13. September 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Tiermast
Noch mehr Antibiotika im Einsatz
Erstmals hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Menge der in Deutschland verbrauchten Tier-Antibiotika veröffentlicht. Demnach ist der Missbrauch deutlich höher als befürchtet: Pharma-Konzerne und Großhändler haben im vergangenen Jahr 1.734 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben. Bisherige Schätzungen gingen von rund 1.000 Tonnen aus. Noch vor zehn Jahren wurde weniger als die Hälfte verbraucht.
Die Zahlen belegen, dass in der Intensiv-Tierhaltung 40 Mal mehr Antibiotika eingesetzt werden als in deutschen Krankenhäusern, und sieben Mal mehr als in der Humanmedizin insgesamt. Der übermäßige Medikamenten-Einsatz bei Nutztieren begünstigt die Entwicklung resistenter Erreger. Immer mehr Menschen sprechen auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht mehr an. Wegen Infektionen mit resistenten Keimen sterben in Deutschland jährlich rund 15 000 Menschen.
Den Schwerpunkt der Antibiotika-Gaben bilden Tetrazycline mit 576 Tonnen und Aminopenicilline mit 505 Tonnen. Des weiteren wurden 8,0 Tonnen Fluorchinolone und 3,8 Tonnen Cephalosporine der 3. und 4. Generation abgegeben. Besonders die Verwendung von Wirkstoffen der 3. und 4. Generation wird allgemein als sehr kritisch eingestuft, da diese Wirkstoffe als „Reserveantibiotika“ für die Humanmedizin von großer Bedeutung sind. Der BAYER-Konzern bietet mit Baytril aus der Klasse der Fluochinolone ein solches Reserveantibiotikum für die Tiermast an.
Erst auf mehrmalige Nachfrage Kritischer Aktionäre hatte der BAYER-Vorstandsvorsitzende in der jüngsten Hauptversammlung die Verkaufszahlen genannt: allein 2011 machte BAYER demnach mit Baytril einen Umsatz von 166 Millionen Euro. 118 Millionen Euro wurden in der Massentierhaltung abgesetzt, der Rest im Haustierbereich. Baytril ist eng verwandt mit den in der Humanmedizin verwendeten Präparaten Ciprobay (Wirkstoff: Ciprofloxacin) und Avalox (Wirkstoff: Moxifloxacin).
„Hühner in großen Mastanlagen brauchen Antibiotika, damit sie überleben, bis sie schlachtreif sind„, kritisierte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder gegenüber der SZ. „Lungenleiden und andere Krankheiten entstehen, weil zu viele Tiere auf engstem Raum im eigenen Dreck sitzen.“ Eine Untersuchung aus Nordrhein-Westfalen zeigte im vergangenen Jahr, dass in der Hähnchenmast 96,4 Prozent der Tiere Antibiotika erhielten. Zum Teil wurden innerhalb kurzer Zeit acht verschiedene Wirkstoffe verabreicht.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert:
=> ein Verbot der quälerischen Massentierhaltung, die den exzessiven Einsatz von Bakteriziden erst notwendig macht;
=> eine lückenlose Dokumentation aller Antibiotika-Anwendungen im Tierstall (mit Mengenangaben);
=> ein Verbot der routinemäßigen Beigabe von Antibiotika in Tierfutter und diesbezügliche Kontrollen und Strafen;
=> Verwendung von Antibiotika nur unter strengster Indikation und nur durch Tierärzte/innen; Ziel muss eine antibiotikafreie Tierzucht sein;
=> Verbot der routinemäßigen Behandlung ganzer Tierbestände.