„Ein Schlag, Ein Stich, Ein Schuss. Kurz und bündig“
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat im Februar 2019 einen Nazi-Hetzbrief mit Morddrohung bekommen. Und das ist nicht der erste Vorfall dieser Art. Schon in der Vergangenheit sah die Coordination sich mit Bedrohungen aus dieser Ecke des politischen Spektrums konfrontiert. Einschüchtern lässt sie sich dadurch jedoch nicht.
Von Jan Pehrke
Eine ganze Suada mit Angriffen gegen AntifaschistInnen nimmt den größten Platz in dem Drohbrief ein, welcher der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) im Februar 2019 zuging. „Antifaschisten rechtfertigen die deutschen Kriegstoten“ und „Antifaschisten lassen Zuwanderung und Volkszerstörung zu“ steht da unter anderem zu lesen, und dann folgt der Schluss: „Tod diesem Dreckspack und diesen Schmoks. Ein Schlag, Ein Stich, Ein Schuss. Kurz und bündig.“
Des Weiteren bezeichnet die Hetzschrift das „Aufhalten der links-demokratisch optimierten Überbevölkerung“ und die Abschaffung der „demokratischen Scheinfreiheit“ als „Notwendigkeit“. Adressiert war das Ganze nicht direkt an die Coordination, sondern an ihre Zeitschrift Stichwort BAYER. Das Schreiben rechnete unser konzern-kritisches Magazin den „Besatzermedien“ zu, die „voller Glück über den Untergang der Wahrheit schwadronieren“. Mit „Sieg Heil“ endet der Erguss schließlich, der sich auch ansonsten offen zum Nationalsozialismus, zu der NSDAP und zur SS bekennt.
„Dieser Brief ist ein erneutes Zeichen für das Erstarken faschistischer Kräfte in Deutschland. Immer öfter wagen sie es, ihre Gegner offen zu bedrohen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wird sich davon jedoch nicht einschüchtern lassen“, mit diesen Worten reagierte die CBG auf das Schreiben. Und in der Tat muss sich nicht nur die Coordination mit Zuschriften dieser Art auseinandersetzen. Post ähnlichen Inhalts erhielten in den letzten Monaten über 100 linke PolitikerInnen, RechtsanwältInnen und AktivistInnen sowie der Zentralrat der Juden, Verlage und andere Einrichtungen.
Seit Pegida und dem Erstarken der AfD hat sich das politische Klima in Deutschland merklich verändert. Sogar die einstige Mitte hat sich nach rechts verschoben. Eine ähnliche Entwicklung findet auf der ganzen Welt statt. Trump, Bolsonaro, Orbán, Babiš, Morawiecki, Salvini, Duterte, Modi, Erdoǧan – in zahlreichen Ländern gelangten binnen der letzten Jahre Rechtspopulisten oder noch schlimmere Kaliber an die Macht. Der von BAYER & Co. nach dem Fall der Mauer forcierte Globalisierungsschub mit seinen Schocktherapien für die Staaten Osteuropas und anderem Unbill hat ganz offensichtlich nicht etwa linke, sondern rechte Gegenbewegungen gestärkt.
Und die CBG traf es dabei nicht von ungefähr. Aus ihrer Beschäftigung mit BAYER heraus hat sie den Antifaschismus immer als wichtigen Teil ihrer politischen Praxis betrachtet. Von diesem Konzern ging nämlich die Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN aus, der zurzeit des Hitler-Faschismus in Auschwitz sogar ein firmen-eigenes KZ für seine ZwangsarbeiterInnen unterhielt. Der dort betriebenen „Vernichtung durch Arbeit“ fielen über 30.000 Menschen zum Opfer.
Diese Vergangenheit hinterlässt bis heute ihre Spuren in Leverkusen, denn eine Stunde Null gab es für den Global Player nicht. Er scheute nach 1945 nicht einmal davor zurück, im Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess abgeurteilte IG-Manager wie Fritz ter Meer mit Kusshand wieder in die BAYER-Familie aufzunehmen und bewahrte ihnen auch nach ihrem Ableben noch lange ein ehrendes Gedenken. Nur folgerichtig sperrte sich der Pharmar-Riese denn auch beharrlich gegen eine angemessene Entschädigung der ZwangsarbeiterInnen, was die Coordination immer wieder zu Interventionen herausforderte.
Auch rechte Umtriebe von BAYER-Angestellten thematisierte die CBG immer wieder. Erst vor Kurzem beschäftigte sie sich mit dem einstigen Chef-Juristen des Unternehmens, Roland Hartwig, der jetzt stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion ist. Hartwig bezeichnet es als seine größte Leistung, „einen internationalen Groß-Konzern juristisch durch alle Untiefen geführt zu haben“ und profitiert von seiner Berufserfahrung offenbar noch heute, wenn er Vorträge über „Deutsche Unternehmen im Fadenkreuz der US-Justiz“ hält.
Lange musste die Coordination sich zudem Dr. Hans-Ulrich Höfs widmen. Wenigstens bis zum Jahr 2012 bei BAYER in der Forschung tätig, verließ dieser 1989 die CDU und gründete in Krefeld „Die Republikaner“. Später baute der Chemiker die Gruppen „Krefelder Gesprächskreis – Deutsche Politik“ und das „Krefelder Forum Freies Deutschland“ auf, die beide enge Kontakte zu Rechtsextremisten wie Horst Mahler und Herbert Schweiger unterhielten. Seine rechte Gesinnung brachte Höfs sogar schon vor Gericht. Ein Flugblatt des Forums trug ihm im Jahr 1996 eine Verurteilung wegen Volksverhetzung ein. Um den Machenschaften von Höfs & Co. zu trotzen, schloss sich die CBG 2001 mit anderen Gruppen zum „Forum Nazifreies Krefeld/Krefelder Gesprächskreis – ‚Nazis raus’“ zusammen. Das antifaschistische Bündnis forderte BAYER auch auf, den Nazi zu entlassen – zu mehr als zu einer Abmahnung konnte sich der Agro-Riese allerdings nicht durchringen.
Aktivitäten wie diese bewogen Rechte auch früher schon, gegen die Coordination selber und gegen die Familie unseres Gründungsmitglieds Axel Köhler-Schnura persönlich vorzugehen. Aber ebenso wenig wie bei den damaligen Vorfällen steht die CBG heute allein. Nachdem sie den Nazi-Brief publik machte, gingen in Düsseldorf viele Solidaritätsbekundungen ein. „Es ist völlig erschütternd, dass 2019 schon wieder solche Umtriebe vorkommen“, hieß es in den Schreiben oder: „Über diese Nachricht bin ich mehr als entsetzt. Man fragt sich mehr und mehr, was in unserem Land los ist“. Sogar bekannte Persönlichkeiten wie der ehemalige TV-Journalist Jean Pütz leisteten Beistand: „Es ist kaum zu glauben, dass diese alten Nazi-Methoden sich wieder dokumentieren. Wehret den Anfängen.“ An Zuspruch fehlte es ebenfalls nicht: „Lasst euch nicht unterkriegen!
Und unterkriegen lassen wird sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auch nicht. Sie hat umgehend Strafanzeige gestellt und macht ansonsten weiter wie bisher.
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