäftsbericht, ich zitiere:
„Das erhöhte Preis-Niveau und die damit verbundene verbesserte Einkommenssituation der Landwirte förderte die Anwendung hochwertiger Pflanzenschutzmittel in allen Regionen und Indikationen, vor allem bei den Herbiziden. Das wirkte sich positiv auf das Gesamtgeschäft von Crop Science aus.“
„Ein erfolgreiches Kosten- und Preismanagement“ hält sich der Konzern zugute.
Dieses „Preismanagement“ wirkt allerdings als Inflationstreiber. Experten sprechen deshalb in letzter Zeit mehr von der „Profit/Preis-Spirale“ als von der „Lohn/Preis-Spirale“. Marcel Fratzscher vom „Deutschen Institut für Wirtschaft“ sagt beispielsweise: (ich zitiere)
„Die Inflation wird nicht von überzogenen Lohn-Erhöhungen getrieben, sondern von extremen Gewinnen großer Firmen.“
Sogar die Europäische Zentralbank ist auf dieses Phänomen in ihrer jüngsten „geldpolitischen Erklärung“ schon aufmerksam geworden. So konstatiert EZB-Direktorin Isabel Schnabel: (ich zitiere)
„Ein Teil des hohen Inflationsdrucks dürfte in der Tat auf eine höhere Markt-Macht der Unternehmen zurückzuführen sein.“
Darum meine erste Frage:
Ist BAYER bereit, für die Extra-Profite eine Übergewinn-Steuer zu zahlen?
In Anbetracht der üppigen Renditen schlägt der Vergütungsbericht ebenso üppige Gehälter für den Vorstand vor: 7,8 Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden und bis zu 4,2 Millionen für seine Kollegen. Und er tut das im vollen Bewusstsein davon, dass diese Gehälter diejenigen von normalen Tarifbeschäftigten bei BAYER um ein Vielfaches übersteigen. Der Vergütungsbericht scheut sich nicht einmal, die genauen Relationen anzugeben. Dort steht zu lesen, ich zitiere:
„Bezogen auf den Vorsitzenden des Vorstands betragen die Relationen 60:1 (Vorjahr: 63:1) zur Gesamtbelegschaft in Deutschland und 93:1 (Vorjahr: 95:1) zu den Tarifmitarbeitern.“
Das ist nach Meinung der Coordination gegen BAYER-Gefahren ein schamloser Affront den Belegschaftsangehörigen gegenüber, der gesellschaftspolitisch gesehen zudem die Ungleichheit forciert. Darum möchte ich Herrn Baumann fragen:
Wie rechtfertigen Sie diese immense Lohn-Spreizung innerhalb des Konzerns? Und warum halten Sie es für angemessen, 93 Mal so viel zu verdienen, wie ein Tarif-Beschäftigter bei BAYER durchschnittlich bekommt?
Die gnadenlose Profit-Jagd BAYERs geht auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Gerade erst Mitte des Monats begannen in Australien die Verhandlungen über eine Sammelklage von 1.000 Frauen, die BAYERs Medizin-Produkt ESSURE für zahlreiche Gesundheitsschädigungen verantwortlich machen.
Eine ganze Masse ähnlich gelagerter Fälle zählt der Geschäftsbericht auf: ausgelöst vom notorischen Glyphosat, aber auch von weiteren Pestiziden wie Dicamba, Clothianidin und Imidacloprid und last not least: von PCB und Asbest. BAYER weigert sich aber nach wie vor kategorisch, in Bezug auf diese Stoffe von Gesundheitsrisiken und/oder Umweltrisiken zu sprechen. Der Konzern spricht da nur von rechtlichen Risiken. Noch in seiner Rede heute Morgen hat Werner Baumann jegliche Sicherheitsbedenken im Hinblick auf Glyphosat zurückgewiesen. Und das ist wirklich ein Teil des Problems: Wenn BAYER frühzeitig Warnungen vor Gesundheitsschädigungen seiner Produkte ernstgenommen und nicht immer erst dann reagiert hätte, wenn aus den gesundheitlichen Risiken rechtliche Risiken erwuchsen, wäre dem Konzern manches erspart geblieben. Darum sei es hier noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt:
PCB und Asbest sind gemeingefährlich, ESSURE ist gesundheitsschädlich, Clothianidin und Imidacloprid bedrohen die Artenvielfalt. Und Glyphosat hat von allem etwas: Es ist gesundheitschädlich, bedroht die Artenvielfalt und ist klimaschädlich.
Glyphosat hat einen wesentlichen Anteil an BAYERs hohen Treibhausgas-Emissionen, die sich 2022 auf über drei Millionen Tonnen beliefen. Der Herstellungsprozess ist nämlich enorm energie-intensiv. Darum meine Frage:
Plant BAYER an den Glyphosat-Standorten Soda Springs und Luling Investitionen in klima-freundlichere Technologien?
Und nicht nur in Sachen „Treibhausgas“ ist die Öko-Bilanz für 2022 besorgniserregend. Auch bei den anderen Umwelt-Parametern sieht es schlecht aus. So blies der Konzern mehr ozon-abbauende Substanzen und mehr flüchtige organische Stoffe in die Luft – vor allem von seiner Dreckschleuder im indischen Vapi aus – und setzte mehr Schwefeloxide und Staub frei. Und in die Gewässer leitete BAYER mehr Phosphor, Schwermetalle und Anorganische Salze ein.
Das ist die Kehrseite des wirtschaftlichen Erfolgs. Die Behauptung von Werner Baumann in seiner Rede heute Morgen, wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit seien für BAYER zwei Seiten einer Medaille, hält einer Realitätsprüfung nicht stand.
Im Pharma-Bereich geht das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg auf Kosten der PatientInnen-Sicherheit. ESSURE ist dabei bei Weitem nicht das einzige Beispiel. Zudem gefährdet dieses Streben die Versorgungssicherheit. Da der Konzern seine Arznei-Lieferketten aus ökonomischen Gründen über den halben Globus verteilt hat, fehlten den Apotheken lange Zeit zahlreiche BAYER-Medikamente wie CIPROBAY, bestimmte ASPIRIN-Formulierungen, NIMOTOP und IBEROGAST. Dabei verpflichtet das deutsche Arzneimittel-Gesetz jeden Pharma-Hersteller dazu – ich zitiere: für „eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung“ der Mittel zu sorgen.
Auch aus der medizinischen Grundversorgung zieht BAYER sich mehr und mehr zurück. Stattdessen will der Konzern sich auf Krankheiten konzentrieren, die kaum jemand hat, weil da mehr Geld lockt. So sagte Pharma-Chef Stefan Oelrich dem Handelsblatt: (ich zitierte)
„Tendenziell werden sich die Prioritäten in Richtung hochspezialisierter Therapien verschieben.“
In diesem Zusammenhang jetzt meine letzte Frage.
„Der ehemalige BAYER-Chef Marijn Dekkers sagte einst: ‚Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen.’ Jetzt hätte ich gerne gewusst: Gilt diese Maxime bei BAYER immer noch, oder denkt das Unternehmen als Deutschlands größter Pharma-Konzern daran, sein Angebot zu erweitern und so einen wirklichen Beitrag zur Gesundheitsversorgung zu leisten?“
Zum Abschluss möchte ich die Aktionäre bitten, Vorstand und Aufsichtsrat wegen der von mir angesprochenen Missstände nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!