Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2023
Hiermit zeige ich an, dass ich zum Punkt 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die AktionärInnen veranlassen möchte, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen:
Gegenantrag zu TOP 3:
Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Der BAYER-Konzern vermarktet in den Ländern des globalen Südens viele Pestizide, die innerhalb der EU wegen ihrer Risiken und Nebenwirkungen verboten sind. Diese doppelten Standards kritisiert die Coordination gegen BAYER-Gefahren(CBG) bereits seit Jahrzehnten. Genaueren Aufschluss über die Lage nicht nur in Brasilien, sondern auch in Südafrika gibt die Studie „Gefährliche
Pestizide von BAYER und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards“, die Inkota und Misereor im Jahr 2020 herausgegeben haben. Demnach vermarktet der Leverkusener Multi in Brasilien mit Carbofuran, Cyclanilid, Ethiprole,
Ethoxysulfuron, Fenamidon, Indaziflam, Ioxynil, Oxadiazon, Probineb, Thidiazuron, Thiodicarb und Thiram dreizehn Ackergifte ohne EU-Zulassung. In Südafrika ist der Konzern mit acht Stoffen dabei: Carbofuran, Oxadiazon, Probineb, Pyrosysulfone, Thiadiazuron, Thiodicarb und Triadimenol. Und
auf dem mexikanischen Markt finden sich zwei BAYER-Substanzen, welche die EU mit einem Bann belegt hat: (Beta-)Cyfluthrin und das im Rest der Welt von BASF vertriebene Glufosinat. Auch die von Brüssel erst nach Erscheinen der Untersuchung aus dem Verkehr gezogenen Mittel Spirodiclofen, Imidacloprid und
Clothianidin behielt der Konzern in Brasilien im Angebot. In Südafrika beschränkte er sich auf Imidacloprid und Clothianidin und in Mexiko auf Imidacloprid.
BAYER vermarktet diese besonders gefährlichen Mittel ausgerechnet dort, wo die Menschen deren gesundheitsschädlichen Effekten besonders stark ausgeliefert
sind. So gaben 66 Prozent der südafrikanischen LandarbeiterInnen Inkota und Misereor gegenüber an, von den Plantagen-BesitzerInnen keine Schutzkleidung ausgehändigt zu bekommen. Und in Mexiko verdingen sich bereits Kleinkinder auf
den Pflanzungen, um das Einkommen ihrer Eltern zu steigern. Überdies gibt es in den afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Staaten meist laschere Auflagen die Grenzwerte betreffend als in der Europäischen Union.
All das hat Folgen. Von den 385 Millionen Pestizid-Vergiftungen, die sich Jahr für Jahr ereignen, treten die weitaus meisten in den Ländern des globalen Südens auf. In Brasilien etwa stirbt jeden zweiten Tag ein Mensch an einer Überdosis Chemie. Besonders häufig trifft es dabei die prekär Beschäftigten auf den Feldern. „Saisonarbeiterinnen, die in der Ernte-Zeit für das Agro-Business arbeiten, werden wie Wegwerfprodukte behandelt. Unsere Körper werden durch den
Pestizid-Einsatz vergiftet“, sagt etwa Alicia Muñoz von der „Vereinigung von Kleinbäuerinnen, Saisonarbeiterinnen und indigenen Frauen in Chile“.
BAYER ficht das jedoch nicht an. Dreist bestreitet der Konzern die Existenz von doppelten Standards im Agrochemie-Bereich. Die bestehenden Unterschiede im alltäglichen Geschäft fallen für ihn unter die Rubrik „andere Länder, andere Sitten“. „Allein die Tatsache, dass ein Pflanzenschutzmittel nicht in
der EU zugelassen ist, sagt nichts über seine Sicherheit aus“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann auf der letzten Hauptversammlung: „Auch viele andere Zulassungsbehörden aus der ganzen Welt verfügen über eine sehr
robuste und hochentwickelte Regulierungssystematik zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Ihre Bewertungen spiegeln die jeweiligen spezifischen agronomischen Bedingungen der jeweiligen Länder wider und stellen mitnichten einen sogenannten Doppelstandard dar.“
Der amtierende Aufsichtsrat duldet die aus diesen Worten sprechende Verantwortungslosigkeit und hat bisher nicht erkennen lassen, sich der Vertriebspraxis der doppelten Standards konsequent entgegenstellen zu wollen. Darum fordere ich die AktionärInnen auf, dem Gremium die Entlastung zu
verweigern.
Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie dessen Begründung
bitte ich gemäß §§ 125, 126 AktG.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Köhler-Schnura