Rheinische Post, 15. Dezember 2014
Giftgas-Befürworter Carl Duisberg: Initiative will Straße umbenennen
Die Stadträte in Dortmund und Lüdenscheid haben sich nach gezielten Forschungen ihrer Stadthistoriker für eine Umbenennung entschieden.
Krefeld hat offenbar mit Straßennamen, die einen nationalsozialistischen oder anderweitig zu verurteilenden Hintergrund haben, weniger Probleme als viele andere Städte. Wie berichtet hat eine Kommission nach acht Monaten der Prüfung lediglich vorgeschlagen, den anwohnerlosen Axel-Holst-Weg am Egelsberg umzubenennen. Holst war SS-Sturmbandführer und als Turnierreiter eine große Hoffnung für die Olympischen Spiele 1936.
Mit Straßenbenennungen etwa nach dem Wehrwirtschaftsführer Hans-Günther Sohl oder dem Sportfunktionär Carl Diem haben die Verantwortlichen Krefelds bislang kein Problem. Auch an der Carl-Duisberg-Straße in Uerdingen stößt sich bis heute keine Mehrheit im Rat und der Verwaltung.
Anders im Ruhrgebiet: Nach Dortmund will nun auch Lüdenscheid eine nach dem Industriellen Carl Duisberg (1861-1935) – einem Befürworter von Giftgas- und Zwangsarbeitereinsatz – benannte Straße umbenennen. Nach einem neuen Namen für den Duisbergweg wird noch gesucht, erklärte Stadtsprecher Wolfgang Löhn dem Evangelischen Pressedienst. Der Rat der Stadt hatte die Namensänderung vor einer Woche mit nur einer Gegenstimme beschlossen. Grundlage war eine Stellungnahme des Stadtarchivs.
Darin wird unter anderem darauf verwiesen, dass unter Duisbergs Vorsitz beim Chemiekonzern Bayer während des Ersten Weltkriegs Giftgas produziert wurde. Außerdem habe er mit anderen führenden deutschen Industriellen die gewaltsame Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchgesetzt.
Die pharmakritische Initiative „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ begrüßte die Entscheidung und rief dazu auf, auch in anderen Städten nach Duisberg benannte Straßen und Schulen umzubenennen. Nach Angaben der Initiative sind davon unter anderem Bonn, Krefeld, Wuppertal und Leverkusen betroffen. In Dortmund hatte die Bezirksvertretung Innenstadt-West die Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße beschlossen. Sie heißt nun Löwenweg.
In Krefeld soll sich der Rat alsbald mit den Empfehlungen der Kommission beschäftigen. Ingrid Schupetta von der NS-Dokumentationsstelle in Krefeld hat beispielsweise zur Hans-Günther-Sohl-Straße in Fichtenhain eine klare Meinung. „Meine Einstellung ist nicht zitierfähig“, sagte sie über den Verantwortlichen für das Leid vieler Zwangsarbeiter. Von Norbert Stirken