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Pharmaforschung

CBG Redaktion

29. Juli 2010, Deutschlandfunk „Campus und Karriere“

Diskrete Zusammenarbeit

Vorwürfe gegen Partnerschaftsabkommen zwischen Bayer und Uni Köln

Ein Kooperationsvertrag zwischen dem Pharmaunternehmen Bayer und der Uni Köln, dessen Inhalt die Partner unter Verschluss halten, stößt zunehmend auf Kritik. Während die Uni die Geheimhaltung mit der Wissenschaftsfreiheit verteidigt, fordern Medizinstudierende und der Landesdatenschutzbeauftragte mehr Transparenz.

Von Martin Schütz

Es ist nicht viel bekannt über die Kooperation der Bayer AG mit der Kölner Universität. Offiziell arbeitet die Kölner Uniklinik mit dem Konzern in der Krebs- und Herzforschung eng zusammen. Die Zusammenarbeit bezieht sich nicht auf einzelne Lehrstühle, sondern auf verschiedene Forschungsschwerpunkte. Unklar ist, wie der Konzern auf die Forschung Einfluss nimmt und wie Ergebnisse genutzt und publiziert werden. Die Ergebnisse dazu sind rar. Deshalb sind die Fronten zwischen Kritikern und Universität verhärtet. Ende 2009 hat der Landesdatenschutzbeauftragte empfohlen, dass die Uni die Rahmenbedingungen offen legt. Allerdings kann er dies der Universität nur empfehlen, rechtlich bindend sind seine Aussagen nicht. Daher wird die Kölner Uni auch weiterhin keinen Einblicke in die Verträge gewähren. Das gefährde die Freiheit der Wissenschaft, so Pressesprecher Dr. Patrick Honecker:

„Bei dieser Rahmenvereinbarung geht es inhaltlich nicht um besonders weitreichende Dinge. Was uns nur wichtig ist, ist erst mal grundsätzlich zu klären, inwieweit wir ein grundrechtlich geschütztes Recht, nämlich die Wissenschaftsfreiheit weiterhin in Anspruch nehmen können, oder ob Landesgesetze da stärker sind.“

Auch die Bayer AG möchte sich zu den Inhalten nicht äußern. Die Befürchtung des Industrieunternehmens konzentriert sich auf die Veröffentlichung von Betriebsgeheimnissen. Die spärlichen Informationen beunruhigen allerdings die Kritiker der Kooperation von Kölner Uni und Bayer. Für Torsten Bultmann, Geschäftsführer des Bunds demokratischer Wissenschaftler, stellt der Vertrag eine neue Dimension dar.

„Dass sie ganze Fakultäten herausbrechen in solche privaten Kooperationsstrukturen, das ist eine relativ neue Qualität.“

„Aber ich finde es ja insgesamt problematisch und skandalös, dass ein solcher Kooperationsvertrag, der natürlich große Teile der Universität betrifft und nicht nur einen Lehrstuhl und ein befristetes Projekt, was ja sonst normalerweise der Fall ist, dass der im Prinzip von einem privaten Konzern zum Betriebsgeheimnis erklärt wird. Das ist ja der eigentliche Skandal.“

Das sieht die Kölner Hochschulgruppe der Kritischen Mediziner ebenfalls so. Die Medizinstudenten bemängeln die fehlende Transparenz. Grundsätzlich wollen sie einen Einblick in den Vertrag, um die Rahmenbedingungen überhaupt kennenzulernen. Die Kritischen Mediziner befürchten, dass Unternehmen Einfluss auf Forschungsergebnisse nehmen könnten, so Sven Quilitzsch:

„Wenn man sich anguckt, wie Pharmaunternehmen vorgehen, das sind ja wirtschaftliche Unternehmen, die haben ein Interesse daran, dass bestimmte Forschungsergebnisse, wenn es zum Beispiel negative Ergebnisse in Studien gibt, dass die nicht unbedingt publik gemacht werden.“

Sven Quilitzsch betont allerdings, dass solche Praktiken nur vermutet werden können. Schließlich habe bisher kein Außenstehender Einblick in die vertraglich festgelegten Inhalte. Dass Kölner Wissenschaftler Ergebnisse zurückhalten halten könnten, ist für Patrick Honecker jedenfalls nicht vorstellbar.

„Wir gehen davon aus, dass unsere Wissenschaftler ein ganz reges Interesse daran haben, Dinge zu veröffentlichen, die wissenschaftlich valide sind und die wollen nicht etwas veröffentlichen, was von irgendwelchen Lobby- oder Industrieorganisationen gesteuert wird.“

Die Kritischen Mediziner haben die Universität um eine Stellungnahme gebeten. Bis zum 15. August erwarten sie eine Antwort. Sollte diese nicht erfolgen, streben die „Kritischen Mediziner“ laut Sven Quilitzsch eine andere Lösung an:

„Gesetzt der Fall, dass Uni und Bayer nicht einlenken und uns die Rahmenbedingungen und es geht nur um diese Rahmenbedingungen, um es noch mal ganz explizit zu sagen, dann erwägen wir weitergehende juristische Schritte, das könnte ein Präzedenzfall sein und den wollen wir auf jeden Fall auch geklärt wissen.“

Dann wird sich ein Verwaltungsgericht mit dem Problem beschäftigen müssen. Denn die Hochschule wird Einblicke in den Vertrag wohl verweigern. Die Bayer AG verweist jede Nachfrage an die Universität. Eine Kompromisslösung wird also immer unwahrscheinlicher. Sollte es zu einem Prozess kommen, kann Patrick Honecker dem auch etwas Positives abgewinnen:

„Aber wenn es sein muss, lassen wir das auch vor Gericht prüfen. Wir denken schon, dass das wichtig ist, das mal grundlegend zu klären, und wir würden abwarten, wenn es eine Klage gäbe, das ganze vor Gericht kommen würde, uns dementsprechend aufstellen und einen Prozess führen.“

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