Rheinische Post, 12. Dezember 2009
CO-Pipeline unter Druck
Der Geologische Dienst NRW hält die Erdbebensicherheit der umstrittenen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Kreis-Dezernent fühlt sich bestätigt. Bayer setzt weiter auf RW-TÜV und die eigenen Experten.
Neuer Zündstoff bei der Debatte um die in der Region umstrittene Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline des Bayer-Konzerns: Laut einem der RP vorliegenden Gutachten hält der Geologische Dienst NRW (GD) die Erdbebensicherheit der 67 Kilometer langen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen.“
Die 26 Seiten umfassende Einschätzung liegt inzwischen beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht. Dort wird der mit Spannung erwartete Pipeline-Prozess, der im kommenden Jahr beginnen soll, derzeit vorbereitet.
Daten hinterfragt
Die Fachbehörde bleibt bei ihrer bereits im September 2008 geäußerten Kritik, vor allem hinterfragt sie die bislang zum Nachweis der Erdbebensicherheit verwendeten technischen Daten und Verfahren. Zusätzliche Untersuchungen und Berechnungen seien dringend geboten, um beispielsweise das Risiko so genannter Bodenrutschungen umfassend zu klären und realistisch einzuschätzen.
Verschiedene im Auftrag der Bayer Material Science erstellte Gutachten des Rheinisch-Westfälischen TÜV (RW-TÜV) hatten die Einschätzung des GD, die Prüfungen zur Erdbebensicherheit seien zu ergänzen und zu verbessern, bislang nicht ändern können. Erfreut über das GD-Gutachten zeigte sich gestern Kreis-Umweltdezernent Hans-Jürgen Serwe.
Er war bereits 2007 mit der Düsseldorfer Bezirksregierung über die Frage der Erdbebensicherheit aneinander geraten. „Die Einschätzung des Geologischen Dienstes zeigt, dass wir richtig gelegen haben“, sagte er im RP-Gespräch. Serwe hatte damals unter anderem darauf hingewiesen, dass in einem früheren Gutachten eine nicht einschlägige DIN-Norm zur Grundlage genommen worden sei.
Formularende
Wenig überrascht über die kritische Herangehensweise des GD zeigte sich gestern Abend Bayer-Sprecher Jörg Brückner. Der Geologische Dienst habe lediglich seine seit langem bekannte Einschätzung erneuert. „Unsere Experten und der TÜV kommen zu anderen Schlussfolgerungen. Daran halten wir uns.“ Nach Angaben des Sprechers wird das Verwaltungsgericht – jenseits von GD und RW-TÜV – im Rahmen seiner Beweiserhebung einen dritten Gutachter herbeiziehen.
Bestätigt in seiner Kritik am Pipeline-Verfahren fühlt sich dagegen Kläger-Anwalt Dr. Jochen Heide. „Der Geologische Dienst hält TÜV und Bezirksregierung den Spiegel vor. Die klare Botschaft an die Betroffenen: ,Ihr habt einfach nicht verstanden, was eine umfassende Prüfung der Erdbebensicherheit bedeutet‘.“
Kritik an TÜV und Bezirksregierung übte Dieter Donner, Sprecher der CO-Pipeline-Gegner im Kreis Mettmann. „Nach der unvollständigen Prüfung der Trasse auf Bomben, Granaten und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt die offenbar allzu ungenaue Bewertung der Erdbebensicherheit, welch sagenhaft gefährliches Spiel mit den Pipeline-Anliegern betrieben wird.“ VON JÖRG JANSSEN