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[FR] Frankfurter Rundschau

Frankfurter Rundschau, 29. April 2014

Verhütungsmittel

Erin Brockovich gegen Bayer

Die bekannte amerikanische Aktivistin Erin Brockovich fordert, dass der deutsche Pharmakonzern Bayer ein Sterilisationsprodukt vom Markt nimmt. Das Mittel „Essure“ könne innere Organe verletzen. In den USA klagen derzeit mehr als 7000 betroffene Frauen.

Vor ein paar Tagen stand Erin Brockovich vor dem Gebäude des Obersten Gerichtshofs in Washington und sprach über das Thema, das sie schon ihr gesamtes Erwachsenenleben begleitet: sauberes Wasser. Die Umweltaktivistin beklagte lautstark, dass Soldaten und ihre Familien auf dem Armee-Stützpunkt Camp Lejeune in North Carolina jahrzehntelang verseuchtes Trinkwasser zu sich nehmen mussten.
Die groß gewachsene Blondine an der Seite der kleinen Verbraucher – in den USA ist das seit fast 15 Jahren ein gängiges Bild. Spätestens seit Julia Roberts in dem preisgekrönten Film „Erin Brockovich“ die Aktivistin in ihrem Kampf gegen das US-Unternehmen Pacific Gas and Electric verkörpert hat, ist Erin Brockovich zu einer festen Größe geworden. Die heute 53 Jahre alte Frau ist ein Tausendsassa des Umwelt- und Verbraucherschutzes in Amerika. Sie wird von Talkshow zu Talkshow gereicht. Organisationen, die die Aufmerksamkeit Brokovichs auf sich ziehen, haben es leichter, ihr Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen.
Das hat sich nun auch die pharmakritische Gruppe „Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG)“ zunutze gemacht. Erin Brockovich ist seit ein paar Monaten die prominenteste Aktivistin einer CBG-Kampagne gegen den deutschen Pharmakonzern. Das Bayer-Sterilisationsprodukt „Essure“, so die Vorwürfe, soll erstens nicht immer Schwangerschaften verhindern und könne zweitens innere Organe verletzen. In den USA klagten mehr als 7000 Frauen über schwere Nebenwirkungen, so CBG. Bayer weist die Vorwürfe zurück und sagt, die Sicherheit von „Essure“ sei durch Studien belegt.

Forderung an Bayer
Das aber hat Erin Brokovich nicht überzeugen können. Die Frau, die als Rechtsanwaltsgehilfin begann und mittlerweile ihren Lebensunterhalt als Rechercheurin von Umweltsauereien und Verstößen gegen den Verbraucherschutz verdient, ist für ihre Hartnäckigkeit bekannt. Auf einer Internetseite lässt sie Frauen aus den USA zu Wort kommen, die sich über Essure beklagen. Und Brockovich, die dem TV-Sender ABC gesagt hat, dass sie kein Geld für diese Kampagne bekomme, schreibt dazu: „Jede Frau hat das Recht, selbst zu entscheiden, welches Mittel sie zur Geburtenkontrolle verwendet. Aber wenn sie nicht über die verheerenden Nebenwirkungen informiert wird, dann ist das nicht richtig.“ Sie fordert Bayer auf, das Produkt schnell vom Markt zu nehmen.
An diesem Dienstag ist Bayer-Hauptversammlung in Köln – und Brockovich wird wahrscheinlich in Gedanken bei Michelle Garcia und Angela Lynch sein. Die beiden Amerikanerinnen wollten nach CBG-Angaben im Rheinland auf die Gefahren aufmerksam machen, die ihrer Meinung nach von „Essure“ ausgehen. Bei der Vorbereitung auf die Reise dürften sie auch auf die Selbstcharakterisierung von Brockovich gestoßen sein. Die Frau sagt von sich, sie sei so etwas wie ein moderner David, der es liebe, mit den Goliaths unserer Zeit zu raufen. An Selbstbewusstsein hat es ihr noch nie gemangelt. Von Damir Fras