Monsanto-Übernahme Protest vor den Toren des Bayer-Konzerns
Kölner Stadt-Anzeiger, 8.September 2016
Von Jens Kopke
Leverkusen – Trotz der hochsommerlichen Temperaturen der letzten Tage ist es nicht nur die Sonne, die den Bürgern Leverkusens und der Umgebung den Schweiß auf die Stirn treibt. Erheblich dazu bei trägt auch das Vorhaben von Bayer, den in der Kritik stehenden US-Saatguthersteller Monsanto zu übernehmen, nachdem der Chemiekonzern am Dienstag das Kaufangebot noch einmal erhöht hatte.
Angesichts dieser Nachricht riefen lokale Gegner des Unterfangens für Donnerstagnachmittag zu einer spontanen Kundgebung auf. Vor dem Tor 1 des Chemparks fanden sich gegen 14.30 Uhr Vertreter verschiedener Organisationen wie beispielsweise die Umweltgewerkschaft Köln/Leverkusen und Einzelpersonen zusammen, um an einem offenen Mikrofon die Auswirkungen des geplanten Monsanto-Kauf vor Augen zu führen.
„Wir sind der Meinung, dass dieser Deal zwischen zwei so mächtigen Konzernen eine Gefahr für die Welternährung darstellt, weil hier dann ein neues Monopol für Saatgut und Pflanzenschutz entsteht“, machte Reiner Dworschak, ein Vertreter der Montagsdemo gegen Hartz IV, im Hinblick auf die drohende Durchsetzung gentechnisch veränderter Lebensmittel seinem Ärger Luft. Toni Michelmann von der Coordination gegen Bayer-Gefahren angesichts der größten Übernahme in der deutschen Wirtschaftsgeschichte noch deutlicher: „Das Geschäftsmodell, was Bayer unter Monsato verfolgen, ist es, mit Gentechnik und Pestiziden unsere Landwirtschaft zu organisieren.“
Wie sehr Glyphosat, ein von Monsanto entwickeltes Unkrautvernichtungsmittel aus den 70er-Jahren und in der Landwirtschaft häufig eingesetztes Herbizid, bereits in die Umwelt und in die Gesundheit eingegriffen habe, lässt sich laut Michelmann zum Beispiel am Bienensterben, dem Schwinden der biologischen Artenvielfalt und nicht zuletzt an der Chemikalienbelastung im menschlichen Körper ablesen. Ungeachtet des Stellenwertes, den Bayer für die Region hat und für welchen Fortschritt die Aktiengesellschaft mit ihren Entwicklungen gesorgt hat, ist sich Dworschak sicher, dass dieser Deal nur zustande kommt, „um Zugriff auf die Welternährung zu haben, Preise zu diktieren und möglichst hohe Profite abzusahnen.“ Dass einerseits Umweltschutz kommuniziert werde, andererseits aber auch sehr viel Umweltverschmutzung in der Produktion und durch Bayer anfalle, bezeichnet er als reinwaschen: „Das sind zwei Seiten der gleichen Medaille.“
Doch nicht nur die ernährungs-, umwelt- und gesundheitsgefährdenden Aspekte beschäftigten die rund zehnköpfige Protestgruppe. Auch die Auswirkungen auf die Arbeitsmarkt. „Wie alle Fusionen bedeutet auch diese Fusion Massenentlassungen“, sagte Michelmann und ergänzte: „Allein im Pharmabereich haben die letzten 15 größten Fusionen der vergangenen 15 Jahre 500 000 Menschen auf die Straßen gesetzt.“
Dass sich nur wenige Passanten und Bayer-Mitarbeiter nach Verlassen des Gebäudes die Zeit nahmen, der Kundgebung auf der anderen Straßenseite zu lauschen, störte Dworschak nicht merklich: „Wir können den Deal nicht ändern, wir können aber ein Zeichen setzen und Aufmerksamkeit erzeugen. Wir liefern letztlich nicht weniger als die Basis zu einer Diskussionsführung.“
Nur eine Handvoll der Bayer-Mitarbeiter wollte sich auf Nachfrage des „Leverkusener Anzeigers“ zu der bevorstehenden Übernahme und den drohenden Konsequenzen äußern. Als Angestellter habe man wenig Einfluss auf die Absichten der Geschäftsführung, lautete der Tenor.
Größter Deal Deutschlands
Am Dienstag veröffentlichte Bayer den aktuellen Stand der Verhandlungen mit dem US-Konzern Monsanto (wir berichteten). Dabei kam heraus, dass der Leverkusener Konzern das Übernahme-Angebot noch einmal auf 127,50 Dollar pro Aktie erhöht hat. Das Volumen steigt damit um weitere 1,1 Milliarden Dollar auf rund 65,6 Milliarden Dollar oder umgerechnet 58,6 Milliarden Euro. Die Leverkusener wollen mit dem Kauf des Saatgutriesen auf einen Schlag zum weltgrößten Hersteller von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln werden.
Für den Kauf will Bayer so viel Geld in die Hand nehmen wie kein anderes deutsches Unternehmen zuvor. Am Mittwoch will der Bayer-Aufsichtsrat über den Stand der Verhandlungen und die weiteren Schritte beraten.
– Quelle: http://www.ksta.de/24713412 ©2016