US-Kongress untersucht BAYERs Arznei-Preise
Die exorbitant hohen Preise für Medikamente zur Behandlung der Multiplen Sklerose haben den US-Kongress zu einer Untersuchung veranlasst. Das Abgeordnetenhaus forderte BAYER und sechs weitere Pillen-Riesen in einem Brief zur Herausgabe von Unterlagen zu den Arzneien auf. Vor allem Dokumente zu den Profiten, Preis-Strategien, PatientInnen-Programmen und Vertriebssystemen wollen die PolitikerInnen prüfen. „Wir glauben, dass kein Amerikaner gezwungen sein sollte, darum zu kämpfen, sich lebensrettende Medikamente leisten zu können, insbesondere dann nicht, wenn Pharma-Konzerne ihre Preise ohne Vorwarnung, Grund oder Rechtfertigung anheben“, so die Kongress-Mitglieder Elijah Cummings und Peter Welch, die den Anstoß für die „in-depth investigation“ gaben.
Die beiden Abgeordneten der Demokraten stützen sich dabei auf eine Studie von Daniel M. Hartung und seinem Team. Die WissenschaftlerInnen haben sich die Preis-Entwicklungen der gängigsten MS-Präparate über den Zeitraum von 1993 bis 2013 hinweg angeschaut und einen massiven Anstieg festgestellt. Die Kosten für eine Jahres-Therapie mit dem BAYER-Pharmazeutikum BETASERON etwa wuchsen von 11.500 auf über 60.000 Dollar – und mittlerweile liegen diese nach Angaben der „National MS Society“ sogar schon bei 91.000 Dollar! Während sich die anderen Medikamenten in den USA per anno durchschnittlich um drei bis fünf Prozent verteuerten, legten BETASERON & Co. jeweils um 21 bis 36 Prozent zu.
Die größten Anhebungen nahmen die Unternehmen stets dann vor, wenn teure neue Produkte auf den Markt kamen. „Nach der klassischen ökonomischen Theorie sollte der Wettbewerb eigentlich die Kosten für den Verbraucher senken oder zumindest stabilisieren“, wundern sich die AutorInnen. Eine plausible Ursache für die immensen Steigerungsraten konnten sie nicht finden. „Die einfachste Erklärung ist, dass die Pharma-Produzenten die Preise für alte und neue MS-Präparate erhöhen, um mehr Profite zu machen“, resümieren sie. Da diese Unternehmensspolitik „eine Kaskade negativer Effekte für die MS-PatientInnen“ produziert, werfen Hartung und seine KollegInnen auch die Frage nach der „Ethik unseres gegenwärtigen, dem freien Markt unterworfenen Arzneipreis-Systems“ auf und fordern gesundheitspolitische Maßnahmen.
Von Seiten der PatientInnen-Verbände sehen sich BAYER & Co. ob ihrer Geschäftspraxis schon länger einer starken Kritik ausgesetzt. So hat die „National MS Society“ bereits im September 2016 eine Kampagne für billigere MS-Medikamente gestartet. „Der kontinuierliche Preis-Anstieg für Arzneien zur Linderung der Multiplen Sklerose errichtet für die Patienten Barrieren, die für sie lebenswichtige Medikationen auch zu erhalten“, erklärte der Verband. Der Leverkusener Multi, der in den Vereinigten Staaten 2016 mit BETASERON einen Umsatz von 386 Millionen Euro machte, ignoriert das aber geflissentlich. „BAYERs Engagement für die MS-Kranken begann bereits vor 25 Jahren, und wir fühlen uns weiterhin verpflichtet, den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden“, heißt es in der Stellungnahme des Konzerns zur Maßnahme des Kongresses scheinheilig.
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt das anlaufende Prüf-Verfahren. „Endlich gibt es für BAYER Ärger im bisherigen Preis-Paradies USA. Die früheren Untersuchungen zu Arzneien haben schon so manches Mal zu Kosten-Senkungen geführt. Dazu muss es auch im vorliegenden Fall kommen. Das genügt jedoch nicht. Der ganze komplett unregulierte US-amerikanische Pharma-Markt gehört auf den Prüfstand. Er darf den Pillen-Riesen nicht länger dazu dienen, Extra-Profite auf Kosten der PatientInnen und des Gesundheitssystems zu generieren“, hält Jens Wegener von der CBG-Geschäftsstelle fest.