Der Arbeitskampf der BAYER-Belegschaft
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) arbeitet seit 1978. Als wir damals starteten, mussten die gewerkschaftlichen Vertrauensleute für die BAYER-Werke noch auf der Straße gewählt werden, auf dem Werksgelände waren die Wahlen verboten. Bereits damals übten wir Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen. Inzwischen dürfen die Gewerkschaftsvertreter innerhalb der deutschen Werke gewählt werden.
In den Jahren seither haben wir viele Arbeitskämpfe von BAYER-Beschäftigten solidarisch und tatkräftig begleitet. Gemäß unserem Motto „Für Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER – weltweit!“ übten wir sehr zur Freude der kämpfenden KollegInnen Solidarität. In Brasilien, Peru und anderswo – selbst in Belgien. Nur in Deutschland, da herrschte Ruhe bei BAYER. Es gab Betriebratswahlen und Tarifverhandlungen, aber es gab keine Arbeitskämpfe. Der letzte Streik bei BAYER in Deutschland hat 1920 stattgefunden, heißt es.
Für diese Ruhe sorgte die Gewerkschaft IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) die das System der Sozialpartnerschaft und des Co-Managements immer mehr perfektionierte und so zum Sprachrohr der Konzernleitung degenerierte. Sie verstieg sich sogar soweit, über ihren direkten Einfluss und ihre Macht über die Internationale Chemie-Gewerkschaft die solidarische Zusammenarbeit mit den Belegschaften ausländischer BAYER-Werke zu sabotierten und das internationale Netzwerk der CBG zu diffamieren. Die BAYER-Bosse von Hansen bis Schneider rieben sich die Hände, nahm ihnen doch die Gewerkschaft so manche unliebsame Drecksarbeit ab und disziplinierte die Belegschaften in den deutschen Werken besser als sie selber es jemals vermocht hätten.
Im Gegenzug hagelte es für die GewerkschaftsvertreterInnen Belobigungen und Plätze an den reich gefüllten Trögen der Bosse. Viele GewerkschaftsfunktionärInnen verwechselten das mit Erfolgen oder gar mit Macht und Einfluss und schwelgten in benebelter Glückseligkeit. Dass ihnen die Mitglieder in Scharen wegliefen und immer noch weglaufen, vermochten sie nicht als Folge ihres Tuns zu erkennen. Sie klammern sich verbissen an die immer weiter sinkenden Organisationsgrade in den Werken, ohne zu merken, dass die Bosse sie ohne mit der Wimper zu zucken abservieren werden, wenn sie denn mal nicht mehr gebraucht werden.
Doch seit zwei Jahren kommt Unruhe in die deutschen BAYER-Werke. Die Kolleginnen und Kollegen werden zunehmend sauer. Der Sozialismus ist zusammengebrochen, es gibt auch für BAYER keine Notwendigkeit mehr, mit sozialen Errungenschaften die Überlegenheit des Kapitalismus vorzutäuschen. Die BAYER-Bosse kehren wie alle ihre Kollegen in den Vorstandsetagen der deutschen Konzerne zur ganz gewöhnlichen Profitdiktatur zurück (die im übrigen fernab der so genannten Nahtstelle zum Sozialismus sowieso herrschte). Zum Schrecken der IG BCE werden Löhne gesenkt, dass es nur so kracht, Arbeitshetze und Arbeitsdruck werden ins Unerträgliche gesteigert, Arbeitsplätze werden vernichtet, KollegInnen zu Tausenden gefeuert.
Nun kommt es darauf an – werden die Beschäftigten sich ihrer Kampftraditionen besinnen? Wird die Gewerkschaft sich an die Seite ihrer Mitglieder stellen? Wird Sozialpartnerschaftsgedusel endlich zugunsten von konsequenter Gewerkschaftspolitik beiseite gefegt?
Wir sind Zeugen höchst dramatischer Ereignisse, denn immerhin hat keiner der Beschäftigten in Deutschland Kampferfahrungen. Streik, betrieblicher Widerstand, ziviler Ungehorsam, das alles kam von weither, aus den Ländern jenseits der Grenzen, das ist nun absolutes Neuland. Aber dennoch, seit Wochen blockieren Montag für Montag die BAYER-KollegInnen in Leverkusen mit ihren Betriebsräten von den oppositionellen Gewerkschaftslisten die B 8. Sie können stolz auf sich sein!
Traurig ist, dass die KollegInnen anhaltend nach ihrer Gewerkschaft, nach der IG BCE rufen müssen; dass diese sich bis auf Ausnahmen (noch) nicht eingeklinkt hat. Die Schwestergewerkschaft der IG BCE, VER.DI hat sich konsequent an die Seite der Beschäftigten gestellt und verurteilt in klaren Worten die Haltung der IG BCE. Ja, selbst der DGB hat sich solidarisch erklärt!
Wir dürfen gespannt sein, wie es in den deutschen BAYER-Werken weitergehen wird. Eines ist bei allem sicher: Ruhige Zeiten wird es bei BAYER nicht mehr geben. Die IG BCE muss sich endlich darauf besinnen, dass sie keine Stabsstelle des Konzerns, sondern eine Solidargemeinschaft der Beschäftigten ist.
Axel Köhler-Schnura, Coordination gegen BAYER-Gefahren