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Clothianidin

CBG Redaktion

Presse Information vom 23. März 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Kritik an „Notfall-Zulassung“ für Bienenkiller Clothianidin

Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 27. April eingereicht / Proteste von Imkern / 1,2 Mio Unterschriften gesammelt

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat eine befristete Zulassung des Bienenkillers Clothianidin (Produktname: Santana) erteilt. Clothianidin war für die verheerenden Bienensterben im Jahr 2008 verantwortlich. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert ein vollständiges Verbot des Wirkstoffs sowie des Vorgänger-Produkts Imidacloprid.

Bereits in den vergangenen beiden Jahren war eine temporäre „Notfall-Zulassung“ für Santana erteilt worden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert die Entscheidung des BVL, die eine Bedrohung für den Bestand von Bienen und Wildinsekten darstellt: „Der Einsatz von Clothianidin im Mais-Anbau ist mit gutem Grund verboten worden. Es kann nicht sein, dass diese Sicherheits-Maßnahme mit alljährlich erneuerten Notfallzulassungen unterlaufen wird. Die ständige Ausweitung des Mais-Anbaus ist nicht akzeptabel, wenn diese nur mit der Ausbringung gefährlicher Agro-Chemikalien möglich ist“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Weder auf der website des BVL noch auf der homepage des Clothianidin-Herstellers BAYER finden sich Sicherheits-Datenblätter oder andere Produkt-Informationen zu Santana. Die genaue Zusammensetzung sowie die Auflagen für die Anwendung sind der Öffentlichkeit somit nicht bekannt. Auch ist unklar, auf wie viel Hektar Santana insgesamt eingesetzt werden darf.

Wegen der anhaltenden Vermarktung von Clothianidin hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 27. April in Köln eingereicht. Nach Auffassung der CBG gefährdet das BAYER-Management durch den fortgesetzten Verkauf hochgefährlicher Pestizide wissentlich den Bestand von Bienen, Wildinsekten und Vögeln. Mehrere große Studien hatten in den vergangenen Monaten die Risiken der Wirkstoffe bestätigt. Im vergangenen Jahr war eine Untersuchung der UN-Umweltbehörde zu dem Schluss gekommen, dass bestäubende Insekten, z.B. Bienen, durch Clothianidin und Imidacloprid chronisch vergiftet werden können. Umweltschützer hatten 1,2 Millionen Unterschriften für ein sofortiges Verbot der Wirkstoffe gesammelt.

Über den Gegenantrag der CBG, der auch auf der website von BAYER veröffentlicht wird, muss in der Versammlung offiziell abgestimmt werden. Zu der Protestaktion vor den Kölner Messehallen werden Imker aus ganz Deutschland sowie aus Österreich erwartet.

=> Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht
=> alle Informationen zur Kampagne

Hier noch eine Stellungnahme des Pestizid Aktions-Netzwerks:

Erneut befristete Zulassung verbotener Pestizide

(PAN), 22. März 2012 — Für konventionelle Maisbauern mag es eine gute Nachricht sein, für Imker, Natur- und Umweltschützer ist es eine schlechte: Wie auch schon 2010 und 2011, hat das für Ausnahmegenehmigungen für Pestizide zuständige Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auch in diesem Jahr das Insektizid Santana wieder befristet zugelassen.

Die befristete Zulassung zur Drahtwurmbekämpfung im Mais erfolgte als „Zulassung für Notfallsituationen“. Diese EU-weite Regelung erlaubt eine auf 120 Tage begrenzte Zulassung von Pestizidprodukten, die längst verboten sind oder die für bestimmte Kulturpflanzen eigentlich nicht zugelassen sind, für den Fall, dass eine „Gefahr anders nicht abzuwehren ist“. Rechtsgrundlage hierfür ist seit Juni 2011 Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Santana wurde jetzt zum dritten Mal in Folge über die Notfallregelung zugelassen. „Unter dem Deckmantel der Notfallsituation werden Jahr für Jahr Ausnahmen für verbotene Pestizide genehmigt. Hier wird den ökonomischen Interessen Einzelner Vorrang vor Umwelt- und Naturschutz eingeräumt und das zu einem volkswirtschaftlich fragwürdigen Preis“ so Carina Weber, Geschäftsführerin von PAN Germany.

PAN kritisiert seit längerem diese Praxis. Eine 2011 europaweit durchgeführte Auswertung der Genehmigungen in Notfallsituationen zeigt, dass entgegen der Absicht, hier Ausnahmen zu regeln, die Genehmigungen für Notfallsituationen in den letzten 4 Jahren von 59 auf 310 gestiegen sind und somit zu einem „Regelzustand“ wurden.

PAN-Agrarexpertin Susan Haffmans: „Für die Imker ist es nur ein schwacher Trost zu wissen, dass Santana nur begrenzt und unter Auflagen ausgebracht werden darf. Sie müssen sich im Zweifelsfall entscheiden, ob sie mit ihren Bienenkästen fliehen oder bleiben und hoffen, dass es zu keiner akuten oder chronischen Vergiftung ihrer Völker kommt“.

Das Mittel „Santana“ ist ein Mikrogranulat mit dem sehr bienengiftigen Wirkstoff Clothianidin. 2008 war er für das Massensterben von 11.500 Honigbienenvölkern und einer unbekannten Anzahl von Wildbienen in Deutschland verantwortlich. Damals wurden die Bienen durch die Stäube beim Aussäen des behandelten Saatguts kontaminiert. Längst ist bekannt, dass die wasserlöslichen, systemischen und hoch bienengiftigen Neonicotinoide, zu denen Clothianidin zählt, nicht am Ort ihrer Ausbringung verweilen, sondern sich überall in der Pflanze verteilen. Auf diese Weise können Honig- und Wildbienen auch über belasteten Nektar und Pollen mit dem Wirkstoff in Kontakt kommen. Auch die Kontamination über das sogenannte Guttationswasser wird zunehmend als Problem erkannt. Hierbei handelt es sich um kleine Tropfen, die von Pflanzen bei bestimmten Temperaturen ausgeschieden werden, die erhebliche Pestizidkonzentrationen aufweisen können und von den Bienen zur Deckung ihres Flüssigkeitsbedarfs aufgenommen werden.

Für Nachfragen:
Susan Haffmans (PAN), susan.haffmans@pan-germany.org, Tel. 040-3991910-25