Die Rheinische Post geht auf unsere Forderung ein, die nach Carl Duisberg benannten Straßen und Schulen in Leverkusen, Bonn, Wuppertal und anderen Städten in NRW umzubenennen. Wegen seiner Verantwortung für den Einsatz von Giftgas, die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und die enge Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime taugt Duisberg nicht als Vorbild für künftige Generationen. (Ausführliche Infos zur Kampagne)
Rheinische Post, 10. April 2012
Streit um Hindenburg
Der Hindenburgplatz in Münster heißt ab sofort Schlossplatz, weil Hindenburg zum Entstehen des Nazi-Regimes beigetragen habe. In Leverkusen sieht die Stadt keinen Handlungsbedarf, die Hindenburgstraße umzubenennen.
Die Stadt Münster hat gerade den „Hindenburgplatz“ in „Schlossplatz“ umbenannt. Damit beendete der Münsteraner Stadtrat eine 65 Jahre dauernde Diskussion. Im Mittelpunkt des zuletzt teils heftig geführten Streits stand Paul von Hindenburg (1847 bis 1934), der letzte Reichspräsident der Weimarer Republik. Er ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler und trug so stark zum Entstehen des Nazi-Regimes bei, sagen Historiker vor allem in neuen Bewertungen.
Auch Leverkusen erinnert mit der „Hindenburgstraße“ an den umstrittenen Generalfeldmarschall. „Eine Umbenennung ist derzeit bei uns kein Thema“, sagte Leverkusens Stadtdirektor Rainer Häusler auf Anfrage unserer Zeitung. Die Hindenburgstraße in Wiesdorf verläuft auf etwa 500 Meter Länge zwischen Rathenaustraße und Manforter Straße.
Viele Wohnhäuser, die St. Hildegard-Kirche (hier ist der Wochenmarkt), der katholische Kindergarten und der Hindenburgpark liegen an der relativ zentralen Straße. In der Nähe liegt ein Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem ein Jugendtreff untergebracht ist. Wupsi-Fahrgäste werden täglich auf mehreren Buslinien mit der Haltstelle „Hindenburgstraße“ an die Historie erinnert.
Straßenumbenennung scheiterte
Einen Straßenumbenennungsversuch gab es zuletzt im September 2011. Dauer-Bayer-Kritiker versuchten, die Namensänderung für die Carl-Duisberg-Straße zu erreichen. Die sogenannte Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) wirft dem ehemaligen Generaldirektor die enge Zusammenarbeit mit den Nazis und anderes vor. Der Leverkusener Stadtrat lehnte eine Änderung des Straßennamens unter anderem wegen der Verdienste Carl Duisbergs für Leverkusen ab.
Die Straßenumbenennung in Münster wurde vom dortigen Stadtrat mit 53 zu 23 Stimmen entschieden.
Die CDU zählte zu den Umbenennungsgegnern. Nicht so der Münsteraner CDU-Oberbürgermeister Markus Lewe. In der digitalen Zeitung RP Plus wird er zitiert: „Hindenburg steht persönlich und unmittelbar im Verhängnis historischer Entscheidungen, die zu unermesslichem Leid und Elend geführt haben. Er kann kein politisches Vorbild sein. Ihm gebührt keine öffentliche Ehrung.“
Kritisches Bewusstsein wächst
Die Liste der Argumente dafür und dagegen ist lang. Die Umbenennungsgegner sagen, Straßennamen gehörten zur Erinnerungskultur. Dass es Diskussionen um Hindenburg und andere gebe, werde durch „neue Erkenntnisse der Forschung auch über Akteure der zweiten und Dritten Reihe“ gestützt, sagt dazu Rainer Pöppinghege, Historiker der Universität Paderborn, nach dem RP Plus-Bericht. Zudem wachse das kritische Bewusstsein der Bevölkerung. In Münster geht der Namensstreit wohl weiter. Es soll ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung geben. VON ULRICH SCHÜTZ