Die Agro-Chemikalie Dicamba sorgt immer wieder für Ernte-Schäden. Darum erfolgte in den USA nun das Verbot.
Von Jan Pehrke
Auf US-amerikanischen Äckern fand das Pestizid Dicamba in den letzten Jahren eine stärkere Verbreitung, weil die Agro-Riesen es in Kombination mit ihren Gen-Pflanzen vermarkteten. Das ließ allerdings auch die Kritik an Produkten wie XTENDIMAX, im Jahr 2017 von der jetzigen BAYER-Tochter MONSANTO entwickelt, wachsen.
Zahlreiche LandwirtInnen machen die Mittel für Ernte-Schäden verantwortlich. Das Herbizid bleibt nämlich nach dem Ausbringen nicht einfach an Ort und Stelle, sondern verflüchtigt sich und treibt zu Ackerfrüchten hin, die gegen den Stoff gentechnisch nicht gewappnet sind und deshalb eingehen. Allein im Jahr 2019 geschah das auf einer Fläche von mehr als 400.000 Hektar. Viele FarmerInnen zogen deshalb gegen den Leverkusener Multi und andere Hersteller vor Gericht. Ein erster Prozess endete für BAYER und BASF im Februar 2020 mit der Verurteilung zu einer Zahlung von 265 Millionen Dollar Schadensersatz. 170 weitere Verfahren in Sachen „Dicamba-Abdrift“ stehen noch aus. Daneben verklagten der LandwirtInnen-Verband „National Family Farm Coalition“ sowie mehrere Umwelt- und VerbraucherInnenschutz-Gruppen die US-amerikanische Umweltbehörde EPA und verlangten von ihr, die Zulassung zu widerrufen. Am 3. Juni 2020 bekamen die Organisationen vom San Franciscoer „US Court of Appeals“ Recht zugesprochen. Nach Auffassung der RichterInnen hatte die EPA die von Dicamba ausgehenden Risiken „substanziell unterschätzt“, weshalb die JuristInnen einen sofortigen Verkaufsstopp anordneten.
BAYER reagierte erwartungsgemäß. „Wir sind mit dem Urteil nicht einverstanden und prüfen unsere nächsten Schritte“, verlautete aus der Konzern-Zentrale. Und den FarmerInnen gegenüber erklärte das Unternehmen, nach wie vor voll hinter Dicamba zu stehen. „Wir sind stolz darauf, Innovationen wie XTENDIMAX voranzutreiben, um den Erzeugern zu helfen, ihre Pflanzen sicher, erfolgreich und nachhaltig vor Unkräutern zu schützen“, hieß es in dem Statement.
Dabei kannte der Global Player die Nebenwirkungen des Pestizids ganz genau. Bereits im Jahr 2009 spielten BeraterInnen für seine jetzige Tochter-Gesellschaft MONSANTO ein Szenario durch, bei dem es wegen der Abdrift des Mittels zu Ernte-Verlusten, Schadensersatz-Klagen und schlechter Presse kommt, und wappneten den Multi mit Gegen-Strategien.
Zudem weigerte MONSANTO sich wohlweislich, das Herbizid unabhängigen WissenschaftlerInnen zu Test-Zwecken zur Verfügung zu stellen. Stattdessen erhielten die Beschäftigten die Anweisung, „dass wir alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um die Genehmigung zu erhalten“. Damit nicht genug, bestätigte eine neuere Studie einmal mehr die von Dicamba ausgehende Krebs-Gefahr.
Ob das alles ausreicht, das Verbot aufrechtzuhalten, steht allerdings dahin. Eine kleine Aufweichung erreichte die EPA schon: FarmerInnen dürfen das Pestizid noch bis zum 31. Juli, also bis zum Ende der diesjährigen Pflanz-Saison, ausbringen.