An die Europäische Kommission
Generaldirektion Wettbewerb
Registratur Staatliche Beihilfen
1049 Brüssel, Belgien
und die
Europäische Kommission
z.Hd. der Generalsekretärin
B-1049 Brüssel
Belgien
betr. geplante TDI Anlage der Firma Bayer, Dormagen Umweltstandard und geplante Finanzierung durch die staatliche KfW-Bank
Hier möglicher Verstoß gegen
=> Wettbewerbsrecht (Article 107 of the Treaty on the Functioning of the European Union (TFEU)
=> IED-Rl 230/75/EU
=> Seveso-Rl 96/82/EG
=> Emissionshandels- Rl 2003/87/EG
=> Umwelthaftungs-Rl 2004/35/EG
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Firma BAYER hat die Genehmigung nach BImschG §4,10ff für die Errichtung und Betrieb einer TDI-Anlage im Chemiepark Dormagen beantragt. Ein Vorbescheid wurde bereits erteilt. (s. Anlage 1)
Die Firma erhält nun einen Kredit in Höhe von 150 Mio Euro (s. Anlage 2) durch die staatliche KfW-Bank für dieses Vorhaben. Begründet wird dies mit angeblichen Einsparungen von Energie und Einsatzstoffen.
Wir erheben hiermit Beschwerde gegen die Kreditvergabe aus öffentlichen Mitteln und das Vorhaben mit Bezug auf die o.g. Richtlinien aus folgenden Gründen:
a) Die Energieeinsparung ist für uns nach Einsichtnahme in die Antragsunterlagen und Teinahme am Erörterungstermin (s. Anlage 3) nicht nachvollziehbar, da die Firma sich geweigert hat, konkrete Aussagen zum gesamten Energieverbrauch aller Energieträger zu machen. Sie macht lediglich Angaben zum Gasverbrauch, nicht zur eingesetzten Strommenge z.B. aus fossilen Energieträgern.
b) Prozentuale Angaben zur Energieeinsparung (hier angeblich 60%) und Lösungsmittelreduzierung (hier angeblich 80%) sind ohne Vergleichsgrößen aus der bestehenden Anlage nicht beweiskräftig, insbesondere wenn diese nur über ca. 26,5% ( 80.000 t/a) der Kapazität der Neuanlage (300.000 t/a) verfügt. Verbesserungen des technischen Standards als Begründung für die staatliche Beihilfe sind somit anzuzweifeln.
c) Die Firma verwies bei Zweifeln zur Funktionsfähigkeit der geplanten Anlage auf die Produktion an ihrem chinesischen Standort, gab aber keine Daten dazu heraus. Somit sind diese Aussagen nicht zur Ersatzrechtfertigung heranzuziehen.
d) Die beantragte Anlage stellt nur eine Teilanlage im Sinne der IED-Richtlinie (Artikel 3,3.) dar. Wesentliche Anlagenbereiche, die im technischen Zusammenhang (z.B. über Rohrverbindungen ) mit der TDI-Produktion stehen (CO-Anlage, Lagerbereich, Kälteanlage und Abwasserbehandlung“HCl-Anlage“) und ohne die dieser Teil der TDI-Produktion nicht betrieben werden kann, sind jedoch in andere Genehmigungsverfahren bzw. an andere Betreiber ausgelagert worden. (s.a. Anlage 5) Dies macht eine Beurteilung der Gesamtauswirkungen dieser Produktion auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung sowie die Erhebung der tatsächlichen Zusatzbelastung durch die Gesamtanlage unmöglich und suggeriert durch diese Auslassung eine Verbesserung. Zwar werden einige Umweltauswirkungen dieser ausgelagerten Anlagenteile in einer gemeinsamen Umweltverträglichkeitsprüfung behandelt, jedoch sind die den Schlussfolgerungen zugrunde liegenden Angaben allgemein, nicht nachvollziehbar und unverbindlich, da es dazu noch keine bindenden Antragsunterlagen gibt. (insbesondere CO-Anlage).
Die Aufsplittung einer Gesamtanlage in Teilanlagen und Verlagerung auf mehrere Antragsteller widerspricht dem Anspruch der integrierten Anlagenbeurteilung und –Genehmigung und unterläuft somit die IED-Richtlinie in der Betrachtung der Gesamtauswirkungen einer . Die Splittung (demnächst bis zu einzelnen Schornstein?) stellt auch eine Wettbewerbsverzerrung dar, da ein an anderen Standorten angewandtes integriertes Vorgehen (s. Anlage 4) ggfs. zu mehr Auflagen führen kann bzw. die Genehmigungsfähigkeit in Frage stellen kann. Dabei wäre selbst lt. Bayer der Bau der zusätzlichen Kälteeinheit und die zusätzliche CO-Produktion ohne die TDI-Anlage nicht notwendig.
e) Die Auslagerung der erheblichen Energieverbräuche und Emissionen aus den Anlagenteilen zur CO- und Kälteproduktion sowie zur HCl- Behandlungen führen auch zur mangelnden Berücksichtigung bei den Treibhausgasemissionen (s.z.B. Anlage 3,S:14/15 ). Auch dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen.
f) Die Abstände zu den umliegenden , gefährlichen Anlagen waren zum Zeitpunkt der Erörterung teilweise noch nicht bekannt, da – wie oben angeführt – noch gar nicht alle zugehörigen Anlagenteile (HCl-Anlage, VBD-Lager, CO-Anlage, Kälteanlage) vorhanden sind (s.Anlage 3,S.42) und auch ihre genaue Lage, konkreten Kapazitäten sowie technische Verfahren sowie Emissionsumfang und Gefährdungspotentaial noch nicht feststehen. So ist die Einhaltung der Abstände gemäß Seveso-Richtlinie noch ungeklärt. Das Gutachten, welches die Bezirksregierung hat erstellen lassen, ist bisher nicht veröffentlicht worden.
Der Standort für die geplante Anlage ist ca. 250 m von der öffentlichen Bahnstrecke entfernt. Das sog. Sicherheitskonzept, mit dem der Verzicht auf Betonumhüllung, Ammoniakwand und ausreichende Abstände zu umliegenden Anlagen und Wohnbebauung gerechtfertigt wird, reicht unseres Erachtens anch nicht aus, um im Freisetzungsfalle Umwelt und Gesundheit zu schützen.
g) Weder in den Antragsunterlagen noch in der Erörterung sind konkrete Aussagen zur Höhe der Umwelthaftung gemacht worden. Dies erhöht um so mehr die Unsicherheit für den beantragten Kredit.
h) Die beantragte Kreditfinanzierung durch die staatliche KfW-Bank läßt Zweifel an der Kreditwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Firma Bayer aufkommen. Angesichts der erheblichen Gewinne, die diese Firma ihren Aktionären ausschütten kann, stellt sich die Frage, ob diese Ausschüttung rechtmäßig ist, wenn anderseits nicht genügend Rücklagen und Kapital für die Anlagenplanung vorhanden ist.
i) Es steht zu befürchten, dass durch die unzureichende Planung die beantragten Mittel für die Anlage nicht ausreichen und zusätzliche Kredite benötigt werden, will man das dann bereits verbaute Geld nicht abschreiben. Dies führt dazu, dass hier unrechtmäßige Subventionierung einer äußerst fragwürdigen Anlagenplanung erfolgt, die so an anderen Standorten Europas weder erlaubt noch wegen der fehlenden staatlichen Unterstützungsmöglichkeit vorhanden wäre.
j) Sollte sich zudem die aus dem Prozess resultierende, erhebliche Menge 30% Salzsäure nicht wie beabsichtigt vermarktbar sein, würde dies zu zusätzlichen Kosten der Behandlung und Entsorgung führen. Es ist unklar, ob der resultierende Gewinn dann ausreicht, die Kreditsumme abzutragen.
Diese Beschwerde ergeht direkt an Sie, weil
a) unsere Argumente und Fragen im Erörterungstermin nur unzureichend beantwortet wurden (s. Anlage 3) und auch die wenigen nachgelieferten Unterlagen hier zu keiner Beantwortung führen.
b) jede höhere Instanz in Deutschland nach unseren Erfahrungen bei Genehmigungsverfahren im Chemiebereich die Entscheidung der zuständigen Behörde nicht rückgängig macht, da ansonsten die Industrie mit hohen Schadensersatzklagen droht.
c) unsere Korrespondenz mit der Bank keine ausreichende Beantwortung brachte. (s. Anlage 6)
d) die Innovationsvorsprünge, die u.a. die deutsche Chemieindustrie gerne anführt, für uns in den Genehmigungsverfahren nicht nachvollziehbar ist, weil regelmäßig mit kleinen Ressourceneinsparpotentialen erhebliche Kapazitätserweiterungen einhergehen, die die absoluten Emissionen weiter erhöhen.
Wir bitten Sie um neutrale und unabhängige Prüfung unserer Beschwerde
Mit freundlichem Gruß
Diplom-Kaufmann Dieter Donner
BUND-Regionalgruppe Düsseldorf im Landesverband NRW
Humboldtstraße 64, D40723 Hilden
Tel. +49210365030 Fax. +492103336491
Mail. dieter.donner@bund.net
Philipp Mimkes
Geschäftsführer Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
Kirchweg 65, D 50858 Köln