NRhZ, 10. März 2011
Gefährliche CO-Pipeline von BAYER kommt ab 23. Mai wieder vor Gericht
Kläger: „Bauer Muhr“
Seit mehr als drei Jahren versucht der BAYER-Konzern das 67 Kilometer lange CO-Giftrohr von Köln-Worringen bis nach Krefeld-Uerdingen durchzusetzen. Über die Gefahren für die Anwohner und deren Widerstand gegen das Giftgas-Projekt hat die NRhZ immer wieder berichtet. Nun wurden vom Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf für „die gesamte 21. Kalenderwoche 2011, beginnend Montag, den 23. Mai 2011“, 9.00 Uhr, Verhandlungstermine „gegen die Planfeststellung in Sachen CO-Pipeline“ der Bezirksregierung angesetzt. Einer der Kläger ist der Landwirt Heinz-Josef Muhr.
Der „Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung zur Errichtung und zum Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage zum Transport von gasförmigem Kohlenmonoxid von Köln-Worringen bis nach Krefeld-Uerdingen“ mit seinen 478 Seiten trägt das Datum vom 14. Februar 2007. Der Beschluss „regelt“ alles zugunsten von BAYER, kommt aber auf Seite 338 immerhin zu der Feststellung: „Eine absolute Sicherheit ist mit dieser technischen Anlage allerdings niemals zu erreichen und kann weder durch den zukünftigen Betreiber der Rohrfernleitungsanlage noch behördlicherseits durch nochmals weitergehende Auflagen erreicht werden.“ Auf Seite 342 heißt es ergänzend, „dass bei dem Betrieb von Rohrfernleitungen tödliche Unfälle und Verletzungen nicht ausgeschlossen sind.“ Genehmigt wurde trotzdem. Seitdem gab es 27 Planänderungsbescheide und -beschlüsse für die Giftgas-Leitung, weil BAYER immer wieder eigenmächtig „Planabweichungen“ vornahm.
Die Termine für die Verhandlung verfügte der Vorsitzende Richter am VG, Schwerdtfeger, für die 3. Kammer des Gerichts, denn die 3. Kammer ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des VG zuständig für „Planfeststellungs- und Enteignungsrecht nach dem Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 1989“. 65 „Einwender“ gegen die CO-Pipeline wurden 2007 dokumentiert. Die Befürchtungen der „Einwender“ waren eindeutig. Die Antworten der Bezirksregierung Düsseldorf ebenfalls. Beispiel „Einwender Nr. 61“: „Der Einwender wendet sich gegen die Inanspruchnahme von Flächen.“ Der „Textbaustein“ der Behörde dazu auf Seite 467: „Der Einwand wird zur Kenntnis genommen, eine Abänderung der Trassenplanung bewirkte es nicht.“
Ein „Einwender“, der sich einen solchen Bescheid nicht gefallen ließ, und Kläger in der Auseinandersetzung mit BAYER wurde der 77 Jahre alte Heinz-Josef Muhr. Er ist Landwirt im Monheimer Stadtteil Baumberg und Bürgerrechtler. Als „Bauer Muhr“ wurde er durch seinen Widerstand gegen die Enteignung eines Teils seiner Grundstücke im Trassenverlauf der geplanten Pipeline sogar in überregionalen Medien bekannt. Und die Stadt Monheim koordinierte ihr Vorgehen mit dem “Musterkläger Muhr„, um den Bau der Pipeline für rechtswidrig erklären zu lassen.
Auch die Stadt Düsseldorf war – wie Monheim und andere Städte und Gemeinden entlang der Pipeline-Strecke – nicht bereit, eigene Grundstücke zugunsten des BAYER-Konzerns abzutreten. Dabei musste sie eingestehen, dass sie nur unzureichend von dem “Vorhabenbetreiber“ – also BAYER – und der Genehmigungsbehörde informiert wurde. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der DKP im Gerresheimer Rathaus hieß es zum Beispiel: „In welcher Art und Weise die Anforderungen der technischen Regel für Rohrleitungsanlagen (TRFL) – insbesondere hinsichtlich der Hanglage im Bereich des Dahlhofsweges – während des Planfeststellungsverfahrens von der Bezirksregierung Düsseldorf berücksichtigt werden, liegen der Verwaltung keine Informationen vor.“
Als erste Umweltorganisation hatte die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) – die sich bereits seit 30 Jahren mit allen Risiken, die von der Geschäftspolitik der Bayer AG ausgehen, befasst – bereits Anfang 2006 auf die Gefahren der CO-Pipeline hingewiesen. “Wir haben frühzeitig in den Hauptversammlungen der Bayer AG gegen das Projekt protestiert, Flugblätter und Aufkleber gestreut und Demonstrationen mit vorbereitet„, so Philipp Mimkes von der CBG. Gegen die CO-Pipeline gibt es inzwischen mehr als 110.000 Unterschriften. Und es fanden natürlich zahlreiche Demonstrationen gegen die Pipeline statt. – “Bauer Muhr„ ist also nicht allein in seinem Kampf.
Auch die DKP in Gerresheim bei Düsseldorf solidarisierte sich mit ihm. Über mehrere Jahre hat sie immer wieder “Schwachstellen“ im östlichen Düsseldorfer Trassenabschnitt dokumentiert und zur Anzeige gebracht. Ergebnis: Die Polizei gab diese Anzeigen weiter an die Genehmigungsbehörde. Und von der Bezirksregierung gab es bestenfalls einen der oben erwähnten „Textbausteine“ als Antwort. Uwe Koopmann