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[Ausgliederung] Ausgliederung BIS

CBG Redaktion

03.11.06, Leverkusener Anzeiger

„Moralisch ist das ein Armutszeugnis“

Keinerlei Verständnis für die Zerschlagungspläne bei Bayer Industry Services (BIS) hat der Leverkusener SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach.

„Politisch doppelzüngig, entlarvend und moralisch ein Armutszeugnis.“ Das ist das Urteil des in Leverkusen direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach. In einem Telefoninterview mit dem „Leverkusener Anzeiger“ berichtete der Sozialdemokrat gestern, er sei am Dienstag gleich zu zwei Gesprächen in den Bayer-Konzern gebeten worden. Vormittags hätten ihn die Manager der Pharma-Sparte gebeten, in der aktuellen Gesetzgebung zur Gesundheitsreform Politik zugunsten von Bayer und für den Standort Leverkusen zu machen, abends habe ihm der BIS-Arbeitsdirektor Heinz Bahnmüller zu erklären versucht, dass der Standort Leverkusen geschwächt werden müsse, weil anders die Marktsituation für BIS nicht zu verbessern sei.

Von einer Marktsituation, so Lauterbach, könne bei BIS kaum die Rede sein. 75 Prozent der Aufträge kämen schließlich von den Müttern, der Bayer AG und Lanxess. Beide machten Rekordgewinne und seien dennoch nicht bereit, BIS auskömmliche Preise zu zahlen. „Bayer und Lanxess“, davon ist Lauterbach überzeugt, „stecken hinter den Zerschlagungsplänen, nicht etwa BIS selbst.“ „Bayer hat im Jahr 2005 sein Ergebnis um 56 Prozent, Lanxess das operative Geschäft ohne Sondereinflüsse sogar um 110 Prozent gesteigert.“ BIS könne nicht so gute Zahlen aufweisen. Das aber liege am Verhalten der beiden „Monopolauftraggeber“, die ihre Rekordergebnisse zum Teil auch zulasten von BIS erreicht hätten. Bayer-Chef Werner Wenning und der Lanxess-Vorstandsvorsitzende Axel C. Heitmann seien nicht bereit, die BIS-Mitarbeiter an den Rekordgewinnen teilhaben zu lassen. „Das soll allein an die Aktionäre gehen.“ Viele BIS-Mitarbeiter dagegen müssten künftig mit reduzierten Einkünften leben. „Und das sind die, die noch Glück haben.“ Er sei sicher, dass es in zwei, drei Jahren in den ausgelagerten Bereichen von BIS zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde, weil Bayer nicht bereit sei, Auftragsgarantien zu geben.

„Der kurzfristige Gewinn ist das Ziel, das ist die ganze Geschichte“, empörte sich Lauterbach. Wenn es dem Unternehmen gut gehe, wolle man nicht mit den Mitarbeitern teilen, sei der Konzern aber in der Krise, werde an die Solidarität der Belegschaft appelliert, kritisierte der Abgeordnete unter Anspielung auf die Lipobay-Krise.

Ihn jedenfalls habe das Gespräch mit BIS-Arbeitsdirektor Heinz Bahnmüller in keiner Weise überzeugt, erklärte der SPD-Politiker. Als „nicht dumm“ hingegen bezeichnete Lauterbach einige Gedanken von Bayer Health Care zur Gesundheitsreform. Allerdings hätten die Bayer-Argumente angesichts des Verhaltens des Konzerns in Sachen BIS „bei mir deutlich an Gewicht verloren“.
Die Bundesregierung müsse noch einmal über die Unternehmenssteuern nachdenken. Die bisherigen Entlastungen hätten die in Aussicht gestellten Arbeitsmarkt-Effekte nicht gehabt. Während der Bürger höhere Steuern und Beiträge zu tragen habe, wolle man die Unternehmen netto um weitere fünf Milliarden Euro entlasten. „Ich halte das für falsch“, erklärte Lauterbach und plädierte dafür, stattdessen in Bildung zu investieren. „Ich bin überzeigt, dass das für die Gesellschaft eine höhere Rendite bringt.“ VON RAINER SCHMIDT,

Rheinische Post, 26.10.2006

Bayer Industry Services: Eklat bei Abteilungsversammlung

Die Zukunft der einzelnen Abteilungen bei Bayer Industry Services ist ein sensibles Thema. Das sollte die Arbeitgeberseite spätestens nach der Demo und der großen gemeinsamen Betriebsversammlung am Dienstag erkannt haben.

Doch bei nicht allen Vorgesetzten scheint angekommen zu sein, wie viel an Emotionen sich in den letzten Wochen bei der Belegschaft angesammelt hat.
So kam es in der Abteilungsversammlung der vor dem Verkauf stehenden Technischen Betriebe gestern zum Eklat. Bis auf ein paar Dutzend hätten die rund 700 Teilnehmer demonstrativ die Veranstaltung am gestrigen Vormittag verlassen, bestätigte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Jörg Feldmann Informationen unserer Zeitung. Grund des Protestes: eigentlich sollen die Betroffenen in den Abteilungsversammlungen Fragen stellen, die ins Detail gehen.
Doch der Vorgesetzte soll nach RP-Informationen lediglich die Ausführungen der Geschäftsführung von Dienstag wiederholt haben.
Derweil bestätigte ein Unternehmenssprecher, dass die Geschäftszahlen von BIS in diesem Jahr wegen des Konjunkturanstiegs besser sind als erwartet. So liegt der Umsatz rund zehn Prozent über Plan.
Trotzdem werde BIS am Jahresende mit einem Fehlbetrag von 17 Millionen Euro da stehen, rechnete der Unternehmenssprecher vor: den 18 Millionen Plus stünden Verpflichtungen von 35 Millionen (vor allem für Pensionsaufwändungen) gegenüber.

Stimmen aus dem Werk

Hallo Kollegen
Für mich ist eine Entscheidung gefallen. Ich habe gestern eine Verkaufsorder auf den 24.10.2006 für allen meine Bayeraktien gesetzt. Denn ich brauche keine Aktien von einem Unternehmen das sich nicht (mit mir) mit seinen Mitarbeitern identifizieren kann !
Ist eine persönliche Einstellung und ich hätte ein schlechtes Gewissen wenn ich Dividenden im nachsten April bekomme und dafür mußten so viele Kollegen gehen und Angst um ihre Existenz haben, nur damit der Akienkurs stimmt !!!

Ich denke, dass nun die Ernte eingefahren wird, die schon vor Jahren gesät wurde. Und mit immer derselben Salami-Taktik werden die Kolleginnen und Kollegen auseinander dividiert. So geht es Jahr für Jahr und niemand schreitet von den Funktionären der IGBCE voran. Ich bin der Meinung es reicht, kommt endlich mal hoch mit eurem hochbezahlten Arsch und setzt alle eure Mittel ein, um den betroffenen Kollegen von BIS zu helfen. Jeder der heute meint, es wäre nur ein BIS Problem den kann schon morgen das gleiche Schiksal ereilen. Lasst uns alle gemeinsam gegen diese fadenscheinige Firmenpolitik vorgehen. Unser Unternehmen ist kerngesund und fährt traumhafte Gewinne ein, hieran partizipieren aber nur noch die Kopfgesteuerten. Schluss damit lasst uns am besten zu Millionen nach Berlin maschieren und allen voran die Gewerkschaftsführer.
Ich hoffe für alle Betroffenen auf eine vernünftige Lösung.

Alle die mal „Unser Werk“ waren oder auch noch sind,sollten Ihre Meinung zu einem Streik kundtun.
Auch ich habe mich in über 30 Jahren von Bayer nach Lanxess hochgearbeitet??!!??
Ich persöhnlich habe die Schnauze voll und rufe unsere Gewerkschaft auf , Ihre Zurückhaltung aufzugeben.
Wir werden immer weiter zerschlagen und kleiner gemacht und irgendwann geht garnichts mehr. Wenn nicht jetzt wann dann? Vielleicht ist es unsere letzte Chance.

Es gibt nicht wenige, die endlich wissen wollen, wie es weitergeht. Die ewigen Gerüchte zehren doch an allen, aber die Geschäftsführung macht dicht. Ich habe noch die Parole im Ohr, dass zeitnah informiert wird und die BIS Grundsätze eingehalten werden.
Ein Scheiß wird gemacht, wir stehen nachher wie HR vor den Ergebnissen, und jeder muß schauen was für ihn dabei herumkommt und wie er damit umgeht. Inzwischen bin ich soweit, dass ich mir schon Bundesweit Stellenangebote anschaue, zwar ist mein Job hier relativ sicher, aber ich hab keinen Bock mich unter Wert zu verkaufen.

25.10.2006, Rheinische Post

Leverkusen: IG BCE sieht Dämme brechen

VON ANDREA RÖHRIG

Laut hergegangen muss es sein auf der gestrigen Betriebsversammlung im Leverkusener Werk zu den Plänen der Geschäftsleitung von Bayer Industry Services. 4000 Teilnehmer – allesamt Betroffene des am Montag vorgestellten Strategieprojektes – waren es nach Schätzungen der Gewerkschaft IG BCE. Und viele machten ihrem Unmut gegenüber ihren Chefs Luft.

Von 10 bis ca. 13 Uhr hatte BIS-Geschäftsführer Dr. Klaus Schäfer Rede und Antwort gestanden. Auch dort soll der 43-Jährige noch einmal bekräftigt haben, dass das Programm schnell umgesetzt wird. Bereits Ende des Jahres sollen die Entscheidungen gefällt sein.

Doch der erste Gesprächstermin mit der Arbeitnehmervertretung am morgigen Donnerstag wurde bereits gecancelt, sagte BIS-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Jörg Feldmann: „Wir haben als Betriebsrat jetzt erstmal ausführlichen Gesprächsbedarf mit unserer Gewerkschaft.“ Das Thema BIS interessiere die IG BCE bis in die Führungsebene, weil man befürchte, dass in Leverkusen erste Dämme brechen könnten, so Feldmann. Immerhin hatte man sich vor einiger Zeit mit der Unternehmensseite über eine Öffnung des Tarifs für die Logistik-Tochter Chemion mit ihren rund 1200 Beschäftigten verständigt. Nach seiner Information habe die Geschäftsführung beim Thema Chemion gestern etwas zurück gerudert. Hatte Schäfer am Montag noch keine Aussage zu einem möglichen Verkauf getätigt, habe es gestern geheißen, eine Veräußerung sowie die Suche nach einem strategischen Partner sei erst mal vom Tisch. Immerhin arbeite Chemion bereits schon eng mit „Rhenus“ zusammen, so Feldmann.

Tausende demonstrieren vor Bayer-Werk
Aber auch für so manchen Mitarbeiter, der zurück zu Bayer soll, könnte es knüppeldick kommen. Feldmann verwies auf rund 30 BIS-Beschäftigte, die das Erholungshaus managen. Für die sei ein Übergang in die Bayer Gastronomie im Gespräch, die ihre Mitarbeiter nicht nach dem Chemietarif bezahlten. Doppelt betroffen vom Sparpaket sei der Bereich der Flächen- und Gebäudeverwaltung. Diese rund 50 Beschäftigten, die unter anderem Hausmeisterdienste versähen, hätten gerade ein eigenes Sparpaket abgearbeitet. BIS bestätigte gestern einen RP-Bericht, 2008 werde man sich aus der eigenen Berufsschule zurück ziehen. Die Städte müssen Lösungen für 1000 Azubis suchen.

Am Montag trieb auch Mitarbeiter des IT-Dienstleisters Bayer Business Services die Sorge um, dass es im Hinblick auf die Fusion von Bayer und Schering bald ihnen an den Kragen geht. „Bayer Business Services befindet sich nicht in einer Situation, die vergleichbar ist mit der der Bayer Industry Services. Auslagerungen und Veräußerungen von Geschäftsfeldern oder Kündigungen stehen bei uns nicht zur Debatte“, sagte BBS-Sprecher Dietmar Bochert auf Anfrage: Zudem sei die Struktur nicht vergleichbar. BBS hat weltweit 4400 Mitarbeiter, 2000 arbeiten in Leverkusen. Hinzu kommen 500 bei vier BBS-Töchtern.