14. März 2016
BAYER-Hauptversammlung am 29. April 2016
Gegenantrag: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Die BAYER AG verschiebt ihre Gewinne systematisch in Niedrigsteuer-Länder. Trotz Rekordgewinnen zahlte der Konzern daher in Deutschland jahrelang keine Gewerbe- und Körperschaftssteuern. Das Steuerdumping multinationaler Firmen führt dazu, dass die Finanzierung der öffentlichen Haushalte immer mehr der lohnabhängigen Bevölkerung aufgebürdet wird.
Der BAYER-Konzern hat sein Eigenkapital zu großen Teilen nach Benelux verschoben. So entfallen auf die holländische Bayer Global Investments 12,2 Milliarden Euro, auf Bayer World Investments (ebenfalls Holland) 14 Milliarden und auf Bayer Antwerpen 11,4 Milliarden. Verantwortlich hierfür sind die unsozialen Steuergeschenke für internationale Konzerne: so gewährt Belgien Zinszahlungen auf das Eigenkapital, wodurch fiktive Zinsen steuerlich geltend gemacht werden können und nur minimale Steuern auf den Gewinn anfallen.
Um in den Genuss der Sonder-Konditionen zu kommen, konzentrierte BAYER auch das firmeninterne Bank-Wesen in Belgien. So gewährte allein BAYER Antwerpen im Jahr 2014 anderen Konzern-Töchtern Kredite in Höhe von 13,4 Milliarden Euro. Die hierauf berechneten Zinsen mindern in Ländern wie Deutschland oder den USA die Steuern, werden in Belgien jedoch kaum versteuert – der Steuersatz liegt teilweise bei weniger als 5 %. Ein Sprecher des Konzerns erklärte hierzu lapidar: „BAYER nutzt wie einige andere Unternehmen das günstige makrowirtschaftliche Klima in Belgien, das durch den Abzug für Risikokapital geschaffen wurde“.
Die Briefkasten-Firmen Bayer World Investments und Bayer Global Investments halten Anteile an rund einem Fünftel aller 350 Tochtergesellschaften. Hierdurch werden die Voraussetzungen für BAYER-interne Verrechnungen und Lizenzierungen geschaffen, die ebenfalls die Steuern mindern. Das fortgesetzte Steuerdumping wurde jüngst sogar der EU-Kommission zu bunt: Anfang Januar erklärte sie die belgischen Steuer-Schlupflöcher für illegal und forderte Nachzahlungen von 35 transnationale Firmen in Höhe von insgesamt 700 Millionen Euro.
Die Stadt Leverkusen, immerhin Sitz eines der wertvollsten Dax-Unternehmen, verliert hierdurch ihre Existenzgrundlage. Die Stadt befindet sich in der Haushaltssicherung und muss strenge Spar-Vorgaben des Landes NRW erfüllen. Zudem gehört die Kommune dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ an; der Steuerzahler muss sie also mit den dringend benötigten finanziellen Mitteln versorgen.
Der Leverkusener Stadtkämmerer Frank Stein äußerte sich zu der Notlage im Stadtrat: „Die für die Stadt Leverkusen verhängnisvollen Defizite des Steuersystems sind Ergebnis einer seit gut 25 Jahren fortgesetzten verfehlten Steuergesetzgebung“. Trotz des Rekordgewinns bei BAYER verbuchte Stein mit weniger als 30 Millionen Euro ein „Allzeittief“ bei den Gewerbesteuern. Diese Entwicklung treffe zwar alle Städte, hätte aber „spezifische Leverkusener Aspekte“, so Stein. „Den industriellen Kern (…) gibt es nach wie vor, und er ist nach wie vor ein Ort großer Wertschöpfung. Aber aus betriebswirtschaftlichen und steuersystematischen Gründen, die im Einzelnen detailliert zu erörtern einen Verstoß gegen das Steuergeheimnis bedeuten würde, korrespondiert diese Wertschöpfung nicht mehr mit einer entsprechenden Steuerstärke der Stadt“. Wegen der Finanznot muss Leverkusen im Sozial- und Kulturbereich drastisch sparen. Aktuell steht das Museum Morsbroich vor der Schließung. Auch der Zuschuss für die städtischen Musikschulen soll stark reduziert werden.
Der sozialdemokratische Bürgermeister Uwe Richrath ging BAYER im Wahlkampf frontal an: die Weltfirma beteilige sich in Leverkusen „sehr wenig“ am lokalen Gewerbesteuer-Aufkommen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans kritisierte, dass „eine Stadt wie Leverkusen mit der Weltmarke BAYER aus dem Stärkungspakt gestützt werden muss – das glaubt erst mal keiner“. Walter-Borjans fordert: „Erst recht in Zeiten schwieriger Haushaltslagen können wir es uns nicht leisten, dass sich Unternehmen systematisch davor drücken, ihren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens zu leisten“.
Derweil ist sich BAYER nicht mal zu schade, steuerrelevante Abteilungen in die „rheinische Steuer-Oase“ Monheim zu verlagern. Die nördlich an Leverkusen grenzende Stadt hatte im Jahr 2012 den Gewerbesteuer-Hebesatz drastisch gesenkt. Wenige Monate später verlagerte BAYER seine Patentabteilung nach Monheim. Kurz zuvor waren die Patentrechte eigens in die neu gegründete Bayer Intellectual Property GmbH ausgegliedert worden. Allein durch dieses Manöver verringerte BAYER die jährlichen Steuerzahlungen um rund 10 Millionen Euro.
Die Steuertricks internationaler Konzerne kosten die Allgemeinheit jährlich viele Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat toleriert das gemeinschädliche Steuerdumping von BAYER. Ihm ist daher die Entlastung zu verweigern.
Um Mitteilung dieser Gegenanträge sowie der Begründungen bitten wir gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen.
Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.