Rheinische Post, 25. April 2012
Kritiker: Tote durch Bayer-Tests
Die Vorwürfe klingen hart, die die Verfasser der Gegenanträge zur Bayer-Hauptversammlung am kommenden Freitag erheben. Auf 15 Seiten ist aufgelistet, was vor allem die Vereinigung Coordination gegen Bayer-Gefahren dem Konzern und seinen Managern, aber auch dem Aufsichtsgremium um Manfred Schneider vorwirft.
Der muss sich in seiner letzten Aktionärsversammlung als Aufsichtsratschef die Kritik gefallen lassen, dass Bayer immer mehr gefährliche Medikamenten-Tests in Schwellenländer verlege. „Dort locken ein großes Reservoir an Probanden, niedrige Preise, schnelle Verfahren und geringe behördliche Aufsicht. Allein in Indien kam es bei Menschenversuchen von Bayer zu mindestens 138 Todesfällen“, kritisiert Axel Köhler-Schnurra vom Vorstand der Coordination gegen Bayer-Gefahren. Unter anderem lasse Bayer in Indien sein Krebsmittel Nexavar, das Thrombose-Präparat Xarelto und das Potenzmittel Levitra testen. Das indische Gesundheitsministerium verzeichnte innerhalb der vergangenen vier Jahre 138 Todesfälle bei Versuchsteilnehmern, vier davon bei Xarelto-Tests. „Bayer hat den Hinterbliebenen Entschädigungen von gerade mal 5250 Dollar gezahlt – in Europa drohen in solchen Fällen Millionenklagen“, schreibt Köhler-Schnurra. Allein deshalb sei der Vorstand von den Aktionären nicht zu entlasten. Vielmehr solle Bayer relevante Daten zu klinischen Studien in Indien offenlegen.
Unlautere Vermarktungsmethode
Seit Jahren auf der Liste der Gegenanträge: die Kritik an den Pestiziden Gaucho und Poncho. Sie sollen laut Coordination für Bienensterben mitverantwortlich sein. Dennoch stelle Bayer aus „Profitgründen“ den Verkauf der Wirkstoffe nicht ein.
An Xarelto kritisiert die Coordination „unlautere“ Vermarktungsmethoden: „Zu befürchten ist, dass ein risikoreiches und überteuertes Präparat ohne therapeutischen Zusatznutzen in den Markt gedrückt wird.“ Überhaupt würden hohe Medikamentenpreise nicht vorrangig durch Entwicklungskosten, sondern durch „exorbitantes Marketing“ verursacht.
Die Tierschutzorganisation Peta moniert, Bayer veröffentliche nicht, welche Maßnahmen getroffen würden, um die Einhaltung der „konzerneigenen Grundsätze zu Tierschutz und Tierversuchen“, zu gewährleisten.
Ein Antrag wird Aufsichtsratschef Schneider und Kollegen wohl aufhorchen lassen: „Jedes Mitglied des Aufsichtsrates erhält eine Vergütung in Höhe von monatlich 2000 Euro. Mit dieser festen Vergütung werden die Arbeit und die Auslagen der Aufsichtsratsmitglieder angemessen und hinreichend abgegolten“, fordert ein Aktionär. VON LUDMILLA HAUSER