Rheinische Post, 28. Juni 2011
Kritik an TDI-Anlage
Noch bis morgen liegen die Antragsunterlagen für die geplante TDI-Anlage im Chempark Dormagen öffentlich aus. Nun macht die Bayer-kritische Vereinigung „CBG“ mit einer Mustereinwendung mobil gegen das Vorhaben.
Beizeiten schießt der Bayer-kritische Vereinigung „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) übers Ziel hinaus: „Nicht nur Fukushima, sondern auch der Störfall bei Ineos in Dormagen 2008 zeigt, dass sich Störfälle nicht an geplante Szenarien halten“, zieht die CBG einen gewagten Vergleich und kündigt wenig später eine Muster-Einwendung gegen die im Chempark geplante TDI-Anlage an. Ab 2014 soll dort in Dormagen im großen Stil Weichschaum produziert werden, aus dem unter anderem Matratzen oder Autositze hergestellt werden.
Rückhalt für das Vorhaben hat die CBG schon mobilisiert. „Die großen Umweltverbände BUND und NABU unterstützen uns dabei“, sagt Sprecher Philipp Mimkes.
Noch bis morgen liegen die Antragsunterlagen – immerhin 24 Aktenordner stark – von Bayers Kunststoffsparte MaterialScience (BMS) unter anderem im Technischen Rathaus an der Mathias-Giesen-Straße aus. Danach folgt eine Frist für Einwände bis zum 13. Juli. Bis dahin soll Mimkes zufolge die Muster-Einwendung formuliert sein. Er hofft auch Dormagener Bürger für den Protest gewinnen zu können.
Das öffentliche Interesse an den ausliegenden Antragsunterlagen selbst ist zwar eher gering: „Da guckt nur sporadisch mal einer rein, ein Massenandrang ist das aber nicht“, sagt Monheims Stadtplaner Thomas Waters. Diskutiert wird die TDI-Anlage insbesondere auf der anderen Rheinseite, wo Bayer-Vorhaben seit der umstrittenen CO-Pipeline besonders kritisch beäugt werden, indes schon. So war die 150-Millionen-Euro-Investition Thema beim Bürgerverein und Frauenforum. Auch der Planungsausschuss der Stadt hatte die Anlage diskutiert. Bayer-Experten stehen mit den Bürgern in Kontakt.
Die Vorwürfe, die die CBG erhebt, sind zudem deftig: Riesige Mengen hochgefährlicher Chemikalien würden in der Anlagen zum Einsatz kommen. „Aus unserer Sicht kann dem Antrag in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden, weil keine Worst-case-Szenarien für einen Phosgen-Austritt vorgelegt werden und weil die Mindest-Abstände zur Wohnbebauung nicht eingehalten werden.“
Dem widerspricht BMS-Sprecher Ralf Güther heftig: Zwar gebe es nach der Soweso-II-Richtlinie die Empfehlung 1500 Meter Abstand zur Wohnbebauung einzuhalten. Doch betreffe dies Projekte ohne Schadensbegrenzungsanlagen, die zudem nicht in einem Industriegebiet stünden. „Die TDI-Anlage wird komplett eingehaust“, sagt Güther, „selbst im Störfall treten keine giftigen Stoffe aus.“ VON JENS KRÜGER