Gegenantrag zur Hauptversammlung des BAYER-Konzerns am 28. April 2023
Hiermit zeige ich an, dass ich in meiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren zum Punkt 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die AktionärInnen veranlassen will, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen:
Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Der BAYER-Konzern macht all seinen politischen Einfluss geltend, um das Handelsabkommen der Europäischen Union mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay zu einem Abschluss zu bringen, weil er sich von dem Vertragswerk steigende Renditen verspricht. Die negativen Auswirkungen des Kontrakts auf Mensch, Tier und Umwelt ignoriert er dabei geflissentlich. Der
Vorstand trägt für dieses Vorgehen die Verantwortung. Deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern. „Seit dem späten 15. Jahrhundert haben Europäer in der Region Rohstoffe abgebaut und natürliche Ressourcen und landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Monokulturen nach Europa exportiert. Dieses Muster ist in den heutigen europäischen Handelsbeziehungen mit den Mercosur-Staaten nach wie vor deutlich erkennbar“, heißt es in der Studie „Giftige Profite” von Dr. Larissa Bombardi und Audrey Changoe. Nach Ansicht der beiden Autorinnen wird der Mercosur-Deal „diese neokoloniale Beziehung zementieren”.
Und in der Tat sieht das Abkommen Handelserleichterungen für europäische Fertigwaren im Austausch vor allem gegen lateinamerikanische Agrar-Grundstoffe vor. BAYER zählt zu den Hauptnutznießern des Wegfalls der Zölle auf Pestizide und Pharmazeutika, die sich bisher auf bis zu 14 Prozent beliefen. Von dem den Mercosur-Staaten im Gegenzug gewährten besseren Zugang zu den EU-Märkten für z. B. Mais und Soja profitiert er ebenfalls, denn das führt zu einer Schaffung von mehr Acker-Flächen und einer entsprechend höheren Nachfrage nach Glyphosat & Co. sowie Saatgut. Unweigerlich steigt damit auch die Zahl der Pestizid-Vergiftungen, an denen in Brasilien jetzt schon jeden zweiten Tag ein Mensch
stirbt. Und unweigerlich fällt der Ausweitung der Anbau-Zonen Regenwald zum Opfer. Ebenso unweigerlich schließlich sehen sich die dort lebenden indigenen Gemeinschaften infolgedessen mit mehr Vertreibungen konfrontiert.
„[V]iele Menschen sterben wegen einer von Gier befeuerten ungezügelten Entwicklung“, klagt Katia Penha von der Quilombola-Community diese Zustände an, die sich durch das Vertragswerk noch zu verschlimmern drohen. Auch der länder-übergreifende lateinamerikanische Gewerkschaftsdachverband CCSCS warnt eindringlich vor der Handelsvereinbarung. „Wir machen unsere Völker auf die katastrophalen Auswirkungen aufmerksam, die dieses Abkommen auf das Produktionssystem der Region im Allgemeinen und auf bestimmte strategische Produktionszweige im Besonderen haben wird“, heißt es in dem Kommuniqué.
Aber BAYER ficht diese Kritik nicht an. Der Konzern setzt – diesseits und jenseits des Atlantiks – alle Hebel in Bewegung, um Mercosur zu einem Abschluss zu bringen. Als Olaf Scholz Ende Januar nicht zuletzt wegen des umstrittenen Vertrags nach Lateinamerika reiste, gehörten darum ManagerInnen des Unternehmen
mit zu seiner Wirtschaftsdelegation. Auf EU-Ebene antichambriert der Global Player ebenfalls intensiv zu dem Thema. So verpflichtete er beispielsweise den Brüsseler Thinktank Ecipe, um das Bild der lateinamerikanischen Agro-Industrie in den Augen der EU-PolitikerInnen positiver zu gestalten. Die Herausforderung
besteht vor allem darin, dem Cashcrops-Ödland mit seinen Monokulturen einen grünen Anstrich zu verleihen. Vor Ort legt die Agentur den Soja- und Mais-BaronInnen daher ans Herz, sich kleinzumachen: „Die Europäer legen Wert auf Produkte aus kleinen, regionalen Erzeugerbetrieben.” Den Rest der Lobbyarbeit erledigen dann Industrie-Verbände wie Croplife Brasil oder SINDIVEG und auf
der anderen Seite des Atlantiks Business Europe, Croplife Europe,
Copa-Cogeca, CEFIC, VCI und BDI. Der Aufsichtsrat trägt diese Strategie mit. So frohlockte der Vorsitzende Norbert Winkeljohann jüngst in der FAZ: “Die Chancen,
das Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur endlich in Kraft zu setzen, stehen so gut wie lange nicht”. Wegen dieser Geschäftspolitik ist dem Gremium die Entlastung zu verweigern.
Um Mitteilung des Gegenantrags sowie der Begründung bitte ich
gemäß §§ 125, 126 AktG.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Pehrke