Die Rheinische Post berichtet über den Erörterungstermin zur geplanten TDI-Anlage. Die Einwendung der Coordination sowie weitere Infos hier
Proteste gegen TDI Anlage
6. Oktober 2011 – Seit Mittwoch versuchen Umwelt- und Bayer-kritische Verbände im Technischen Rathaus die geplante TDI-Anlage von Bayer auseinanderzunehmen. Der Erörterungstermin ist Grundlage für die Entscheidung der Bezirksregierung.
Der Ton im Technischen Rathaus an der Mathias-Giesen-Straße ist scharf wie in einem Gerichtssaal. Vertreter von Bayer MaterialScience und von Umwelt- und Bayer-kritischen Verbänden sitzen sich frontal gegenüber wie zwei Rugby-Mannschaften vor der Kollision. Es geht nicht nur um den geplanten Bau einer Anlage für die Produktion von Toluylendiisocyanat, kurz TDI. Es geht auch um die Zukunft des Standorts Dormagen. Und ein wenig ums Prinzip.
Ein Erörterungstermin sollte gestern noch offene Fragen über den Bau der geplanten TDI-Anlage klären. Ab 2014 soll dann im Zentrum des Chemparks TDI hergestellt werden. Aus dem Weichschaum werden später Fahrzeugsitze, Matratzen oder Bürostühle.
Grundlage für Bezirksregierung
Der Tag sollte auch die Grundlage bieten für die Entscheidung der Bezirksregierung Köln, die unter der Leitung von Karin Lücking den Tag moderierte: „Aus Sicht der Behörde ist der Antrag in der fortgeschrittenen Prüfung“, so Lücking. 60 Einwendungen sind bei der Bezirksregierung eingegangen, davon 52 Mustereinwendungen aus dem Internet. Die Liste der Themen, die gestern abgearbeitet werden soll, war dementsprechend lang: Rechtsfragen sollen genauso geklärt werden wie mögliche Probleme mit Schall, Abfall, Anlagensicherheit oder ein Störfall.
Dieter Donner aus Hilden, der schon gegen die CO-Pipeline von Dormagen nach Uerdingen gekämpft hatte, moniert, dass zu artenschutzrechtlichen Untersuchungen nichts gesagt worden sei. Die Gegner der TDI-Anlage fürchten, dass mehr gefährliche Stoffe in die Umwelt gelangen könnten als von Bayer angegeben. Kritische Fragen wurden zudem zur Versicherungssumme und einer möglichen Wechselwirkung zwischen den Anlagen im Störfall gestellt.
BMS-Sprecher Ralf Güther zeigte sich in einem ersten Zwischenfazit gestern Nachmittag zufrieden: „Der Dialog verläuft ruhig.“ Er habe das Gefühl, dass Bayer offene Fragen beantworten könne. Produktionsleiter Dieter Kuhne legte werde darauf, dass der Energieverbrauch bei der Herstellung von TDI deutlich gesenkt werden könne und der Chempark keine signifikanten Emissionen mehr ausstoße.
Für den möglichen Störfall probe die Werksfeuerwehr verschiedene Szenarien. Seit 2004 forscht BMS an einer Pilotanlage, Produktionsleiter Dieter Kuhne spricht von einer wichtigen Investition in Dormagen. 150 Millionen Euro will das Unternehmen in die Anlage investieren, die 120 mal 28 Meter lang und 30 bis 50 Meter hoch gebaut werden soll.
Am Freitag soll der Erörterungstermin fortgeführt werden. VON JENS KRÜGER
Rheinische Post, 18. Oktober 2011
Kritik an TDI-Anlage verschärft
Dieter Donner, Vorstand der Regionalgruppe Düsseldorf des Umweltverbands BUND, über seine Bedenken zum Bau der geplanten TDI-Anlage von der Bayer-Tochter MaterialScience im Chempark Dormagen.
Herr Donner, Sie sind einer der Einwender zu der TDI-Anlage im Chempark Dormagen. Über welche Punkte in der Planung sind Sie gestolpert?
Dieter Donner: Uns stören vier Bereiche, die im Rahmen der Bayer-Planungen nicht berücksichtigt wurden: die fehlende Überprüfung der Auswirkung auf die gefährdete Vogelart Flussregenpfeifer; die Art der Einhausung der Anlage; Auslegung und Anordnung der Sensoren zur Überwachung des Außenbereichs, falls CO, Chlor oder Ammoniak austreten sollte; fehlende Worst-Case-Szenarien etwa im Falle einer berstenden Rohrleitung.
Mal der Reihe nach: Bayer hat doch ausführlich die Auswirkungen auf die Umwelt untersucht?
Donner: Auf der von Dormagen aus anderen Rheinseite liegen Flora-Fauna-Habitate, in denen dem Artenschutz besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Der Flussregenpfeifer wurde in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung nicht separat betrachtet.
Was stimmt nicht mit der Einhausung der Anlage?
Donner: Es gibt für die Einhausung unterschiedliche Methodiken: Die Anlage im Chempark Dormagen soll mit einer Blechhülle umschlossen werden; bei der Firma DowChemicals in Chempark Stade wurde eine ähnliche Anlage mit Beton umschlossen. Weder Bayer MaterialScience (BMS) noch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) wollten sich dazu äußern.
Bayer hat doch Worst-Case-Szenarien untersucht.
Donner: Die Szenarien des Unternehmens beziehen sich lediglich auf normale Flansch-Leckagen. Was passieren soll, wenn die Sensoren versagen oder eine Rohrleitung birst, wurde nicht erklärt.
Bayer hat nach dem PR-Desaster mit der CO-Pipeline Besserung gelobt. Fühlen Sie sich nach den Erörterungsterminen ausreichend informiert?
Donner: Das neue, gasphasenbasierte TDI-Erzeugungsverfahren hat Bayer zum patentierten Betriebsgeheimnis erklärt und so standen zur Einsicht nur abgespeckte Versionen der Antragsunterlagen zur Verfügung. Insgesamt erinnert mich das Verfahren bisher stark an die Antworten zur CO-Pipeline.
Sind Sie zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Verfahrens?
Donner: Die Bezirksregierung hat Bayer aufgefordert, klar Stellung zu beziehen. Das ist sehr positiv. Verwundert hat mich, dass die Vertreter des LANUV die Bayer-Aussagen kritiklos übernommen haben.
Wie geht es nun weiter?
Donner: Bayer und Bezirksregierung haben erklärt, unsere offenen Fragen noch einmal zu untersuchen. Zudem beginnt nun das Anlage-Genehmigungsverfahren, auf dessen Ergebnisse wir sehr gespannt sind.
Jens Krüger führte das Gespräch.