24. August 2000
Trotz Verpflichtung im neuen Stiftungsvertrag:
Bayer AG verweigert Zugang zu Konzern-Archiv
Die Leverkusener Bayer AG verweigert Kritikern des Unternehmens den Zugang zum Werksarchiv, in dem sich umfangreiches Material aus der Zeit des Dritten Reiches befindet. Mitarbeiter der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. (CBG) wollen dort Unterlagen einsehen, die die „Arisierung“ eines jüdischen Friedhofs in Krefeld betreffen. Außerdem sollen Briefwechsel zwischen dem Leverkusener Bayer-Werk und dem KZ Auschwitz, in dem im Auftrag der IG Farben Menschenversuche durchgeführt wurden, eingesehen werden. Erst im vergangenen Jahr hatte die Bayer AG das Archiv der skandalträchtigen IG Farben AG in Liquidation übernommen.
Im Gegensatz zu anderen Firmen beauftragte Bayer bislang keine unabhängigen Historiker mit der Niederschrift einer Konzerngeschichte. Nun antwortete das Unternehmen: „…ergibt sich keine Verpflichtung, Ihrem Antrag nachzukommen. Wir möchten Sie bitten, von weiterer Korrespondenz in dieser Angelegenheit abzusehen.“
In den Vertrag der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die die Entschädigung ehemaliger Sklavenarbeiter regelt, wurde auf Drängen amerikanischer Anwälte die Öffnung der Werksarchive festgeschrieben. In der Vergangenheit war Journalisten und Unternehmenskritikern der Zutritt meist verweigert worden.
Die CBG begleitet das Unternehmen Bayer seit über zwanzig Jahren und ist Herausgeber des Buches „IG Farben – Von Anilin bis Zwangsarbeit“. Im Juni organisierte der Verein eine Demonstration in Uerdingen, um an den zerstörten jüdischen Friedhof zu erinnern. Auf dem Gelände des Friedhofs befindet sich heute der Eingang zum Bayer-Werk Uerdingen, ein Hinweisschild oder ein Denkmal sucht man vergeblich.