Presse Information vom 3. Juli 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Fehlbildungen durch Duogynon: Prozess gegen BAYER
Tausende Geschädigte durch hormonelle Schwangerschafts-Tests / Risiken frühzeitig bekannt
Prozessbeginn: 5. Juli, 13 Uhr
Ort: Landgericht Berlin, Tegeler Weg 17-21, Raum I/100 Altbau
Aktenzeichen: 1 O 60/11
Am Donnerstag beginnt am Landgericht Berlin der Prozess von Geschädigten des hormonalen Schwangerschaftstests Duogynon gegen die Bayer Pharma AG. Der Einsatz des Präparats führte in den 60er und 70er Jahren zu schweren Fehlbildungen. Stellvertretend für Tausende von Geschädigten hat der Grundschul-Lehrer Andre Sommer nun eine Haftungs-Klage eingereicht.
Andre Sommer wörtlich: „Es geht uns um Aufklärung und Gewissheit. Bayer sollte endlich alle Unterlagen zu Duogynon offen legen. Es kann nicht sein, dass sich der Konzern weiterhin auf Verjährung beruft und jede Aufklärung verweigert – dies ist eine Verhöhnung der mutmaßlichen Duogynon-Opfer.“
Nach Ansicht von Jörg Heynemann, dem Anwalt von Sommer, hat Bayer das Recht verwirkt, sich auf Verjährung zu berufen, weil Schering auch unredliche Mittel nutzte, um die schädigende Wirkweise von Duogynon zu vertuschen. Hierfür hat Heynemann mehrere Beweismittel angeboten und einen ehemaligen Schering-Mitarbeiter als Zeugen benannt.
Schering gehört seit 2006 zum Bayer-Konzern. Kürzlich aufgetauchte Dokumente belegen, dass dem Unternehmen Schering die Risiken des Präparats, darunter Herzfehler, fehlende Gliedmaßen, Gaumenspalten und Nierenschäden, frühzeitig bekannt waren. Heute Abend wird auch das TV-Magazin Frontal 21 über den Fall berichten.
Unterstützt werden die Betroffenen von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Auf Einladung der CBG haben Geschädigte in der BAYER-Hauptversammlung mehrfach eine Entschuldigung des Konzerns gefordert. Philipp Mimkes vom Vorstand des Netzwerks: „Die Betroffenen leiden täglich unter den Mißbildungen und müssen ständig ärztlich behandelt werden. Es ist sittenwidrig, dass sich Bayer mit dem Argument der Verjährung aus der Verantwortung stehlen will. Wir fordern gesetzliche Regelungen, die eine Verjährung bei dauerhaften Schädigungen durch Medikamente ausschließen!“. Mimkes erinnert daran, dass Schering den betroffenen Eltern in den 70er Jahren ein Vergleichsangebot unterbreitete – unter der Bedingung, dass diese ihre öffentliche Kritik unterließen.
Mitarbeiter von Schering hatten frühzeitig vor den Risiken von Duogynon gewarnt. So schrieb ein für Schering arbeitender Wissenschaftler im November 1967 an die Firmenleitung: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme geborener Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ 1969 forderte die britische Behörde Committee on Safety of Drugs von Schering die Herausgabe der Labordaten bezüglich Duogynon. Nach Auswertung der Unterlagen wurde auf den Schachteln eine Warnung angebracht, wonach das Präparat wegen des Risikos von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden dürfe. Schering strich daraufhin in Großbritannien die Indikation Schwangerschaftstest, nicht jedoch in Deutschland.