Leserbrief zum Artikel „TDI-Anlage: Bayer-Gegner fordern besseren Schutz“:
Umwelthaftung bei geplanter TDI-Anlage bleibt Geheimnis
Die gesetzliche Regelung dazu ist leider stecken geblieben
Bayer plant bekanntlich in Dormagen den Bau einer neuen TDI-Anlage. 60 Einwendungen hatte die Bezirksregierung dazu in einer öffentlichen Anhörung abzuarbeiten. Eine entscheidende Frage blieb unbeantwortet: Wenn es zu einer umfassenden Katastrophe durch Freisetzung von Phosgen, Kohlenmonxid und dem Endprodukt TDI kommt, wie ist dann konkret die Haftung für die Bevölkerung (außerhalb des Werksgeländes) geregelt?
Bayer antwortete sinngemäß, die Frage stelle sich nicht, weil die Anlagen sicher sind. Aber nicht alle Risiken lassen sich mit mathematischer Wahscheinlichkeits-Rechnung vorhersagen (siehe Katastrophe von Fukushima). Der Frage nach der Höhe und der Verantwortung für eine ausreichende Haftpflichtversicherung wichen die Konzernsprecher aus.
Dann wurde gefragt, welche Sicherheitsstandards bei der Berechnung der Haftpflicht-versicherung zugrunde gelegt worden seien. Bayer antwortete dazu auf einer anderen Ebene: Alle Anlagen der Chemischen Industrie seien im gesamten Rahmen versichert. Zu einzelnen Positionen der Versicherungshöhe wolle und könne man sich nicht äußern.
Dazu wurde auch die juristische Vertreterin der Bezirksregierung intensiv befragt. Sie bestätigte die Aussage der Bayer-Leute, dass die Haftungsfrage nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sei. Es sei damit korrekt, dass zu diesem Punkt keine Angaben gemacht würden. Die Höhe der Haftpflicht-Versicherungssumme würde also aktuell behördlich nicht geprüft.
Aber dann kam ein Nachsatz: Zwar habe es in der Vergangenheit vom Gesetzgeber Ansätze gegeben, bei derartigen Genehmigungsverfahren, die Deckungsvorsorge für die Umwelthaftung mit ein zu beziehen, aber es wurde in der darauf folgenden Zeit dazu nie eine Rechtsverordnung erlassen.
Für die Bevölkerung bleibt also die bange Ungewissheit, ob die als „geheim“ eingestufte Deckungssumme im Falle einer Katastrophe tatsächlich ausreichend ist. Merkwürdig: Wo doch bei uns jeder Mopedfahrer eine garantierte Haftpflichtsumme nachweisen muss.
Da könnte doch vielleicht der Bürgermeister der Stadt Dormagen im Interesse der eigenen Bevölkerung einmal bei der Landesregierung nachfragen, warum gerade diese geplante Rechtsverordnung im Gesetzgebungsverfahren zugunsten der Chemischen Industrie stecken geblieben ist und was getan werden müsste, um sie rechtskräftig zu verabschieden.
Manfred Puchelt
Mitglied der Dormagener Agenda 21