Verfahren gegen die Privatisierung des Versammlungsrechts durch BAYER
CBG reicht Verfassungsbeschwerde ein
Im Rechtsstreit mit der Polizei und der Versammlungsbehörde der Stadt Bonn zieht die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nun vor das Bundesverfassungsgericht. Die Coordination hatte nach der BAYER-Hauptversammlung im April 2017 Klage wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht eingereicht, weil der BAYER-Konzern die Proteste zur geplanten Übernahme des MONSANTO-Konzern durch die Platzierung eines Riesen-Zeltes vor dem Eingang des World Conference Center Bonn (WCCB) und die Errichtung eines übermannshohen Zaunes massiv behindert hat. Zur Legitimation der Inbeschlagnahme öffentlichen Raums hatte der Leverkusener Multi die Gefährdungslage angeführt, die umfangreiche, in dem Gebäude selber nicht durchführbare Sicherheitschecks erfordere. Ohne das Sicherheitskonzept BAYERs in Augenschein genommen, geschweige denn geprüft zu haben, oder sich gar zu einer eigenen Einschätzung der Situation angehalten zu sehen, segneten die Stadt Bonn und die Polizei die Verbarrikadierung des WCCB ab.
Ein von der CBG angestrengtes Eilverfahren gegen die beabsichtigte Maßnahme hatte keinen Erfolg. Auch nach der Hauptversammlung eingereichte Feststellungsklagen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von BAYERs Vorgehen scheiterten. Deshalb ruft die Coordination jetzt das Bundesverfassungsgericht an.
„Die Versammlungsbehörde hat bei ihrem Eingriff in das Recht der Versammlungsfreiheit ausschließlich auf Angaben privater Dritter zurückgegriffen, ohne eine eigene Gefahrenanalyse durchzuführen. Eine solche faktische Übertragung hoheitlicher Entscheidungen auf einen privaten Dritten ist mit Art. 8 GG nicht vereinbar und widerspricht der Grundrechtsverpflichtung des Staates“, sagt CBG-Rechtsbeistand Sven Forst zur Begründung des Schrittes. Zur Einschränkung des Versammlungsrechtes müssen triftige Gründe vorliegen. Auch dies sieht die CBG im vorliegenden Fall nicht gegeben, da sich die Gefahrenprognose auf bloße Verdachtsmomente und Vermutungen stützte.
In den vorausgegangenen Verfahren machten die Coordination und ihr Anwalt oftmals wundersame Erfahrungen. Zwar prozessierte sie offiziell gegen die Polizei Bonn, während BAYER nur als beigeladene Partei involviert war. Doch regelmäßig waren die Konzern-AnwältInnen schneller. Sie waren es, die zu den von der Coordination aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung nahmen. Schriftstücke der Stadt Bonn schlossen sich oftmals denen von BAYER lediglich an – bloß weniger elaboriert und mit großer zeitlicher Verzögerung.
„Wie schon bei der Auseinandersetzungen um den Ablauf der Hauptversammlungskundgebung haben sich die Stadt Bonn und die Polizei auch vor Gericht als Juniorpartner BAYERs erwiesen“, kommentiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann den Verlauf.
Die CBG zieht vor das höchste deutsche Gericht, weil es ihr um eine grundsätzliche Frage geht. Sollten sich Versammlungsbehörden bei ihren Entscheidungen über Maßnahmen, die das Versammmlungsrecht einschränken, auch in Zukunft auf von privaten Dritten angeführte, unkonkrete Sicherheitsbedenken stützen dürfen, wäre der Macht von Konzernen Tür und Tor geöffnet. Diese könnten dann den öffentlichen Raum nach freien Stücken in Beschlag nehmen und gegen Protest abriegeln. Stelzmann misst dem Verfahren daher eine große allgemeine Bedeutung zu: „Die Fragen, um deren Beantwortung wir hier kämpfen, werden bald auch andere KonzernkritikerInnen betreffen. Wir werben daher um Solidarität. Es handelt sich um einen Präzedenzfall für alle, die gegen Konzernmacht aufstehen!“
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