René Lehnherr (MONSANTO-Tribunal) Die Folgen des Tribunal-Votums für BAYER
Sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,
Ich werde mich kurz vorstellen: Mein Name ist René Lehnherr und ich bin Mitglied des Organisationskomitees des Monsanto-Tribunals. Ich bin Schweizer und seit 20 Jahren wohnhaft in Amsterdam. Sohn eines Bergbauern. Vater von 3 Kindern, und das ist auch meine Motivation für dieses Engagement, meinen Kindern und den folgenden Generationen einen gesunden und intakten Planeten zu hinterlassen. Beruf: IT-Spezialist.
Ich habe vier Fragen an Herrn Werner Baumann:
Erste Frage:
Am 15. und 16. Oktober 2017 fand in Den Haag das internationale Monsanto-Tribunal statt. Fünf renommierte, aktive Richter aus Kanada, Mexico, Belgien, Senegal und Argentinien befragten 30 Zeugen und Experten aus fünf Kontinenten zu den Vergehen von Monsanto. Präsidiert wurde das fünfköpfige Gremium von Richterin Françoise Tulkens, ehemalige Vizepräsidentin des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Dabei ging es darum zu klären, ob Monsanto auf den folgenden 6 Gebieten gegen Recht verstossen hat: Recht auf eine gesunde Umwelt, Recht auf Gesundheit, Recht auf Nahrung, freie Meinungsäusserung und wissenschaftliche Forschungsfreiheit, Tatbestand des Ökozids, also Verbrechen gegen die Natur und Beihilfe zu Kriegsverbrechen
Dabei haben sich die Richter streng an die Regeln für internationale Gerichtsverfahren gehalten. Dazu stützten sie sich unter anderem auf die UNO-Leitprinzipen für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 und auf das Römische Statut zur Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs (ISG).
Die Fülle des auszuwertenden Materials war so umfangreich das die Richter ihr Gutachten erst 6 Monate danach am 18. April 2017 in Den Haag der Öffentlichkeit vorstellen konnten. Dabei kamen sie zum Schluss, dass Monsanto auf 5 Gebieten bestehendes Recht verletzt hat. Wäre der Strafbestand des Ökozids schon in den Gesetzgebungen verankert, könnte Monsanto ausserdem auch wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt werden. Das 50-seitige Gutachten der Richter, dass für tausende von Anwälten weltweit in Zukunft ein wichtiges und effizientes juristisches Instrument sein wird, um diese Art Verbrechen zu ahnden, kann in verschieden Sprachen auf der Webseite: www.monsanto-tribunal.org eingesehen werden.
Frage:
Wir hatten Sie Herr Baumann schriftlich eingeladen, dem Tribunal beizuwohnen, um ein Bild davon zu bekommen, was Sie sich mit Monsanto höchstproblematisch einkaufen. Haben sie die Einladung deswegen ignoriert, weil Sie sich der Vergehen von Mansonto schon bewusst waren und deshalb auch Glyphosat in den Medien als vollkommen harmlos darstellen?
Zweite Frage:
Im Juni 2016 erklärten Sie in den Medien, dass Sie nicht nur den Dialog mit den Aktionären suchen, sondern auch mit kritischen NGOs. Daraufhin haben wir Ihnen einen Brief geschrieben mit einigen Fragen zur geplanten Fusion Bayer-Monsanto und haben Sie um ein Gespräch gebeten, in der Annahme, dass Sie wirklich den Dialog suchen. Allerdings bekamen wir in Form eines nichtssagenden Standardbriefes eine Absage von Ihnen. Gesprächspartner wären zum Beispiel der Schweizer Biologe Dr. Hans Rudolf Herren, Träger der alternativen Nobelpreises und Koautor des Weltagrarberichtes von 2008, der von der Weltbank in Auftrag gegeben wurde gewesen und Renate Künast, ehemalige Landwirtschaftsministerin ihres Landes.
Frage:
Gehen wir recht in der Annahme, dass ihre in den Medien geäusserte Dialogbereitschaft nur eine PR – Aktion von Ihnen war, um die Öffentlichkeit „ruhigzustellen“?
Dritte Frage:
Sie mögen ja den Dialog mit den Aktionären gesucht haben, aber von der Kaufentscheidung wurden Aktionäre und Grossaktionäre zu ihrem Unmut ausgeschlossen.
Frage:
Hatten Sie Bedenken, das weitsichtige Grossaktionäre zu einer anderen Lageeinschätzung gekommen wären, Ihnen die Gefolgschaft verweigert hätten, weil sie sich kein trojanisches Pferd ins Haus holen wollten und Sie diese Entscheidung deshalb putschartig konzern-intern fällen mussten.
Vierte Frage:
Die umfassende Dokumentation der durch Monsanto hervorgerufenen Umweltschäden, die im Rahmen des Monsanto-Tribunals entstanden ist, wird in den kommenden Monaten Teil einer noch breiteren weltweiten Studie zur Erfassung und Evaluation der durch Monsanto entstandenen Schäden in den letzten 60 Jahren sein. Dabei sollen vor allem auch die Langzeitschäden an Gesundheit und Natur berücksichtigt werden. Diese Sammelstudie wird anschliessend von einem Komitee renommierter Ökonomen bilanziert und als globale Schadensumme bekanntgegeben. Schon heute haben einige konsultierte Experten geschätzt, dass die Summe der Schäden den Fusionspreis bei weitem übersteigen könnte. Diese Studie könnte dann im Anschluss als Basis dienen, um weitere Sammelklagen gegen Monsanto einzuleiten.
Frage: Denken Sie Herr Baumann, sie können ihren Aktionären zumuten, neben dem hohen Kaufpreis für Monsanto zusätzliche Rückstellungen für Schadensersatzforderungen in zwei bis dreistelliger Milliardenhöhe bereitzustellen?
Oder hoffen Sie darauf, dass dasselbe passiert wie bei der Katastrophe von Bhopal? Damals, 1984, sind im indischen Bhopal tausende von Menschen bei einer Giftgaskatastrophe gestorben, hunderttausende wurden schwer verletzt. Wegen wechselnder Besitzverhältnisse durch eine Fusion waren die Haftungsverhältnisse unklar und keines der beteiligten Unternehmen konnte zur Rechenschaft gezogen werden.
Sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit