Gegenantrag zur Hauptversammlung des BAYER-Konzerns am 28. April 2023
Hiermit zeige ich an, dass ich zum Punkt 3 der Tagesordnung den
Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und
die AktionärInnen stattdessen auffordern möchte, für den folgenden
Gegenantrag zu stimmen.
Gegenantrag zu TOP 3:
Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Der BAYER-Konzern beeinflusst durch Lobbyarbeit nicht nur die Politik der Bundesregierung und der Europäischen Union, sondern etwa auch die der brasilianischen Regierung. Denn Brasilien zählt neben den USA, China und Argentinien zu den weltweit größten Absatzmärkten für Pestizide. So vertreibt BAYER in dem Land 15 hochgiftige Pestizide, die in der Europäischen Union wegen ihrer Gefährlichkeit nicht (mehr) zugelassen sind.
Solch paradiesische Verwertungsbedingungen entstehen nicht von allein. BAYER hat dafür kräftig politische Landschaftspflege betrieben. Die Studie „Giftige Profite – Die Lobbyarbeit der EU- Pestizidhersteller in Brasilien“ von Prof. Larissa Mies Bombardi und Audrey Changoe legt dezidiert dar, welch massiven Einfluss auch BAYER auf die Politik dieses Staates genommen hat. Der Untersuchung zufolge bedient sich BAYER dabei der Unternehmensverbände SINDIVEG,
ABAG und „CropLife Brasil“, dem der ehemalige BAYER-Manager Christian Lohbauer vorsteht.
Überdies arbeiten Denkfabriken wie das „Instituto Pensar Agro“ und PR-Plattformen wie Agrosaber für ihn und andere Agro-Riesen. Das Wichtigste aber regelt BAYER persönlich. So trafen sich der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann und der Leiter der „Public and Governmental Affairs“, Matthias Berninger, im Jahr 2019 mit dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Und als Malu Nachreiner bei BAYER/Brasil den Vorsitz von Marc Reichardt übernahm, dauerte
es nicht lange, bis sie sich bei Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina vorstellte. Neben dem avisierten EU-Mercosur-Abkommen war das von der Bolsonaro-Regierung geplante neue Pestizid-Gesetz, das Glyphosat und weiteren Agrargiften den Weg in die Anwendung noch ein bisschen freier machen will, ein Herzstück der Lobby-Anstrengungen. Das von KritikerInnen als „Poison Package“ bezeichnete Maßnahmen-Bündel hebelt unter anderem das Vorsorge- Prinzip aus und sieht Verbote von Agro-Chemikalien nur noch bei „inakzeptablen Risiken“ vor. Zudem schwächt das Paragrafen-Werk die Stellung von Umwelt- und Gesundheitsbehörde in den Zulassungsverfahren zugunsten des Landwirtschaftsministeriums und beschleunigt den Genehmigungsprozess generell. Sogar die UN Sonderberichterstatter für die Auswirkungen giftiger Substanzen und Abfälle auf die Menschenrechte sowie weitere SonderberichterstatterInnen appellierten in einem Brief eindringlich an die Regierung Bolsonaro, das „Poison Package“
zurückzuziehen.
Der amtierende Aufsichtsrat hat bisher nicht erkennen lassen, der Lobbyarbeit und der Hinterzimmer-Politik des Unternehmens Einhalt gebieten zu wollen. Darum fordere ich die AktionärInnen auf, ihm die Entlastung zu verweigern.
Um Mitteilung des Gegenantrags sowie der Begründung bitte ich gemäß
§§ 125, 126 AktG.
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Schnura