Presse Information vom 7. Juni 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren
BAYER: Duogynon-Opfer reichen Klage ein
Tausende von Missbildungen durch hormonelle Schwangerschafts-Tests / Berichte heute in SPIEGEL und WDR
Das Magazin DER SPIEGEL berichtet in seiner heutigen Ausgabe über eine Klage von Medikamenten-Opfern gegen die Firma Bayer Schering. Tausende von Kindern hatten in den 60er und 70er Jahren schwere Fehlbildungen durch hormonelle Schwangerschaftstests erlitten. Die von der Firma Schering unter den Produktnamen Duogynon, Cumorit und Primodos vertriebenen Präparate führten unter anderem zu Herzfehlern, fehlenden Gliedmaßen, Gaumenspalten und Nierenschäden. Bis heute steht eine Entschädigung der Opfer aus.
Nach Schätzungen von Pädiatern sind hormonelle Schwangerschaftstests für mehr Schädigungen verantwortlich als Contergan. Andre Sommer, einer der Kläger: „Wir fordern Gerechtigkeit für alle Duogynon-Opfer. Die Firma Bayer darf unsere Ansprüche nicht abblocken, sondern muss auf uns zugehen und alle Unterlagen offen legen. Der Konzern darf es nicht darauf ankommen lassen, einen Rechtsstreit bis in die letzte Instanz auszufechten. Im Sinne der Opfer, die jahrzehntelanges Leid erdulden mussten, fordern wir eine Entschädigung wie im Fall von Contergan“. Der Bayer-Konzern hatte Schering im Jahr 2006 übernommen.
In der Bayer-Hauptversammlung am 30. April hatten mehrere Betroffene auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) eine Entschuldigung gefordert (das erste Foto des SPIEGEL-Artikels zeigt den Betroffenen Karl Murphy aus England am Rednerpult). Bayer-Chef Werner Wenning hatte dies vor rund 4000 Aktionären jedoch abgelehnt. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Ende der siebziger Jahre hat Schering auf jeder Primodos-Packung einen Warnhinweis anbringen lassen, laut dem das Präparat wegen der Gefahr von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden darf. Zur selben Zeit hat Schering betroffenen Eltern ein Vergleichsangebot gemacht – unter der Bedingung, dass diese ihre öffentliche Kritik unterlassen. Es ist daher grotesk, wenn Bayer heute einen Zusammenhang leugnet. Die Firma ist für die Schädigung tausender Kinder zwar nicht selbst verantwortlich, doch durch die Übernahme von Schering hat Bayer auch die Verantwortung für den Skandal um hormonelle Schwangerschaftstests übernommen.“
Die Ärztin Isabel Gal hatte schon 1967 festgestellt, dass Mütter missgebildeter Kinder zu einem überdurchschnittlich hohen Prozentsatz hormonelle Schwangerschaftstests verwendet hatten. Die französische Firma Roussel, die ein ähnliches Präparat herstellte, stellte daraufhin die Produktion ein. Schering hingegen beließ Primodos auf dem Markt und sandte keinerlei Warnungen an die Ärzte. Dabei hatten bereits Ende der 60er Jahre Mitarbeiter der britischen Schering-Tochter die Firmenzentrale in Deutschland vor den Risiken gewarnt. In einem von der Zeitung Sunday Times veröffentlichten Brief heißt es wörtlich: „Wir müssen bezüglich des möglichen Zusammenhangs von Primodos und Geburtsschäden zu einer Lösung kommen. Als Hersteller ist es unsere moralische Pflicht, alles Menschenmögliche zu unternehmen, die Sicherheit unserer Produkte zu gewährleisten.“ Trotzdem stellte das Unternehmen den Verkauf des Mittels in Deutschland erst 1981 ein. Zu diesem Zeitpunkt waren risikolose Urintests seit mehr als zehn Jahren auf dem Markt – Tausende Fehlbildungen hätten verhindert werden können.
Schering ist seit vielen Jahren Weltmarktführer für Kontrazeptiva. Duogynon/Primodos enthielt die selben Hormone, die heute in geringerer Konzentration als Antibaby-Pille verkauft werden. Kritiker vermuten, dass die jahrelangen Warnungen vor hormonellen Schwangerschaftstests in den Wind geschlagen wurden, um negative Publicity für Kontrazeptiva zu vermeiden.
Hier die Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren unterstützen
Weitere Informationen:
· Artikel im SPIEGEL: http://www.cbgnetwork.de/downloads/ArtikelSPIEGEL.pdf
· Warnhinweis auf Schering-Packungen
· Informationen von Betroffenen http://www.Duogynonopfer.de
· Artikel „Bittere Pillen von Schering“