BAYER-Tochter MONSANTO wg. Agent Orange vor Gericht
Konzern leugnet Verantwortung für Kriegsverbrechen
Die BAYER-Tochter MONSANTO weigert sich in dem Prozess, den die vietnamesische „Agent Orange“-Geschädigte Tran To Nga vor einem französischen Gericht angestrengt hat, die Verantwortung für den Einsatz des Pestizids im Vietnam-Krieg zu übernehmen. Die Agro-Chemikalie sei „unter der alleinigen Verantwortung der amerikanischen Regierung für rein militärische Zwecke“ hergestellt worden und diese „bestimmte, wann, wo und wie das Mittel vor sechs Jahrzehnten verwendet wurde“, erklärte der Leverkusener Multi laut FAZ.
„Wie auch bei den Schadensersatz-Verfahren um Glyphosat, Dicamba und PCB lässt BAYER nichts unversucht, um einer Strafe zu entgehen. Bei dem Prozess in Sachen ‚Agent Orange‘ ist das besonders skandalös, weil es sich um ein Jahrhundert-Verbrechen handelt und der Konzern seit dem Ersten Weltkrieg weltweit führend für Chemische Kampfstoffe Verantwortung trägt“, so Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren.
Überdies liegen die Beweise Stelzmann zufolge auf dem Tisch. MONSANTO stand bereits seit 1950 mit dem „Chemical Warfare Service“ des Pentagons in einem regen Austausch über die Verwendung der „Agent Orange“-Chemikalie 2,4,5-T zu militärischen Zwecken. Auch wusste das Unternehmen schon früh um die Gefährlichkeit des im Zuge des Herstellungsprozesses mit Dioxin verunreinigten Stoffes. Aber bei einem Treffen mit weiteren Herstellern der Substanz über mögliche Gesundheitsgefahren übte MONSANTO Druck auf die VertreterInnen anderer Firmen aus, der Regierung der Vereinigten Staaten diese Risiken zu verheimlichen.
Öffentlich stritt die seit 2018 zu BAYER gehörende Gesellschaft das Gefährdungspotenzial stets ab. Aber die US-Gerichte, angerufen von Vietnam-Veteranen, schenkten der Entlastungsstrategie keinen Glauben. So musste der Konzern 1984 gemeinsam mit anderen Agro-Riesen im Rahmen eines Vergleiches 180 Millionen Dollar zahlen und fast die Hälfte der Summe selbst aufbringen, da sein Agent Orange den höchsten Dioxin-Gehalt aufwies.
VietnamesInnen haben dagegen überhaupt noch kein Geld von den Produzenten des Herbizids erhalten, obwohl bis zu vier Millionen Staatsangehörige durch die rund 80 Millionen Liter, die auf ihr Land niedergingen, gesundheitliche Schäden erlitten und die Folgen des „Herbicidal warfare“ bis in die 4. Generation reichen. Eine entsprechende Klage wies der Oberste Gerichtshof der USA im Jahr 2009 ab.
Diese Ansprüche will Tran To Nga mit ihrem Verfahren gegen die BAYER-Tochter und 13 weitere Konzerne wieder geltend machen. „Das Wichtigste ist, dass durch diesen Prozess der juristische Weg für andere Opfer geöffnet wird“, sagt sie. Eine Vergleichslösung hat die Klägerin deshalb schon abgelehnt. „Aber wir wollen mit unserem Kampf in bescheidener Weise auch zu dem Kampf unseren Beitrag leisten, den viele Bürger auf der ganzen Welt heute gegen MONSANTO und die anderen Chemiefirmen führen, denn diese sind auch heute wieder für oft schwere Krankheiten verantwortlich, die auch schon viele Todesopfer gefordert haben, und die ausgelöst werden durch neue Pestizide, von denen Agent Orange ein Vorfahr war“, betont sie.
Tran To Nga kam 1966 zum ersten Mal in Kontakt mit der Chemikalie. „Sie versprühten so viel Agent Orange, dass man am Ende ganz nass war“, erinnert sie sich. Die Folgen spürt die Frau noch heute. Die 78-Jährige leidet unter einer Blutkrankheit, Chlorakne und einer Herzfehlbildung. Ihr erstes Kind starb nach 17 Monaten, sogar ihr Enkelkind ist noch von Agent Orange gezeichnet.
Auch BAYER beteiligte sich am Vietnam-Krieg. Der Konzern bestreitet zwar, das Pentagon direkt mit Agent Orange beliefert zu haben, indirekt fanden seine Erzeugnisse aber doch den Weg in die Tanks der Militär-Flugzeuge. So produzierte der Leverkusener Multi in der fraglichen Zeit jährlich 700 bis 800 Tonnen des „Agent Orange“-Grundstoffes 2,4,5-T und verkaufte einen Teil davon an die französische Firma PROGIL. Diese wiederum verarbeitete es weiter und exportierte es nach Vietnam. Ein Akten-Notiz der ebenfalls mit PROGIL Geschäftsbeziehungen unterhaltenen BOEHRINGER AG belegt dies: „BAYER und PROGIL haben auf dem 2,4,5-D-Sektor seit Jahren (Vietnam) zusammengearbeitet“. Der Global Player bestreitet diese Kooperation nicht, hält allerdings fest: „Über die weitere Verwendung des Wirkstoffes bei der PROGIL liegen keine Erkenntnisse vor.“ In einer früheren Äußerung zu dem Thema räumt er hingegen durchaus die Möglichkeit ein, „dass Tochter-Unternehmen beziehungsweise Drittfirmen 2,4,5-T-haltige Pflanzenbehandlungsmittel auf den amerikanischen Markt brachten“. Damit nicht genug, standen BAYER-Experten der US-Army sogar direkt vor Ort mit Rat und Tat zur Seite. Als medizinische Helfer getarnt, arbeiteten sie dem US-amerikanischen Planungsbüro für B- und C-Waffeneinsätze in Saigon zu.
„Jetzt holt BAYER sowohl die eigene Vergangenheit als auch die MONSANTOs wieder ein. Der Konzern muss sich dem stellen und die Verantwortung dafür übernehmen“, fordert Marius Stelzmann.
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