Markus Arbenz (IFOAM) MONSANTO-Übernahme und Nachhaltigkeit
Werte Geschäftsleitung, liebe Mitaktionäre
Ich rede im Namen von IFOAM Organics International und der weltweiten Bewegung für den biologischen Landbau.
Bayer geht es wirtschaftlich sehr gut. Es ist weder übertrieben noch vermessen zur sagen: „Bayer ist reich und Bayer hat Macht!“ Reichtum und Macht verpflichten und geben Verantwortung.
Bezugnehmend auf Ihre Dividendenerhöhung und im Anbetracht der enormen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen dieser Welt, plädiere ich für einen Verzicht auf sämtliche Erhöhungen von Auszahlungen an Aktionäre und Geschäftsleitung. Stattdessen plädiere ich für eine Investition in die Zukunft des Planeten und kommender Generationen: Genauer gesagt in die Ziele, die Sie in Ihrem Nachhaltigkeitsbericht erwähnen. Ich plädiere insbesondere für 3 Punkte:
1. Monsanto-Übernahme: Sie planen, das Unternehmen Monsanto zu übernehmen, obwohl dieses eines der meistgehassten Unternehmen ist. Sie wissen sehr wohl um die Reputation von Monsanto, die nach Nielsen zu den 3 Firmen auf dieser Welt gehört, die den schlechtesten Ruf besitzen. Ein Ruf, der nicht von einem einzelnen Skandal, sondern von jahrelanger skrupelloser und einseitig auf Profit orientierter Geschäftstätigkeit kommt und der die Kunden diffamiert und diese erpresserisch vor Gericht zieht. Es gibt unendlich viele Berichte, Dokumentarfilme, Negativpreise und ja sogar zivile Tribunale, die über die schreckliche Auswirkungen des Handelns von Monsanto auf Mensch und Umwelt berichten. Die sozialen Medien sind voll von Protesten gegen Monsanto, und jedes Jahr gehen viele besorgte Bürger in vielen Ländern dagegen auf die Straße. Das gibt es sonst bei keiner Firma auf der Welt. Was Monsanto tut, ist im vollständigen Widerspruch zu den Ansprüchen von Bayers Nachhaltigkeitspolitik. Ausgerechnet in diese Firma wollen Sie investieren, Bayer in der Weltöffentlichkeit bloßstellen und damit den eigenen Ruf riskieren. Es ist ein Illusion zu glauben, Bayer könnte Monsanto reformieren und damit das Problem Monsanto lösen, wenn noch weniger Wettbewerb und eine beinahe monopolistische Struktur besteht.
2. Nachhaltigkeitsstrategie und SDG: Sie benennen auf der Website die Nachhaltigkeit als das Kernelement der Strategie für Ernährungssicherung und Gesundheitsvorsorge. Und Sie bekennen sich zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (UNO), den SDG. Gesellschaft und Umwelt sind prominent erwähnt, ebenso die Kernthemen wie Klimaschutz, Biodiversität, Wasser, Bodenschutz oder Bestäuber wie die Bienen. Ich meine, die Probleme und die Ziele sind richtig erkannt und ich möchte dazu gratulieren. Ich vermisse aber eine reale Geschäftspolitik, die genau diese Ziele, anstatt alleine die wirtschaftliche Dimension der eigenen Nachhaltigkeit, in das Zentrum ihrer Entscheidungen und Aktivitäten stellt. Bayer ist zu groß, zu wichtig und hat zu viele Auswirkungen auf die globale Gesellschaft und Umwelt, um nur an den eigenen wirtschaftlichen Erfolg denken zu können. Die schönen Modelle auf der Website sind gut und brauchen keine Anpassung. Eine Anpassung braucht die Einstellung der Mitarbeiter und die Verinnerlichung des Prinzips der Nachhaltigkeit im täglichen Geschäft. Ein Beispiel dazu:
Bayer fördert Pflanzensorten – gentechnisch verändert oder nicht – die die genetische Vielfalt auf den Äckern einschränken, großflächige Monokulturen fördern und die starken Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und synthetischen Düngern brauchen. Ihr Lobbying trägt dazu bei, dass Gesetze erlassen werden, die die Bauern zwingen, Vielfalt aufzugeben, Gewässer zu belasten und Lebensräume zu vernichten. Es ist wissenschaftliche erwiesen, dass die Biodiversität dramatisch zurückgeht und viele Lebensformen für immer verschwinden. Bayer trägt hier Mitverantwortung.
Die Geschäftspolitik braucht neue Ziele und Strategien. Bienen auf der Website machen diese nicht lebendig. Es braucht eine Geschäftsleitung, die stolz auf mehr Bienen und nicht einfach nur auf ihre wirtschaftlichen Kennzahlen ist. Die UNO bietet mit den SDG eine Steilvorlage.
3. Vision ökologische Landwirtschaft: Bayer braucht eine Vision für einen wirklich nachhaltigen Planeten für alle: auch für die Ärmsten auf der Welt. Die Welt produziert genug Lebensmittel für 10 Milliarden Menschen, und trotzdem sind 800 Millionen hungrig, weil sie nicht genügend Einkommen haben und insbesondere in der Landwirtschaft von den Produktionsprozessen ausgeschlossen werden. Wiederum: die Bayer-Geschäftspolitik hat da eine Mitverantwortung. Es geht nicht darum, morgen alles mit Bio-Landwirtschaft zu produzieren. Noch brauchen wir nicht nachhaltige Pestizide und Düngemittel, aber Bayer muss eine bessere Vision haben und langfristig neue, ökologische Modelle suchen und ihre Kraft in eine echt nachhaltige Welt investieren. Dazu braucht es politischen Willen und eine clevere Strategie.
Ich empfehle, die Akteure der Biolandwirtschaft einzuladen und einen offenen strategischen Dialog zu suchen, anstatt diese mit politischen Mitteln zu bekämpfen und an alten Modellen festzuhalten. Tun sie es der UNO, den Vereinten Nationen, nach. Diese hat das z. B. beim Menschenrecht auf Nahrung oder bei der Welternährungsorganisation FAO, die für Agroökologie plädiert, schon erkannt.
Zusammengefasst: Bayer/Monsanto arbeiten Richtung Monopolstellung. 20 Jahre Gentechnologie und Patentierung von wenigen Hochleistungssorten zeigt, dass wenige Arten und Sorten an Hilfsmittel wie Roundup gebunden werden. Biologische Vielfalt verschwindet, das Klima verändert sich und immer noch gehen 800 Millionen hungrig ins Bett. Die UNO ruft zum Paradigmen-Wechsel in der Landwirtschaft auf. Bayer hat die Kraft, diesen Wechsel einzuleiten. Wir müssen an einen lebenswerten Planeten für unsere Kinder statt einseitig an die Maximierung der Dividenden und der Managergehälter denken.