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[Brüsseler Abschiedsgeschenk] EU-Zulassungen für drei Genpflanzen made by BAYER

CBG Redaktion

Ende Juli 2019 genehmigte die EU-Kommission in einer ihrer letzten Amtshandlungen einen ganz Schwung von Genpflanzen, darunter drei der BAYER-Tochter MONSANTO, ohne Sicherheitsaspekte ausreichend zu berücksichtigen.

Von Jan Pehrke
„Die Europäische Kommission hat heute (Freitag) nach gründlicher Prüfung zehn gentechnisch veränderte Organismen genehmigt, davon neun für die Verwendung in Lebens- und Futtermitteln und eine Nelke als Zierschnitt-Blume“, verlautete am 26. Juli 2019 aus Brüssel. Von „gründlicher Prüfung“ kann dabei jedoch kaum die Rede sein. So erteilte die EU den Mais-, Soja- und Baumwoll-Pflanzen der BAYER-Tochter MONSANTO Import-Zulassungen für vorerst zehn Jahre, obwohl die Antragsunterlagen wichtige Sicherheitsfragen offen ließen. Die Europäische Union verfügte bei ihrer Entscheidung weder über genügend Daten zum allergenen Potenzial der Labor-Konstrukte noch zu anderen möglichen Gesundheitsgefährdungen. Auch zu den Kombinationswirkungen der den Ackerfrüchten via Gentechnik verpassten Giftstoffe sowie zu den Effekten von MON87751 & Co. auf die Umwelt lagen ihre keine aussagekräftigen Dokumente vor.

Der neue Gentech-Mais
Als besonders problematisch erweist sich die Einfuhr-Erlaubnis für den Mais mit der Serien-Nummer MON87411, den die Gen-Werker*innen mit einer Glyphosat-Resistenz sowie mit den gegen Schadinsekten wirkenden Stoffen Cry3Bb1 und DvSnf7 dsRNA versehen haben. Und das nicht nur, weil die EU damit den Gebrauch des von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Glyphosats für zehn weitere Jahre absegnet.

Die Initiative TESTBIOTECH bewertet vor allem die Verwendung des DvSnf7 dsRNA kritisch. Diese Ribonukleinsäure (RNA) besitzt einen neuen Wirk-Mechanismus gegen den Maiswurzelbohrer. Die Molekül-Kette zieht Enzyme im Magen des Insekts auf sich, die sie in siRNA aufspalten, was dann ein für das Tier überlebenswichtiges Protein blockiert. Aber Wissenschaftler*innen zufolge vermag die RNA auch den Magen von Säugetieren heimzusuchen. „Es ist plausibel, dass die im Mais MON87411 produzierte ds-RNA direkt mit der Darmflora interagieren kann“, warnt deshalb TESTBIOTECH. Damit nicht genug, verfügt das doppelsträngige Molekül dazu noch über die Fähigkeit, in den Blutkreislauf zu gelangen und in die Steuerung von Genen einzugreifen. Der MON87411 ist mit ihm bestückt, weil Cry3Bb1, das Gift des Bacillus thuringiensis (Bt), inzwischen massive Abnutzungserscheinungen zeigt: Der Maiswurzelbohrer gewöhnt sich immer besser an diese Substanz. Während die Hauptwirkung des Bt-Toxins nachlässt, zeigen sich die Nebenwirkungen unverändert massiv. So ist das Cry3Bb1 wissenschaftlichen Arbeiten zufolge imstande, Allergien auszulösen. Trotzdem hat die Europäische Union der jetzigen BAYER-Tochter keine detaillierteren Studien zu diesem Komplex abverlangt. Für das Treiben des Stoffes in der Darmflora interessierte sie sich überdies ebenso wenig, wie sie das im Fall der Ribonukleinsäure getan hatte. Zudem ignorierte die EU bei der Prüfung des MONSANTO-Antrags die Wechselwirkungen des Toxins mit Pflanzen-Enzymen und Pestiziden. Ob die MON87411-Wirkstoffe auch für Bienen, Schmetterlinge und andere Tiere gefährlich sind, hat die Europäische Kommission ebenfalls nicht kontrolliert. Des Weiteren geht aus den MONSANTO-Unterlagen nicht hervor, wie die Pflanzen auf Stress-Bedingungen wie zum Beispiel extreme Wetterlagen reagieren, obwohl das Risiko besteht, dass sie unter diesen Umständen mehr Gift-Stoffe als sonst üblich absondern. Und zu schlechter Letzt schenkte die Europäische Kommission möglichen negativen Effekten des Gen-Mais’ auf die Umwelt keine größere Beachtung. Die Gefahren von Auskreuzungen oder von Eintragungen in die Böden und Gewässer spielten für sie kaum eine Rolle.

Das neue Gentech-Soja
Das Soja MON87751, das mit den beiden synthetisierten Bt-Giften Cry1A105 und Cry2Ab2 versehen ist, hat es gleichfalls in sich. So können Toxine dieser Art hämotoxisch wirken, also den Blutkreislauf stören, und bestimmte Hautzellen binden, was deren Schutzfunktion beeinträchtigt. Darüber hinaus verfügen sie über das Potenzial, mit Darm-Bakterien, Pflanzen-Enzymen und Pestiziden zu interagieren und ihre Toxizität auf diese Weise zu steigern. Überdies erweisen sich die Substanzen als äußerst stabil. Sie halten sich beispielsweise sehr lange im Verdauungstrakt. Und spezielle Bestandteile des Sojas wie Trypsin-Hemmer wissen den Abbau-Prozess noch einmal zu verlangsamen. All diesem ist die BAYER-Tochter nicht nachgegangen. Außerdem untersuchten die Forscher*innen die Toxine in den Fütterungsstudien separat, weshalb ihnen die Kombinationswirkungen der Gifte verborgen blieben – angesichts der 30 bisher für den Import zugelassenen Gen-Konstrukte mit Bt-Toxinen eine grobe Fahrlässigkeit.

Auch sonst wiesen die Experimente TESTBIOTECH zufolge Mängel auf. So bekamen die Tiere immer die gleiche Menge Soja verabreicht, und das auch nicht in der Form, in welcher Menschen die Bohne am häufigsten zu sich nehmen: als Soja-Milch. „Um die potenzielle Gesundheitsschädlichkeit zu ermessen, wären detailliertere (…) und längere Fütterungstudien nötig gewesen“, reümiert die Initiative. Auch die Allergie-Gefahr ermittelte die EU nicht. Das zuständige Panel beließ es dabei, auf Unbedenklichkeitsbescheinungen aus einem Genehmigungsverfahren von 2008 mit dem Mais MON89034 zu verweisen, der ebenfalls Cry1A105 und Cry2Ab2 enthielt. Dabei schreiben die EU-Regularien eigentlich Einzelfall-Prüfungen vor, was gerade beim MON87751 angebracht gewesen wäre, denn Soja weist mehr allergenes Potenzial als Mais auf. Des Weiteren erschienen in den elf Jahren, die inzwischen vergangen sind, viele neue Forschungsberichte zu den Substanzen. Diese hätten die Entscheider*innen eigentlich berücksichtigen müssen.

Die neue Gen-Baumwolle
BAYERs neue Baumwolle, die auch als Tierfutter und Lebensmittel-Zusatz Verwendung finden soll, kommt als veritable Trutzburg auf den Acker. Sie verlässt das Gen-Labor mit den beiden Bt-Toxinen Cry1Ac und Cry2Ab2 sowie mit Resistenzen gegen die Herbizide Glyphosat und Glufosinat. Ihr Name legt von all dem Zeugnis ab und ist dementsprechend lang: GHB614xLLCotton25xMON1598.
Neben den bereits bekannten Eigenschaften der Cry-Gifte bereitet Wissenschaft-ler*innen vor allem eine Nebenwirkung der Glyphosat-Resistenz Sorge. Das EPSPS-Enzym, das die Baumwolle immun gegen das Herbizid macht, bewirkt nämlich noch anderes: Es steigert den Gehalt des Giftes Gossypol in den Acker-Früchten. Vergeblich hatte TESTBIOTECH die EU-Prüfer*innen im Verlauf des Zulassungsprozederes beschworen, sich diesen Zusammenhang im Hinblick auf Gefahren für die Lebensmittel-Sicherheit und die Umwelt genau anzuschauen und gegebenenfalls zusätzliche Daten dazu von BAYER einzufordern.

Überdies haben die Forscher*innen bei der Übertragung der neuen Pflanzen-Eigenschaften mit antibiotika-resistenten Genen gearbeitet, die als Marker dienen. Wenn das Gewächs in eine Antibiotika-Lösung kommt, überleben nur diese Zellen und zeigen den Wissenschaftler*innen so an, ob die Transaktion geglückt ist. Da diese Methode die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen fördert und deshalb die Behandlung von Infektionskrankheiten erschweren kann, hatte die EU eigentlich bereits im Jahr 2004 darauf gedrungen, in den Gen-Laboren nicht länger mit Immun-Reaktionen gegen Wirkstoffe zu arbeiten, welche für die Humanmedizin eine große Bedeutung haben.

Trotzdem genehmigte sie den GHB614xLLCotton25xMON1598. Zusätzlich zu den beiden anderen gentechnisch veränderten Organismen made by BAYER erteilte sie am 26. Juli noch vier anderen Pflanzen die Import-Lizenz und verlängerte für zwei weitere Ackerfrüchte die Einfuhr-Erlaubnis. Zudem gab die Europäische Kommission einer Gentech-Nelke ihr Plazet. Dabei ging sie laut TESTBIOTECH nicht sorgfältiger vor als bei der Prüfung der MONSANTO-Anträge. „Die EU hat ihre Pflichten gegenüber Mensch, Tier und Umwelt sträflich vernachlässigt und einzig im Interesse von BAYER & Co. gehandelt“, konstatierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN deshalb in ihrer Presseerklärung zum Thema.