12. Juli 2011 – Westdeutsche Zeitung
Einwand gegen Bayer-Pläne
Die Stadt fordert die Installation von Warnsystemen und die Prüfung von anderen Standorten.
„Ja, wir erheben Einwendungen gegen die Pläne von Bayer“, sagt Stadtplaner Thomas Waters und verweist auf ein Schreiben, das jetzt an die Bezirksregierung Köln geht. Hart daran gearbeitet habe die Verwaltung, seit Anfang Juni Akten gewälzt, Gespräche mit dem Kreis Mettmann, der Feuerwehr und externen Experten geführt. Nun sei es an der Bezirksregierung, die festgehaltenen Bedenken und Forderungen gegen die geplante chemische Anlage im Dormagener Chempark zu prüfen.
Die Verwaltung fordert eine Untersuchung von Störfällen
Bis 2014 will Bayer Material Science die neue Produktionsanlage in Betrieb nehmen. Eine klare Flüssigkeit, Toluol-Diisocyanat (TDI), wird dort gebraucht, um Weichschäume herzustellen. Der Bedarf sei weltweit steigend, erklärt Bayer. Im Juni wurden alle Unterlagen zu Sicherheit und Auswirkungen ausgelegt – unter anderem auch in Monheim. „Jeder soll sich seine Meinung bilden“, hieß es von Bayer. Und das hat die Stadtverwaltung gemacht.
Die Verwaltung kritisiert, dass Bayer keine alternativen Standorte geprüft habe. Die Bezirksregierung sei aufgefordert, sich von Bayer Alternativen zum Chempark in Dormagen nennen zu lassen und diese zu prüfen.
Bayers Argument, Standortalternativen drängten sich aus Sicht der Umweltverträglichkeit nicht auf, lässt die Stadt nicht gelten. Zudem finde sich in den Bayer-Unterlagen keine Untersuchung von möglichen, größeren Stör- oder Unfällen der Anlage, die großflächige Freisetzung von Schadstoffen zur Folge habe.
„Derartig schwerwiegende Unfälle sind jedoch nicht auszuschließen, wie der Störfall von 1997 im Dormagener Werk gezeigt hat, bei dem umweltgefährdende Stoffe bis über die Werksgrenze freigesetzt wurden“, heißt es von der Verwaltung. Bayer wird aufgefordert, aufzuzeigen, welche Folgen im schlimmsten Fall zu erwarten sind.
Bei der Herstellung von TDI werden giftige Stoffe eingesetzt
Auch in Sachen Störfallvorsorge soll Bayer nachrüsten. Bayer werde aufgefordert, Hochleistungssirenen zu installieren, um die Monheimer Bevölkerung und die linksrheinischen Gemeinden im Falle eines Unfalls zu warnen.
Bei der Herstellung von TDI werden neben Phosgen weitere Stoffe wie Chlor, Kohlenmonoxid oder Dichlorbenzol eingesetzt. Die Stoffe sind als sehr giftig, giftig oder umweltgefährdend eingestuft. Laut der Kommission zur Anlagensicherheit (KAS) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit soll zwischen der Anlage und bebauten Gebieten 1350 bis 1450 Meter Abstand gehalten werden.
Unter dieser Grenze sind erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Hier hakt die Stadtverwaltung noch einmal nach: „Die Abstände werden im Rheinbogen erreicht. Zudem wurde in den standardisierten Berechungen nicht berücksichtigt, dass Monheim in der Hauptwindrichtung potenzieller Stoff-Freisetzungen liegt und so bei Störfällen besonders exponiert ist.“ Deshalb sei die Installation entsprechender Mess– und Warnsysteme im Rheinbogen zu fordern. Von Ines Arnold
11. Juli 2011, NRZ
Monheimer Grüne gegen Baugenehmigung : Fünf Gründe gegen Bayer-Projekt
Monheim. Die von Bayer in Dormagen geplante Anlage zur Verdreifachung der Produktion von TDI (siehe Info am Ende) hat den Widerspruch der Monheimer Grünen geweckt. In einem ausführlichen Brief an die Bezirksregierung in Köln nennen die Grünen fünf Punkte, die aus ihrer Sicht gegen eine Baugenehmigung sprechen für das neue Projekt sprechen. Die bestehende TDI-Anlage läuft seit 1964.
Ein Bayer-Sprecher signalisierte auf Nachfrage der NRZ Gesprächsbereitschaft: „Gerade diese kritische Fragen wollen wir ja jetzt in dem Verfahren haben – und werden sie sorgfältig und transparent beantworten.“ Er habe deshalb den Grünen einen Gesprächstermin angeboten.
Die Monheimer Grünen stoßen sich vor allem an Sicherheitsfragen. So werde in den Unterlagen des Unternehmens kein „Worst-Case“Szenario“ durchgespielt, der schlimmste anzunehmende Unfall also. In der Anlage werde das sehr giftige Phosgen verarbeitet, das laut Wikipedia im ersten Weltkrieg für einen Großteil der rund 90 000 Gastoten verantwortlich war. Die Grünen fragen: Was passiert bei einem Großbrand? Wie sieht die Katastrophenabwehr aus? Werden die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden ertüchtigt?
Nächster Punkt der Grünen: Die Störfallbetrachtung durch Bayer sei unzureichend. Das Unternehmen versichere, dass frei gesetzte Schadstoffe innerhalb des Werksgeländes Dormagen bleiben würden. Die Grünen berufen sich dagegen auf einen Wert aus dem Bundesumweltministerium, nach dem beim Einsatz von Phosgen ein Mindestabstand von 1,5 Kilometern zur nächsten Wohnbebauung eingehalten werden müsse. „Teile von Monheim liegen innerhalb dieser Entfernung, und zwar in Hauptwindrichtung!“
Zudem werden der Hochwasserschutz, die Restmülltransporte und das Dioxinrisiko von den Grünen kritisch hinterfragt. Aus diesem Grund bezweifeln sie die langfristige Anlagensicherheit. Über das Gesprächsangebot von Bayer wollten die Grünen gestern Abend im Rahmen einer Fraktionssitzung beraten.
Bayer verwies darauf, dass man zusätzlich zu den bisherigen Unterlagen die gesamte Umweltverträglichkeitsuntersuchung veröffentlicht habe: www.tdi-dormagen.bayer.de
Zur Sache: TDI (Toluylendiisocyanat): Ist ein Vorprodukt zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaum. Daraus bestehen Matratzen, Polster, Schwämme, Verpackungen, etc.