Presse Information vom 8. Oktober 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren
USA: Entlassungen bei BAYER trotz hoher Steuergeschenke
Gewerkschaften systematisch aus amerikanischen BAYER-Werken gedrängt / Tarifverträge nur für 14% der Belegschaft / Mitarbeiter in Berkeley demonstrieren
Lesen Sie hierzu auch das Flugblatt: Gewerkschaften bei BAYER unter Beschuss (2011)
Der BAYER-Konzern hat kurzfristige Entlassungen am Standort Berkeley angekündigt. Die Fabrik in Kalifornien gehört zu den wenigen amerikanischen Werken des Konzerns, in denen Gewerkschaften noch vertreten sind. Von der Entlassung sind zunächst 29 Mitarbeiter betroffen, ausschließlich Gewerkschaftsmitglieder. Vor den Fabriktoren protestierten rund 150 Mitarbeiter.
Erst im vergangenen Jahr hatte das Werk Berkeley von den umliegenden Gemeinden einen Steuernachlass von 13 Millionen Dollar erhalten. BAYER hatte zuvor gedroht, Teile der Produktion zu verlagern. In der Fabrik wird das Bluter-Präparat Kogenate hergestellt, mit dem BAYER allein im vergangenen Jahr 888 Mio Euro Umsatz machte. Kogenate wird ausschließlich in Berkeley produziert.
Donal Mahon von der für Berkeley zuständigen Gewerkschaft International Longshore and Warehouse Union: “BAYER hatte zugesichert, die Entlassungen 45 Tage vorher anzukündigen. Tatsächlich waren es zwei Tage, und es waren doppelt so viele Entlassungen wie zuvor besprochen. Für den Fall, dass wir ein Schiedsgericht einschalten, hat uns das Unternehmen den Wegfall weiterer Arbeitsplätze angedroht“.
Traditionell geht der Konzern in den USA besonders rabiat gegen Gewerkschaften vor. Immer wenn sich die Gründung einer Beschäftigten-Vertretung anbahnt, trommelt das Unternehmen die Belegschaft zusammen und droht mit Arbeitsplatzvernichtung oder Werksschließung. Ein klarer Verstoß gegen die von BAYER geäußerten Zusage, wonach die „Beschäftigten an allen Unternehmensstandorten die Möglichkeit haben, Arbeitnehmervertretungen zu bilden“ (Bayer Nachhaltigkeitsbericht 2009).
Vier große BAYER-Werke in den USA mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad wurden in den vergangenen Jahren ganz oder in großen Teilen geschlossen: In West Haven im Bundesstaat Connecticut wurde im Jahr 2007 eine Pharma-Fabrik mit rund 1.000 gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern geschlossen; eine Kunststoff-Fabrik in New Martinsville (West Virginia) halbierte 2007 ihre Belegschaft; das Werk in Elkhart/Indiana mit 2.200 Mitarbeitern, überwiegend Gewerkschaftsmitglieder, wurde jahrelang nicht gewartet und größtenteils dicht gemacht; und in Sarnia (Kanada) wurde die Produktion von Kautschuk eingestellt.
Nur in einer Handvoll der rund fünfzig amerikanischen BAYER-Standorte sind Gewerkschaften überhaupt noch vertreten. Und nur 14% der amerikanischen Mitarbeiter des Konzerns besitzen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen zur Regelung von Löhnen und Arbeitszeiten. In keiner anderen Region der Welt liegt dieser Wert so niedrig: während in Lateinamerika über 40% der BAYER-Belegschaft einen Tarifvertrag haben, sind es in Europa fast 90 Prozent.
Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „In seinem Streben nach maximalem Profit fällt der BAYER-Konzern immer wieder durch Bekämpfung der Gewerkschaften auf. Es ist ein Skandal, dass 45 Prozent der BAYER-Belegschaft weltweit ohne den Schutz tariflicher Vereinbarungen arbeiten muss.“
BAYER macht ein Viertel seines Umsatzes in Nordamerika, die 16.300 Mitarbeiter erwirtschaften knapp acht Milliarden Euro pro Jahr. Der amerikanische Markt ist damit wichtiger als das deutsche Standbein.
Kontakt Donal Mahon (engl.): dmahon@ilwu6.org
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· Schließung des BAYER-Werks Elkhart/US
· zur Geschichte der Arbeits- und Sozialpolitik bei BAYER