Berliner Zeitung, 14. Oktober 2013
Gentechnik
Monsantos Helfer
Deutsche Konzerne mischen an vorderster Front beim Kampf um den Saatgutmarkt mit und sichern sich mit der Patentierung gentechnisch veränderter Pflanzen, bestimmter Verfahren oder Gen-Sequenzen entscheidende Claims.
Bei der Gentechnik auf dem Acker gilt Kritikern der US-Agrokonzern Monsanto als das Feindbild schlechthin. Wer Gentechnik sagt, meint Monsanto. Dass diese Betrachtungsweise zu kurz greift, ist einer Recherche der Organisationen „Kein Patent auf Leben“ und „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ zu verdanken. Zwar ist Monsanto in der Tat der weltgrößte Saatguthersteller, der immerhin satte 27 Prozent des Markts beherrscht. Auch führt das Unternehmen aus St. Louis im US-Bundesstaat Missouri wegen seiner Herbizid-resistenten Pflanzen den Verkauf von Unkrautkillern an.
Das wars dann aber auch schon. Denn bei der Patentierung transgener Pflanzen haben andere die Nase vorn. Da liegen deutsche Konzerne weit vor Monsanto. Bayer mit seinem Agro-Ableger Crop Science und auch der Ludwigshafener Konzern BASF haben bis 2012 erheblich mehr Patente am Europäischen Patentamt erteilt bekommen. Das Bild verschiebt sich zwar, wenn man die insgesamt beantragten Patente betrachtet. Aber auch dann hat etwa BASF mehr zu bieten als Monsanto. Und betrachtet man nur die letzten drei Jahre, belegen BASF mit 69 und Bayer mit 56 Patenten transgener Pflanzen die ersten Plätze. Reis, Soja, Weizen, Mais, Tomaten, auch Pappeln und Eukalyptus sind als Gen-Pflanzen von deutschen Konzernen patentiert worden.
Das bedeutet: Deutsche Konzerne mischen an vorderster Front beim Kampf um den Saatgutmarkt mit und sichern sich mit der Patentierung gentechnisch veränderter Pflanzen, bestimmter Verfahren oder Gen-Sequenzen entscheidende Claims. Das hat Monsanto bereits 2007 entdeckt und kooperiert inzwischen mit beiden Konzernen. So steckt im trockenheitsresistenten Mais Mon 87 460 auch BASF-Know-how. Dieser Mais soll demnächst von der EU als Lebens- und Futtermittel zugelassen werden.
Im Super-Mais SmartStax (er produziert sechs verschiedene Insektizide) steckt ebenfalls Bayer-Technologie, da diese Pflanze nicht nur gegen das Monsanto-Herbizid Glyphosat, sondern auch gegen das Bayer-Herbizid Glufosinat-Ammonium immun ist . Beide Mittel stehen seit langem in der Kritik. Glufosinat soll sogar Föten schädigen können und soll deshalb 2017 vom EU-Markt verschwinden.
Dessen ungeachtet plant Bayer den Bau einer neuen Glufosinat-Produktionsstätte in den USA. Zugleich könnte der Konzern von dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA profitieren. Denn der Katalog der USA sieht nicht nur vor, die jeweiligen Zulassungspraktiken für Gen-Pflanzen als gleichwertig anzuerkennen, sondern auch eine Anhebung der Rückstandswerte chemischer Substanzen in Lebensmitteln.
„Wer das Saatgut kontrolliert, beherrscht die Welt“ – mit diesem Satz wird gerne Ex-US-Außenminister Henry Kissinger zitiert. Tatsache ist, dass bei Saatgut aus gentechnischer wie konventioneller Züchtung und bei Pestiziden schon heute die zehn größten Unternehmen auf einen Marktanteil von 70 Prozent kommen. „Damit“, sagt die Gentechnik-Expertin des BUND, Heike Moldenhauer, „zielen die Konzerne auf die Herrschaft über den Schlüsselmarkt schlechthin, unsere Ernährung.“ Von Stephan Börnecke