Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2023
Hiermit zeigen wir an, dass wir zum Punkt 6 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die AktionärInnen veranlassen wollen, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen:
Gegenantrag zu TOP 6: Ermächtigung des Vorstands zur Einberufung
virtueller Hauptversammlungen
Der Vorstand der BAYER AG will sich mit keiner direkten Konzernkritik mehr konfrontieren. Darum beabsichtigt er, sich das Recht zu verschaffen, auch ohne pandemische Not virtuelle Hauptversammlungen einberufen zu dürfen. Diesen Versuch, die ohnehin schon beschränkte AktionärInnen-Demokratie weiter zu
demontieren, lehnen wir ab.
Das alljährliche große Kapitalisten-Klassentreffen im schweizerischen Davos fand in diesem Jahr erstmals seit 2020 wieder vor Ort statt. Auch kehrten zahlreiche Unternehmen wie Aurubis, BASF, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Henkel und VW zu
Hauptversammlungen in Präsenz zurück. Überhaupt gibt es Online-HVs außer in Deutschland mittlerweile nur noch in Italien. BAYER aber hält am virtuellen Format fest und möchte von den AktionärInnen die Zustimmung zu einemVorratsbeschluss erhalten, um die Web-Option auch in den nächsten zwei Jahren unabhängig von pandemischen Lagen wählen zu können.
Bereits vor dem Auftreten des Corona-Virus hatte BAYER mit Online-
Hauptversammlungen geliebäugelt. Die Pandemie bot dem Konzern nun die passende Gelegenheit für einen Testlauf, der seiner Ansicht nach positiv verlief. Darum unternahm er beträchtliche Lobby-Anstrengungen für ein Gesetz, das die Möglichkeit, vor der Konzern-Kritik ins Virtuelle zu flüchten, auf Dauer stellt.
Dieses Paragrafen-Werk „zur Einführung von virtuellen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften“ erlaubt es dem Vorstand nun, sich UmweltschützerInnen, Gentechnik-GegnerInnen, Klimaschutz-AktivistInnen vom Leib zu halten und den Geschädigten von BAYER-Produkten nicht mehr direkt ins Auge sehen zu müssen.
Auch ist es den KritikerInnen nun genommen, Flugblätter an die AktionärInnen zu verteilen und mit ihnen in einen Dialog zu treten. Und noch nicht einmal an allen der ohnehin schon spärlichen Alternativen, die der Gesetzgeber eröffnet, lässt der Agro-Riese seine Aktien-BesitzerInnen teilhaben. Fragen vorab einzureichen und die Antworten dann schon verschriftlicht vor der Hauptversammlung zu erhalten – das geht bei BAYER nicht. Wenn alles schwarz auf weiß vorliegen müsste, käme der Konzern nämlich nicht mehr drum herum, wirklich Auskunft zu geben und Klartext zu sprechen. Zu den sonst üblichen Ausflüchten könnte er nicht mehr greifen, ohne sich eine Blöße zu geben.
Die Hauptversammlung darf ihren Charakter als Ort wirklichen Austausches zwischen AktionärInnen und Management nicht in den endlosen Weiten des World Wide Web verlieren. Darum verweigert sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren dem Ansinnen, dem Vorstand die Berechtigung zur Einberufung von Online-Hauptversammlungen zu verschaffen.