Mega-Konzern: Zugriff auf das Leben
Rede am 21.09.2016 ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Konzentration in der Agro- und Saatgutindustrie durch die geplante Fusion der Bayer AG und Monsanto
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Wort „Konzern“ steckt schon das Wort „Konzentration“. Was aber jetzt mit der Übernahme von Monsanto durch den Bayer-Konzern entsteht, ist ein bislang nicht gekannter Superkonzern, der größte Agrokonzern der Welt. Das sollte uns das Fürchten lehren. Ich sage Ihnen: Ich empfinde dies als massive Bedrohung. Wir haben damit im Agrarbereich eine bislang nicht gekannte Machtkonzentration und damit eine ungeheuerliche Kontrolle über die Ernährung, die Gesundheit und das Leben von Milliarden Menschen. Ich gebe zu: Das macht mir Angst. Sicherlich geht es vielen Menschen genauso.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der neue Konzern wird das weltweite Geschäft mit Saatgut und Pestiziden kontrollieren. Die Ernährung der Weltbevölkerung liegt damit in der Hand eines Superkonzerns, und es ist keine Menschenliebe, die diesen Konzern treibt. Es ist der Griff nach dem Leben der Menschen, die totale Kontrolle der Ernährungsgrundlage von Milliarden. Mit dem Geschäftsmodell von Bayer/Monsanto wird es keine Artenvielfalt bei Insekten und Vögeln mehr geben. Die Sortenvielfalt bei Getreide, Gemüse und Früchten wird beschränkt. Der Konzern wird die Preise diktieren und noch mehr Bauern in Armut stürzen. Für die Soja- und Maismonokulturen werden im gleichen Konzern unwahrscheinliche Mengen an Pestiziden produziert. Der Konzern setzt auf Genmanipulationen in großem Stil. Die Folge dieses Horrors sind auf Jahre kaputte Böden und Gefährdung des Grundwassers. Es sind die Lebensgrundlagen, die mit diesem Chemiekonzern zerstört werden. Dies ist der größte Zugriff auf das Leben, den es je gegeben hat. Das wollen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Bayer war schon einmal der größte Chemiekonzern der Welt, vor rund 75 Jahren. Ich möchte hier nicht die Geschichte dieses Konzerns aufrollen. Aber eines war schon immer Sache des Bayer-Konzerns und seiner Vorgänger: die Einteilung in richtiges und falsches Leben. Heute sprechen wir von Biopatenten, die genau dafür stehen: das vermeintlich Richtige zu verbreiten und das vermeintlich Falsche auszumerzen. Der Konzern macht damit Profit.
Ich bin schon lange Mitglied im Beirat der Coordination gegen Bayer-Gefahren, die mit den Kritischen Aktionären hervorragende Aufklärungsarbeit leistet. Sie informieren zum Beispiel, welche weltweiten Marktanteile der neue Superkonzern erreicht: Bei Pestiziden sind es 25 Prozent, beim Saatgut für Ackerböden rund 30 Prozent und bei Genpflanzen weit über 90 Prozent. 90 Prozent, meine Damen und Herren! Da frage ich mich: Wollen wir das wirklich? – Sie schon, aber die anderen nicht.
Mit der Fusion ist der Superkonzern dem Weltmarktmonopol für die gesamte Agrarwirtschaft gefährlich nahe gekommen. Ich sage Ihnen: Das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN)
66 Milliarden Dollar: Das ist die größte Investition eines deutschen Konzerns im Ausland. Dieses Geschäft wird sich Bayer durch TTIP absichern lassen wollen. Handelshemmnisse sollen fallen, damit der Superkonzern freie Bahn hat und die Märkte in Europa für die Gentechnikprodukte aus den USA geöffnet werden. An dem neuen Superkonzern kommt dann niemand mehr vorbei.
Es geht darum, für Glyphosat die Bahn freizumachen, und zwar möglichst unbefristet. Bahn frei für Gentechnik auch auf unseren Äckern. Nur Monsantos gentechnisch manipulierte Designerpflanzen überleben Glyphosat überhaupt. Alles andere überlebt auf den Äckern nicht.
Es heißt, dass Frau Merkel gute Kontakte zum Aufsichtsratsvorsitzenden von Bayer pflegt. Sie hatte sich im August überraschend für Monsantos Pflanzenschutzmittel Glyphosat ausgesprochen, das die Weltgesundheitsorganisation für wahrscheinlich krebserregend hält.
Ich erwarte jetzt, dass das Kartellamt bei dieser Fusion einschreitet. Wir brauchen genau das Gegenteil der weltweiten großtechnischen Monopolisten, das Gegenteil dieses Irrsinns von Weltkonzernen, die immer größer und gefräßiger werden. Wir sollten unsere Gesundheit sowie die Selbstbestimmung über unsere Ernährung eben nicht diesem Chemie- und Gentechnikkonzern ausliefern.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Mehrheit der Bevölkerung hier in Europe wünscht das nicht. Wir wollen keinen Genfraß. Den wollen wir weder aus den USA noch aus anderen Ländern, sondern wir wollen gesunde Lebensmittel. Und wir wollen den Zugriff auf unsere Lebensmittel selbst behalten und ihn nicht Konzernen für deren Profit opfern.
(Beifall bei der LINKEN)