Presse Info vom 12. September 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Neues NRW-Hochschulgesetz: Kooperationen mit der Industrie bleiben im Geheimen
Unternehmen bestellen Studien, engagieren Professor und gründen Institute, die in ihrem Auftrag forschen. Trotz anders lautender Versprechen belässt die NRW-Landesregierung die Kooperation von Hochschulen mit der Industrie im Dunkeln.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert das Einknicken der NRW-Landesregierung vor den Drohungen der Wirtschaftsverbände. Auch künftig wird nach dem gestern beschlossenen „Hochschulzukunftsgesetz“ die Zusammenarbeit von Universitäten mit der Industrie im Geheimen stattfinden.
Der ursprüngliche Entwurf des Gesetzes hatte vorgesehen, zumindest die Inhalte, den finanziellen Umfang und die an den Drittmittelprojekten beteiligten Akteure vorab offenzulegen. Die Landesregierung gab jedoch dem Druck der Industrie nach und schwächte den entsprechenden Passus entscheidend ab: Die Öffentlichkeit wird nun erst im Nachhinein informiert. Art und Umfang der Offenlegung bleiben dabei im Ermessen von Hochschulen und Unternehmen; zudem kann eine Unterrichtung der Öffentlichkeit ganz unterbleiben, wenn angebliche Betriebsgeheimnisse in Gefahr sind.
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Das Gesetz bekräftigt das Primat wirtschaftlicher Interessen gegenüber einer dem Allgemeinwohl verpflichteten Forschung.“ Mimkes kritisiert, dass die Öffentlichkeit erst nach Beendigung einer Kooperation informiert werden soll. Hierdurch werde eine Diskussion über die Ausrichtung universitärer Forschung verhindert: „Öffentliche Einrichtungen, die aus Steuergeldern finanziert werden, müssen sich dieser Debatte stellen – und zwar nicht erst, wenn bereits Fakten geschaffen wurden. Die Firmen werden darauf drängen, den Großteil aller relevanten Informationen als „Betriebsgeheimnisse“ zu deklarieren“. Mimkes kritisiert, dass die Regierung ihr Versprechen gebrochen habe, für mehr Transparenz zu sorgen. Der Gesetzesentwurf ist online abrufbar (zu den Transparenzregeln siehe §72).
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte auf Offenlegung des im Jahr 2008 geschlossenen Kooperationsvertrags zwischen der Uniklinik Köln und der BAYER HealthCare AG geklagt, da sie eine Ausrichtung der pharmakologischen Forschung nach rein wirtschaftlichen Kriterien befürchtet. Der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit hatte den Vertrag geprüft und einer Einsichtnahme zugestimmt. BAYER und Uni Köln hatten sich über das Votum jedoch hinweggesetzt. Das Verfahren ist gegenwärtig beim Oberverwaltungsgericht in Münster anhängig.
Wie eng Uni Köln und der BAYER-Konzern kooperieren, wird auch an einer Personalie deutlich: Leiter des Hochschulrats ist Richard Pott, der mehr als zehn Jahre lang Vorstandsmitglied von BAYER war.
Hochschulzukunftsgesetz (HZG NRW), Drucksache 16/6694
§ 71 a
Transparenz bei der Forschung mit Mitteln Dritter
(1) Das Rektorat informiert die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über abgeschlossene Forschungsvorhaben nach § 71 Absatz 1.
(2) Hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten gelten die §§ 9 und 10 des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechend.
(3) Eine Information nach Absatz 1 findet nicht statt, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch die Gefahr des Eintritts eines wirtschaftlichen Schadens entsteht. Der oder dem Dritten ist vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Entwicklungsvorhaben und Vorhaben zur Förderung des Wissenstransfers entsprechend.
(5) Die Aufgabe und Befugnis der Hochschulen, die Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterrichten, bleibt ansonsten unberührt.