Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

BAYER muss sich zu historischer Schuld bekennen!

Marius Stelzmann

Jahrestag der Auschwitz-Befreiung

Am heutigen Montag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum 80. Mal. Über eine Millionen Menschen brachten die Nazis dort um. Der BAYER-Konzern wirkte als wesentlicher Teil der I.G. FARBEN an der Tötungsmaschinerie mit. Die I.G. unterhielt auf dem Gelände ein eigenes KZ, beschäftigte SklavenarbeiterInnen und führte Menschenversuche durch. Zum industriellen Massenmord des Holocaust lieferte das Unternehmen den Rohstoff: Zyklon B.

Der Einsatz von SlavenarbeiterInnen ist auf Carl Duisberg zurückzuführen, den ehemaligen Generaldirekter des BAYER-Konzerns und den Gründer der I.G. FARBEN. Er entwickelte bereits im Ersten Weltkrieg die Idee, Kriegsgefangene als Arbeitssklaven einzusetzen und „testete“ dies mit Zehntausenden von gefangenen Soldaten im BAYER-Werk Leverkusen. Diese Idee wurde vom Hitler-Regime und der gesamten deutschen Industrie Im Zweiten Weltkrieg flächendeckend umgesetzt. Die I.G. FARBEN ging sogar den unfassbaren Schritt, unmittelbar in dem Nazi-Vernichtungslager Auschwitz ein eigenes Werk, die I.G. Monowitz/Buna-Werke, zu errichten.

Der 2016 verstorbene Elie Wiesel hat in seinem Buch „Die Nacht“ all die Schrecken festgehalten, die ihm in den Fängen von SS und I.G. FARBEN widerfuhren. Als 14-Jähriger wurde er gemeinsam mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert. Der Junge und sein Vater kamen ins KZ Auschwitz III Monowitz, um beim Bau der neuen Produktionsstätte der I.G. FARBEN Sklavendienste zu verrichten, während die Mutter und seine drei Schwestern ins Vernichtungslager Birkenau mussten. Vier Reichsmark pro Tag für Fachkräfte zahlte die I.G. FARBEN an die SS, drei Reichsmark für Hilfskräfte.

Da der tägliche Fußmarsch vom Stammlager Auschwitz I zum Gelände der Buna-Werke der I.G. FARBEN die Gefangenen so entkräftete, dass die Arbeitsleistung darunter litt, errichtete die I.G. 1942 direkt neben der Baustelle der Produktionsanlagen der Buna-Werke das konzern-eigene KZ Monowitz/Buna. „… Buna (war) die wahre Hölle. Es gab kein Wasser, keine Decken (…) Nachts schlief man fast nackt, und das bei 30 Grad unter Null. Jeden Tag sammelte man die Leichen zu Hunderten ein“, erinnerte sich Wiesel. Insgesamt 30.000 Menschen wurden dort „durch Arbeit vernichtet“.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nicht nur die Aufarbeitung der Verbrechen von BAYER/ I.G. FARBEN an den konzerneigenen SklavenarbeiterInnen, sondern auch eine gerechte Entschädigung der Opfer oder ihrer Hinterbliebenen sowie eine öffentliche Entschuldigung. Jahr für Jahr sprachen die Kritischen AktionärInnen der CBG dies auf den Aktionärshauptversammlungen des Konzerns an, Jahr für Jahr verweigerten sich die BAYER-Vorstände. Im Gegenteil, sie gingen immer wieder rüde mit überlebenden ehemaligen BAYER-/ I.G. FARBEN-SklavInnen um, die auf Aktien der CBG an den Mikrofonen der Hauptversammlung sprechen konnten.

Erst 1995 entschuldigte sich Helge Wehmeier in einer Rede bei Elie Wiesel. Der Konzern weigerte sich jedoch, die Rede von Wehmeier an die Öffentlichkeit zu geben. Erst auf öffentlichen Druck hin wurde sie JournalistInnen zugänglich gemacht. Aber nicht nur das, schlimmer noch: Seine Entschädigungspflichten hat der Konzern in übelster Art und Weise im Jahr 2000 in einem Nacht-und-Nebel-Komplott mit dem DAIMLER-Konzern und anderen Unternehmen sowie mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ übertragen.

Am 19. April 2023 kündigte der BAYER-Konzern zwar eine Wende im Umgang mit seiner Nazi-Vergangenheit an. Er rief die „Hans und Berthold Finkelstein Stiftung“ ins Leben und betraute sie mit der Aufgabe, sich der Konzern-Vergangenheit zu widmen. Auch hat er an seinem Stammsitz ein Mahnmal für ZwangsarbeiterInnen errichtet. „Dieser Ort erinnert an die rund 16.000 Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs an den Niederrhein-Standorten der I.G. FARBEN-INDUSTRIE Zwangsarbeit leisten mussten“, informiert eine Tafel. Allerdings gab es bei I.G. noch viel mehr Standorte – mindestens 23 nämlich – an denen Häftlinge aus KZs und Gefängnissen schuften mussten. Dementsprechend erhöht sich die Zahl der ArbeitssklavInnen auf insgesamt 55.445.

Und: Eine angemessene Entschädigung für diese oder ihre Hinterbliebenen steht noch immer aus. Bis diese erfolgt ist, muss der Leverkusener Multi sich die Frage gefallen lassen, ob ihm an einer wirklichen Aufarbeitung gelegen ist oder ob er lediglich PR-Maßnahmen zur Image-Pflege betreibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert