Liste aller Störfälle bei BAYER
7. September 2009, Hellweger Anzeiger
Bergkamen: Explosion bei Bayer Schering erschüttert die Stadt
Ein lauter Knall, Rauch über Bergkamen und Blaulicht aus allen Himmelsrichtungen: Eine Explosion bei Bayer Schering versetzte die Stadt am Samstag in Katastrophenstimmung.
Am Ende verlief alles glimpflich. Diese Nachricht muss man vorweg nehmen, denn die Ereignisse am Abend des 5. Septembers ließen Schlimmes fürchten. Die vierköpfige Schicht der Verbrennungsanlage an der Ernst-Schering-Straße steht unter Schock und psychologischer Betreuung. Einer der vier Mitarbeiter muss dankbar sein, dass er seine Kontrollrunde auf dem Hof nicht eine Minute später begonnen hat. Die Explosion hatte einen gut fünf Meter großen Krater ins Erdreich gesprengt, das Verbundpflaster wie einen Teppich aufgeworfen und Stahlbetonträger zerrissen.
Bis dahin war es ein ruhiger Samstagabend in der „AfU“. Die „Abteilung für Umweltschutz“ betreibt am Rande des Bergkamener Chemiestandortes ein Klärwerk, Labors und eine Müllverbrennungsanlage. „Schering“ entsorgt dort eigene Reststoffe, aber auch von draußen angelieferte. Seit 33 Jahren läuft die regelmäßig modernisierte Anlage ohne größere Zwischenfälle. Und auch am Samstag lief zunächst alles gut.
Im Ladebereich auf dem Hof wurde gerade eine Chemikalie aus einem Tankcontainer in die Anlage gepumpt. Hoch reaktionsfreudige Aluminiumalkyle, die zuletzt vor zehn Jahren einen Bergkamener Chemiewerker ums Leben gebracht haben. Für die „AfU“ gehört der Umgang mit der Substanz zum Alltagsgeschäft. Und auch die Umfüllarbeiten am Samstag liefen schon fast zwei Stunden störungsfrei, bis einer der vier Mitarbeiter bei einer Kontrollrunde Rauch aufsteigen sah.
Er lief. Lief in die Steuerzentrale und ohne es zu wissen auch um sein Leben. Die „Bombe“ platzte erst kurz nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Das war um 19.25 Uhr.
Während die Verbrennungsanlage nach Plan in den abgesicherten Betriebszustand herunterfuhr, fuhren die Feuerwehr nach Notfallplan ihre Kräfte auf: Werksfeuerwehr, vier Löschgruppen aus Bergkamen, dazu Einheiten aus Kamen und Lünen. Thomas Engelbert, stellvertretender Kreisbrandmeister, übernahm die Koordinierung der einzelnen Kontingente, die 72 Bergkamener Feuerwehrleute unter Wolfgang Lantin setzten zum „Erstangriff“ an. Insgesamt waren 170 Einsatzkräfte im Dienst. Nach zwei Stunden hatten sie ihren Einsatz beendet. An der Unfallstelle mochten ihnen Worte wie „Bombeneinschlag“ in den Kopf gekommen sein.
„Glück im Unglück“ wäre auch nicht falsch gewesen: Äußerlich verletzt wurde niemand. Die Produktion bei Bayer Schering und seinen Nachbarunternehmen kann weiterlaufen, und selbst die Verbrennungsanlage ist abgesehen von den Einschränkungen an der Füllstation noch betriebsbereit.
Westfälische Rundschau, 11.09.2009
Explosion bei Schering war ein technischer Defekt
Menschliches Versagen ist als Unglücksursache für die Explosionen und für den Brand auf dem Bayer Schering-Gelände am vergangenen Samstagabend nach Überzeugung der Polizei auszuschließen.
Die Kreispolizei hat jetzt Experten zu Rate gezogen. Die hätten die Unglücksstelle am Mittwoch genau unter die Lupe genommen, berichtete Martin Volkmer, Sprecher der Kreispolizei Unna, gegenüber der Redaktion. Nach dem jetzt vorliegenden Bericht kam es bei der Befüllung der Sondermüllverbrennungsanlage mit Aluminiumalkyl wegen eines Technischen Versagens einer Pumpe zu einer Verpuffung. Dadurch wurden Löcher in das Leitungssystem gerissen.
Folge davon war, dass das Aluminiumalkyl, dass in der Verbrennungsanlage entsorgt werden sollte, auf den Boden floss und auch zum Teil in die Kanalisation eindrang. In der Verbindung mit Wasser sei dann zur Explosion gekommen.
Volkmer sprach in diesem Zusammenhang von einem unheimlichen Glück, dass die vier Mitarbeiter von Bayer Schering Pharma, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Nähe des Explosionsherds aufgehalten haben, nur einen Schock und nicht wesentlich ernstere Verletzungen erlitten hätten.
170 Feuerwehrleute der Werkfeuerwehr von Bayer Schering Pharma (ehemals Schering) sowie von den Feuerwehren Bergkamen, Lünen, Kamen und vom Kreis Unna waren am Samstag über weit mehr als vier Stunden bei dem Brand auf dem Bayer-Gelände in Bergkamen-Mitte im Einsatz.
Durch den Brand und durch die Explosionen wurden offensichtlich keine Schadstoffe freigesetzt, die gesetzliche Grenzwerte überschritten haben. Diese Versicherung kommt von der Städischen Feuerwehr Lünen, die die notwendige Messtechnik besitzt und die Überprüfung in Bergkamen vorgenommen hat. Heino Baue