14. August 2015, Rheinische Post
Bayer streitet um das Recht auf Geheimhaltung
Das Oberverwaltungsgericht in Münster spricht am Dienstag das Urteil über die Kooperation des Leverkusener Konzerns mit der Uni Köln bzw. deren Transparenz. Kritiker fordern, den Vertrag einzusehen. Von Peter Korn
Im Frühjahr 2008 hat der Bayer-Konzern mit der Universität zu Köln eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharma-Forschung vereinbart. Die Kooperation ist inzwischen beendet, doch sie beschäftigt noch immer die Gerichte.
So spricht das Oberverwaltungsgericht in Münster am kommenden Dienstag das Urteil darüber, ob die Vertragsunterlagen zu dem Gemeinschaftsprojekt von Bayer und der Uni öffentlich einsehbar gemacht werden müssen.
Das fordern Kritiker: Sie behaupten, die Vertragsbedingungen blieben im Dunklen. „Wir befürchten eine Ausrichtung der pharmakologischen Forschung an öffentlichen Einrichtungen nach rein wirtschaftlichen Kriterien“, bemängelt die Coordination gegen Bayer-Gefahren, die darauf verweist, dass zehn Verbände die Forderung ebenfalls unterstützten, den Vertragstext offenzulegen.
Sogar die NRW-Datenschutzbeauftragte wissen die Kritiker auf ihrer Seite: „Sie befürwortet unser Anliegen“, heißt es. Daher wurde Klage eingereicht. In der Vorinstanz hatte das Bündnis vor zwei Jahren allerdings bereits einen Prozess verloren. Dennoch sind viele auf der Klägerseite überzeugt: „Unternehmen bestellen Studien, engagieren Professoren und finanzieren ganze Institute, die in ihrem Sinne forschen.“
Für die Beklagten – Bayer und die Uni Köln – geht es nach eigener Aussage allerdings weniger um die aktuelle Kooperation, die ja bekanntlich beendet sei. „Für uns geht es einfach ums Prinzip“, sagt Patrick Honecker, Sprecher der Kölner Uni: Im Kreise der Professoren sei zuletzt tatsächlich auch diskutiert worden, ob man Teile der Vertragsunterlagen nicht öffentlich zugänglich machen solle – denn es stehe nun wirklich nichts Brisantes darin. Am Ende stand jedoch eine einheitliche Entscheidung, wie Honecker betont: „Es geht hier um ein Verfassungsrecht. Wenn wir den Prozess verlieren, wird eben dieses Recht aufgeweicht. Und das wollen wir nicht zulassen.“
Auch eine Bayer-Sprecherin verwies gestern auf Anfrage unserer Zeitung auf besagten Artikel 5 des Grundgesetzes: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“, heißt es dort. Interessanterweise regele dieser Artikel auch die Pressefreiheit, „das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. All das seien wichtige Werte, die nicht aufgeweicht werden dürften. Sowohl Bayer als auch die Universität kündigten an, mit eigenen Juristen bei der Verhandlung vertreten zu sein.
Jahr für Jahr meldet sich auf Hauptversammlungen der Bayer AG die Coordination gegen Bayer-Gefahren zu Wort. Für die stramme Kritiker-Gruppe dürfte der Kampf auch bei einer Niederlage vor Gericht noch lange nicht vorbei sein.