Das Urteil des VG Köln vom 06. Dezember 2012, mit dem unsere Klage auf Offenlegung des Kooperationsvertrags zwischen der Universität Köln und dem Bayer Konzern abgewiesen wurde, ist nicht allein für uns als Kläger eine große Enttäuschung gewesen, sondern ebenso für alle Initiativen und Personen, die uns in dem Bemühen unterstützen, mehr Licht in das Dunkel der sich immer mehr ausbreitenden Drittmittelforschung an deutschen Hochschulen zu bringen sowie die damit unmittelbar zusammenhängende Fremdbestimmung durch die Wirtschaft und die darauf beruhenden Bedrohungen für die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre.
Wir danken allen, die uns mit Rat und Tat und auch in finanzieller Hinsicht dabei unterstützt haben, trotz der massiven Übermacht der Gegenseite und der Lobbyisten, den mit dem Rechtsstreit verbundenen Marsch durch die Instanzen nun mit unveränderter Energie und Beharrlichkeit fortführen zu können. Die überraschend große Unterstützung und Sympathie, die wir von vielen Seiten erfahren haben, ist für uns zugleich Verpflichtung, die Auseinandersetzung im Rahmen der Berufung vor dem OVG Münster und ggf. auch noch darüber hinaus zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.
Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen und bundesweit werden zunehmend abhängig von Drittmitteln, d. h. von Geld, welches sie von Konzernen wie Bayer oder aus Fördertöpfen mit eigenen wirtschaftlichen Interessen erhalten. Das ist eine Entwicklung, die von breiten Teilen der Öffentlichkeit zu Recht mit Skepsis und großer Sorge beobachtet wird. Die Kooperation zwischen der Universität Köln und der Bayer Pharma AG ist dafür ein typisches Beispiel.
Welchen Einfluss nimmt der Konzern auf die Forschung an der Uni? Gefährdet das Geld von Bayer die Unabhängigkeit der Universität und ihrer Forschungseinrichtungen sowie die der in die Kooperation mit dem Wirtschaftsunternehmen eingebundenen Wissenschaftler? Auf all die damit in Zusammenhang stehenden Fragen gibt das Urteil des VG Köln keine Antwort. Die Kammer interessierte vor allem: Kann sich der Kläger auf den Wortlaut des Informationsfreiheitsgesetzes berufen? Die Antwort des Gerichts: Er kann nicht! Denn der Bereich von Forschung und Lehre ist in § 2 Abs. 3 IFG-NRW explizit vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Und die Tatsache, dass das Gericht sich in den Entscheidungsgründen zu dem Urteil zum weit überwiegenden Teil allein mit der Frage befasst hat, ob der Kooperationsvertrag unmittelbar den Bereich von Forschung und Lehre berührt, erscheint geradezu absurd. Problematisch ist demgegenüber vor allem, dass die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 3 IFG-NRW sehr allgemein und weitgehend formuliert ist: eine sorgfältige Güterabwägung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Informationsfreiheit erscheint so von vornherein unmöglich.
Im Rahmen der Berufung machen wir nun geltend, dass die im Informationsfreiheitsgesetz NRW enthaltene Ausnahmeregelung (welche sich außer in Sachen-Anhalt und Hamburg in keinem der anderen Informationsfreiheitsgesetze von Bund und Ländern wiederfindet!) gegen die im Grundgesetz verankerten Prinzipien von Willkürverbot und Übermaßverbot verstoßen. Willkür und Übermaß haben im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu § 2 Abs. 3 IFG-NRW erkennbar eine Rolle gespielt, weil die Abgeordneten des nordrhein-westfälischen Landtags einseitig und ohne jegliche verfassungsrechtliche Überlegungen anzustellen, von einer allgemeinen und absoluten Geheimhaltungspflicht im Bereich der Wissenschaft ausgegangen sind. Dies trotz der seit Jahren anhaltenden Debatte in der Öffentlichkeit (Medien, Bundestag und den jeweiligen Länderparlamenten, Deutscher Hochschullehrerverband, Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragte von Bund und Ländern etc.) zu der Fehlentwicklung einer zunehmenden Abhängigkeit der Hochschulen von Drittmitteln aus der freien Wirtschaft und den damit verbundenen Gefahren für die Unabhängigkeit der Wissenschaften. Die uns vorliegenden Protokolle und Dokumente zu dem Gesetzgebungsverfahren im Düsseldorfer Landtag lassen vermuten, dass, wie seit einigen Jahren in Bund und Ländern üblich (vgl. u. a. Hochschulfreiheitsgesetz NRW), die wesentlichen Planungen und Vorlagen speziell zu § 2 Abs. 3 IFG-NRW nicht durch die dafür zuständigen Ministerialbeamten und Mitarbeiter im Parlament ausgeführt wurden, sondern dass diese durch angeblich
nur „beratende“ Wirtschaftskanzleien in eigener Regie übernommen
wurden. Der Prozessbevollmächtigte des beigeladenen Bayer Konzerns, ein Rechtsanwalt aus der einschlägig bekannten Wirtschaftskanzlei Freshfields und Partner, würde uns dazu ganz sicher etwas verraten können, wenn er dazu denn nur durch das Gericht entsprechend befragt würde.