Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates,
meine Damen und Herren
mein Name ist Olivia Tawiah, ich bin Mutter von vier fast erwachsenen Kindern und seit knapp drei Jahren aktiv als Mitbegründerin der Düsseldorfer Transition Initiative “Stadt Im Wandel”, die sich an der internationalen Transition Town Bewegung orientiert.
Da mir das Thema Gentechnik schon länger Sorgen bereitet. habe ich vor einem Jahr gemeinsam mit weiteren aktiven Privatpersonen den weltweit stattfindenden March Against Monsanto für Düsseldorf organisiert, der am 24. Mai zum dritten Mal erneut stattfinden wird.
Klar ist, Monsanto kontrolliert mit wenigen weiteren Konzernen den Agro-Markt und BAYER ist eines der zehn größten Unternehmen, die in den Bereichen Pestizide und Saatgut einen Marktanteil von über 70 Prozent besitzen.
Das Ziel dieses Oligopols ist ganz eindeutig, den Markt unter sich aufzuteilen, Preise und politische Rahmenbedingungen zu diktieren und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren.
Zentrales Hilfsmittel hierbei sind Patente auf Pflanzen und Tiere.
Die Initiativen Coordination gegen BAYER-Gefahren und Kein Patent auf Leben! haben daher im vergangenen Jahr alle Patent-Anträge untersucht, die in den vergangenen zwanzig Jahren beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht wurden.
Von den rund 2.000 Patenten, die das EPA auf transgene Pflanzen gewährt hat, hatten 206 entsprechende Anträge von BAYER in den Jahren von 1980 bis 2012 Erfolg, unter anderem auf Mais, Weizen, Reis, Gerste, Soja, Baumwolle und sogar auf genmanipulierte Bäume.
Mich würde interessieren, wie viele Patente auf Pflanzen wurden im vergangenen Jahr ganz konkret von BAYER beantragt? Und wie viele davon wurden bewilligt?
Mit Gentechnik verbindet man generell Mais, Soja, Reis – genmanipulierte Bäume sind sicherlich vielen nicht bekannt.
Wofür benötigt BAYER eigentlich Patente auf genmanipulierte Bäume?
Und mal ganz allgemein gedacht.
Patente haben für mich immer etwas zu tun gehabt, mit Erfindungen, die Menschen mit ihrer Phantasie und ihrem Wissen entwickelt haben und sind eng verknüpft mit dem Begriff der Originalität.
Patente auf Lebewesen jeglicher Art, die die Natur hervorbringt, gehören nach meinem Empfinden nicht dazu.
Die Natur ist lange vor BAYER und allen anderen Chemiekonzernen entstanden.
Aber das ist wahrscheinlich eher ein Einwand für das EPA.
Auch die große Anzahl an Patenten verwundert mich, denn das Gentechnik-Programm von BAYER beruht im Wesentlichen auf nur zwei Techniken:
Einmal das herbizid-resistente Saatgut, das in Kombination mit den Pestiziden Glufosinat oder Glyphosat verkauft wird.
Das zweite betrifft Pflanzen, die das giftige Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten und dadurch Insekten abtöten.
Beide Verfahren sind schon seit den 90er Jahren auf dem Markt.
Von den erwähnten 206 genehmigten Patenten, beziehen sich 23 auf Resistenzen gegen Herbizide.
Diese Patente zur Glufosinat-Resistenz stammen zum Teil aus den 1980er Jahren und sind mittlerweile abgelaufen. Um die Laufzeit zu verlängern, hat BAYER bei wichtigen Pflanzen wie Soja und Baumwolle kleine Veränderungen am Erbgut vorgenommen und darauf neue Patente beantragt.
Da auch das Patent des Monsanto-Präparats Glyphosat abgelaufen ist, vertreibt BAYER diesen Wirkstoff inzwischen selbst und hält hierzu zehn eigene Patente.
Dazu ist ganz interessant zu wissen, dass oftmals ein Patent, zum Beispiel eins zum Glyphosat-Resistenz-Verfahren, gleichzeitig viele weitere, speziell auf unterschiedliche Pflanzenarten zugeschnittene Patentansprüche mit sich zieht.
Wegen der Gefahren für Mensch und Umwelt müssten Glufosinat und Glyphosat nach Ansicht von Umweltschützern sofort vom Markt genommen werden.
Darüber hinaus sind beide Techniken wegen der zunehmenden Resistenzbildung allenfalls noch ein paar Jahre wirksam und daher kaum zukunftstauglich.
Als Antwort darauf hat BAYER in den vergangenen Jahren eine Reihe von Tausch-Abkommen mit anderen Unternehmen geschlossen, unter anderem mit Monsanto, DuPont, Syngenta und Dow. So können seitdem auch Verfahren der Konkurrenz zum Einsatz kommen, aus denen Saatgut entsteht, das gegen zwei oder mehr Herbizide immun ist.
All das gelangt früher oder später in unsere Nahrungskette.
Da mittlerweile allgemein bekannt ist, dass der Einsatz von Glyphosat zur massenhaften Entstehung resistenter Wildkräuter führte, die mit immer mehr Pestiziden bekämpft werden müssen, stelle ich die Frage:
Warum geht Bayer weiterhin den Irrweg mit Glufosinat und Glyphosat, und weitet den Einsatz dieser Stoffe noch weiter aus?
In Köln sagt man traditionell “et hätt noch emmer joot jejange”, aber das ist noch lange kein Grund für BAYER das als Leitsatz zu nehmen!
Vielleicht ist die Antwort ja ganz einfach finanzieller Art.
Da drängt sich die Frage auf:
Wie hoch war der weltweite Umsatz mit genverändertem Saatgut im vergangenen Jahr effektiv?
Und wie hoch war der Umsatz des Herbizids Glufosinat, dessen Einsatz mit herbizidresistentem Saatgut gekoppelt ist?
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der ganze Einsatz von Giften und Chemikalien einem Kampf gegen Windmühlen gleicht, weil Gen-Pflanzen zunehmend wirkungslos werden, was Einbußen bei den landwirtschaftlichen Erträgen zur Folge hat.
Dazu kommt, dass die unzähligen alten Pflanzensorten, mit denen die meisten der hier Anwesenden aufgewachsen sind, unbemerkt der Normierung zum Opfer fallen und verschwinden, was zu Lasten der Vielfalt unserer Ernährung geht und unser aller Kulturerbe zerstört.
Und auch die Agrar-Forschung leidet unter der zunehmenden Patentierung von Pflanzen. Gerade in Entwicklungsländern werden lokal angepasste Techniken, die wirklich zu Ernährungssicherheit und ökonomischer Nachhaltigkeit beitragen können, durch teure Lizenzen behindert. Davor warnte bereits im Jahr 2008 der Weltagrarbericht der Vereinten Nationen und der Weltbank.
Ich finde es empörend, dass seitens BAYER weiterhin mit schönen Bildern und Slogans wie “Science for a Better Life” propagiert wird, die Konzernphilosophie sei ganz besonders darauf bedacht, die Landwirtschaft nachhaltig und widerstandsfähig machen, zum Wohle der Menschheit und um in der Lage zu sein, die wachsende Bevölkerung zu ernähren.
Die Realität beweist genau das Gegenteil.
Gemeinsam mit der Coordination für Bayer Gefahren, der Initiative “Keine Patente auf Leben” und einer Vielzahl von weiteren Gruppen und Einzelpersonen fordere ich den Ausstieg aus der sogenannten “Grünen” Gentechnik, denn die Versprechen, die mit gentechnischen Eingriffen einhergegangen sind, haben sich nie erfüllt. Weder wurden die Erträge signifikant gesteigert, noch wurde der Pestizid-Einsatz reduziert.
Das Versagen herbizid-resistenter Pflanzen geht auf Kosten der Umwelt, der Landwirte und somit auf Kosten der gesamten Menschheit.
Es wird Zeit, dass BAYER aus den Fehlern der Patent-Politik und der Gentechnik die richtige Lehre zieht und aufhört weiterhin Schein-Lösungen zu entwickeln.
Der Aufsichtsrat ist für die Machenschaften des Konzerns mitverantwortlich. Daher ist ihm die Entlastung zu verweigern.
Gleichzeitig ist es mir aber wichtig darauf hinzuweisen, dass wir alle auch unseren Teil dazu beitragen können, dass BAYER und die anderen Konzerne neue gesündere Wege einschlagen, indem wir bei unseren Kaufentscheidungen unser Geld aufmerksamer und bewusster einsetzen.
Ich lade Sie alle herzlich ein, am 24. Mai nach Düsseldorf zu kommen um an unserem Aktionstag teilzunehmen und sich von der vorhandenen Vielfalt an Ideen, Lösungsansätzen und gemeinschaftlicher Energie inspirieren zu lassen!