Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 21. November 2015
Carl-Duisberg-Kritiker machen Druck
Dormagen: Politik soll beim Umgang mit dem umstrittenen Chemiker Farbe bekennen
In die aktuell im Dormagener Planungsausschuss geführte Debatte um den Umgang mit umstrittenen historischen Persönlichkeiten hat sich jetzt erneut die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) eingeschaltet. Die CBG setzt sich dafür ein, dass der Name des Chemikers, Industriellen und Mitgründers der IG Farben (später Bayer) Carl Duisberg (1861-1935) von Straßenschildern verschwindet und macht Druck auf die Dormagener Politiker. „Duisberg ist ein klassischer Kriegsgewinnler, der für den mörderischen Verlauf des 1. Weltkriegs mitverantwortlich ist. Die Dormagener Stadtspitze sollte ein Zeichen setzen und sich für eine Namensänderung einsetzen“, verlangt Philipp Mimkes vom CBG-Vorstand in einer nach der Sitzung des Planungsausschusses veröffentlichten Pressemitteilung.
In Dortmund und Lüdenscheid waren Ende 2014 Carl-Duisberg-Straßen umbenannt worden, in Leverkusen hatte der Stadtrat dies abgelehnt. In Dormagen setzen sich die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Piraten/Die Linke für die Umbenennung ein. Dafür fand sich jedoch im Planungsausschuss in dieser Woche keine Mehrheit. Stattdessen sollen die Anwohner der Carl-Duisberg-Straße über Beibehaltung oder Umbenennung abstimmen. Ebenso soll an der Hindenburgstraße verfahren werden.
Ein Expertengremium mit Kreisarchivar Stephen Schröder, Karl Emsbach und Heinz Pankalla hatte zu Duisberg und Hindenburg detailliertes Material zusammengetragen, ohne eine Entscheidungsempfehlung abzugeben. Über Duisberg, dem sie unternehmerisches Geschick und herausragende organisatorische Fähigkeiten bescheinigen, heißt es unter anderem: „Duisberg engagierte sich (…) massiv für die Erfindung und Produktion von Giftgas im Ersten Weltkrieg. Dieser historische Befund ist unstrittig. Die Quellen belegen zudem, dass Duisberg mit dem Gaseinsatz kaum moralische Bedenken verband (…)„. Die Experten zitieren aus einem Duisberg-Brief von 1915: “Dieses Chlorkohlenoxyd ist das gemeinste Zeug, das ich kenne (…) Die einzig richtige Stelle aber ist die Front, an der man so etwas heute probieren kann (…)“