Sehr geehrter Herr Köhler-Schnura,
Einbrüche bei und Verfolgung von Konzernkritikern durch „Privatdetektive“ gehören anscheinend zu den üblichen Droh- und Behinderungsstrategien gegenüber Kritikern von Pharmaunternehmen.
Im Jahre 1986 hatten mich einige Pharmafirmen in Hamburg verklagt, weil ich ihre Produkte negativ bewertet hatte. Ich sollte meine Bewertung widerrufen. Als ich das ablehnte, erfolgte Klage. Im Verlaufe dieser Verfahren stellten meine Frau und ich fest, dass wir beobachtet und verfolgt wurden. Da ich zu dieser Zeit politischer Beamter war, melde ich meine Beobachtungen an den Staatsschutz. Kurz danach hörte die Beschattung auf, was mir der Staatsschutz dann auch bestätigte. Es war dieser Institution anscheinend bekannt, dass Wirtschaftsunternehmen derartige Praktiken zur Einschüchterung oder Ausspähung einsetzen, um Druck auf Kritiker auszuüben.
Im Jahre 1997 verklagten Pharmafirmen die Herausgeber des „Arzneiverordnungs-Report ‚97“. Im Klageverfahren legten die Kläger eine anwaltlich beglaubigte Kopie eines Honorarvertrages zwischen dem AOK-Bundesverband und dem Herausgeber Prof. Schwabe vor, um zu beweisen, dass dieser abhängig sei und im Solde der AOK stehe. Das erklärte dann einen rätselhaften zweimaligen Einbruch in die Registratur des AOK Bundesverbandes in Bonn, einmal um den Vertrag zu entnehmen und einmal, um ihn zurück zu bringen, damit das Fehlen nicht auffällt. Allerdings gingen die Aktivität der firmeninduzierten Einbruchserie fehl, denn der Vertrag bezog sich offenkundig nicht auf den Arzneiverordnungs-Report ‘97, sondern auf die Honorierung eines Forschungsvorhaben zur damals von Schwabe u.a. entwickelten ATC-Klassifikation für die Arzneimittelabrechnungen der AOK.
Sie sehen, dass die ehrenwerte Gesellschaft der „forschenden“ Pharmaunternehmen die bei Ihnen auffällig gewordenen Einbrüche schon seit langen Jahren als Ausforschungsmethode betreibt. Mich wundert das Vorkommnis bei Ihnen jedenfalls nicht.
Vielleicht hilft Ihnen die Kenntnis dieser Episoden der „Forschung“ forschender Pharmaunternehmen weiter. Das scheint nun mal in das übliche ethische Korsett forschender Pharmafirmen zu passen.
Mit freundlichem Gruß
Prof. Dr. Peter Schönhöfer