Presse Information vom 12. März 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht
Kritiker bemängeln Störfälle in BAYER-Werken, risikoreiche Pipeline, umweltgefährdende Pestizide und Kraftwerksprojekte / Protestaktionen am 12. Mai angekündigt
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 12. Mai in Düsseldorf eingereicht. Wegen einer Vielzahl von Missständen und einer insgesamt verantwortungslosen Unternehmensführung fordern die Konzernkritiker die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Gegenanträge wurden heute auf der BAYER-homepage unter http://www.hv2009.bayer.de/de/gegenantraege.aspx veröffentlicht.
Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Düsseldorfer Messehallen werden Störfälle, Bienensterben durch BAYER-Pestizide, die geplante CO-Pipeline zwischen Dormagen und Krefeld und der Bau umweltverschmutzender Kraftwerke sein. Mit Kritik reagiert die Coordination gegen BAYER-Gefahren auch auf die Ankündigung des Konzerns, die Dividende auf Rekordniveau zu erhöhen. Es sei nicht einzusehen, dass die Arbeitnehmer zu Arbeitszeitverkürzungen, Zwangsurlaub und Lohnsenkungen gezwungen wären, während die Anteilseigner keinen Beitrag zur Bewältigung der Wirtschaftskrise leisteten.
Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:
Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
Begründung: Der BAYER-Konzern verstößt weiterhin gegen die Regeln einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung:
Mehrfach kam es in den letzten Jahren bei BAYER zu schweren Unfällen in der Kunststoff-Produktion. Nun will BAYER in den Werken Dormagen und Brunsbüttel die Herstellung von TDI und MDI stark ausweiten. In beiden Fällen soll weiterhin Phosgen als Zwischenprodukt eingesetzt werden. Phosgen ist ein tödliches Atemgift, das im 1. Weltkrieg als Giftgas eingesetzt wurde.
TDI und auch Polycarbonate könnten phosgenfrei hergestellt werden – nur so ließe sich die Gefährdung der Anwohner und der Belegschaft verringern. BAYER hat entsprechende Verfahren jedoch nicht zur Produktionsreife entwickelt. Bei einer Lebensdauer von bis zu 35 Jahren würde diese risikoreiche Produktionsweise durch den Bau neuer Anlagen jahrzehntelang festgeschrieben (mehr Informationen unter: http://www.cbgnetwork.org/2649.html).
Seit über zehn Jahren weisen Imker darauf hin, dass Pestizide eine große Gefahr für Bienen darstellen. BAYER-Sprecher hingegen beteuerten stets, die Giftstoffe kämen gar nicht mit Bienen in Kontakt. Im Mai 2008 kam es nun in Süddeutschland zu einem katastrophalen Bienensterben. In allen untersuchten Bienen wurde der BAYER-Wirkstoff Clothianidin nachgewiesen. Die Zulassung liegt seitdem in mehreren Ländern auf Eis, in Frankreich gelangte Clothianidin wegen Bienengefährlichkeit gar nicht erst auf den Markt. Trotzdem weigert sich der BAYER-Vorstand, den Verkauf des Pestizids auch in Deutschland zu stoppen. Nur so ließe sich der Bienenbestand langfristig schützen (siehe: http://www.cbgnetwork.org/2556.html).
Trotz der Wirtschaftskrise will BAYER die Dividende erhöhen. Es ist nicht einzusehen, dass die Arbeitnehmer zu Arbeitszeitverkürzungen, Zwangsurlaub und Lohnsenkungen gezwungen werden, während die Anteilseigner keinen Beitrag zur Bewältigung der Probleme leisten. Über eine Milliarde Euro an die Aktionäre auszuschütten und gleichzeitig 5.500 Beschäftigte für die Krise büßen zu lassen, ist zynisch. Der Vorstand muss dazu gezwungen werden, die rein auf Profit ausgerichtete Geschäftspolitik zugunsten einer ökologischen und sozial verantwortlichen Betriebsführung über Bord zu werfen.
BAYER hat die indische Zulassungsstelle für Pharmazeutika DCGI verklagt, da diese dem Unternehmen Cipla eine Zulassung für das Medikament Nexavar erteilt hat. In Indien können Zulassungen für generische Pharmazeutika erteilt werden, auch wenn für die Original-Substanz noch Patentschutz besteht. Hiermit soll erreicht werden, dass nach Auslaufen eines Patents unmittelbar preiswerte Nachahmer-Produkte auf den Markt kommen können. Sowohl indische Gesetze als auch das internationale TRIPS-Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums sehen solche Zulassungen von Generika noch vor Ablauf eines Patents vor.
Ein Erfolg der Klage von BAYER hätte schwerwiegende Konsequenzen für den Zugang zu preiswerten Medikamenten. Betroffen wären nicht nur indische Patienten, sondern arme Menschen in aller Welt, da Indien der weltweit wichtigste Produzent von Generika ist. BAYER will offenbar nicht nur die eigenen Patent-Rechte ausweiten, sondern einen Präzedenzfall schaffen. Dies würde den Einsatz lebensrettender Generika generell verzögern und das Leben Tausender Patienten gefährden (siehe: http://www.cbgnetwork.org/2800.html).
Der Konzern beteiligt sich weiterhin systematisch an illegalen Preisabsprachen. Aktuell zahlte BAYER wegen unerlaubter Prämienzahlungen beim Vertrieb von Blutzuckermessgeräten eine Strafe von 97,5 Millionen Dollar an das US-Justizministerium. BAYER hatte elf amerikanische Vertreiber von Messgeräten für Diabetes-Patienten bestochen, damit sie nur noch BAYER-Produkte anbieten. Die Zahlungen wurden als Werbeausgaben verschleiert.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat unter http://www.cbgnetwork.de/2355.html eine Aufstellung von Kartellfällen mit BAYER-Beteiligung veröffentlicht. Die notwendigerweise unvollständige Liste enthält die Strafzahlung und die Laufzeit der jeweiligen Absprachen.
Im vergangenen Jahr vereinbarte BAYER mit der Kölner Hochschule eine Kooperation auf dem Gebiet der Pharma-Forschung. Richard Pott vom BAYER-Vorstand wurde gar gegen erbitterten Widerstand der Studierenden in den Kölner Hochschulrat gewählt. Da sich BAYER weigert, den Kooperationsvertrag mit der Uni Köln offen zu legen, bleiben die Bedingungen dieser und vieler ähnlicher Kooperationen im Dunkeln. Unklar bleibt somit, ob pharmakologische Studien der Uni Köln künftig vor ihrer Veröffentlichung der BAYER AG vorgelegt werden müssen und ob unliebsame Ergebnisse in der Schublade verschwinden werden. Es droht die völlige Unterordnung der Wissenschaft unter ökonomische Interessen (siehe: http://www.cbgnetwork.org/2730.html).
Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:
Das BAYER-Herbizid Glufosinat ist reproduktionstoxisch und kann bei Föten Missbildungen verursachen. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe von 22 Pestiziden, die nach der neuen EU-Pestizidgesetzgebung vom Markt verschwinden müssen. Trotz der erwiesenen Gefahr für Anwender und Verbraucher weigert sich BAYER jedoch, den Verkauf des Giftstoffes zu beenden; aktuell wird die Produktion sogar noch ausgeweitet.
Die von Glufosinat ausgehenden Risiken müssen außerdem Konsequenzen für das Gentechnik-Programm von BAYER haben, das fast vollständig auf glufosinat-resistentem Saatgut besteht. Wegen der Gefährlichkeit von Glufosinat, aber auch wegen der Auskreuzung gentechnisch veränderter Pflanzen sowie der ungeklärten Risiken für die Verbraucher, muss BAYER glufosinat-resistentes Saatgut vom Markt nehmen. Insbesondere den Antrag auf eine EU-Importzulassung für gentechnisch veränderten Reis muss BAYER zurückziehen (siehe: http://www.cbgnetwork.org/2781.html).
Der Journalist Markus Breitscheidel hat inkognito als Leiharbeiter bei BAYER SCHERING gearbeitet. Als Stundenlohn erhielt er 6,24 Euro brutto. Dieser Hungerlohn war selbst seinem Vorgesetzten peinlich – ihm seien jedoch die Hände gebunden, da in dem Betrieb seit der Übernahme durch BAYER die Kosten in der Produktion massiv gedrückt werden. Wurden Leiharbeiter zunächst nur bei Engpässen angeheuert, so bilden sie mittlerweile die Mehrheit im Betrieb. Zahlreiche Festangestellte verloren ihren Job und wurden zu deutlich geringeren Bezügen als Leiharbeiter neu eingestellt. Durch die negative Publicity aufgeschreckt versuchte sich BAYER durch eine Lohn-Nachzahlung an Markus Breitscheidel aus der Affäre zu ziehen (mehr Infos: http://www.cbgnetwork.org/2763.html).
Weiterhin beteiligt sich BAYER an energiepolitischen Weichenstellungen, die den Klimaschutz auf Jahrzehnte hinweg torpedieren. So soll im Werk Uerdingen ein Steinkohlekraftwerk gebaut werden, das jährlich 4,4 Millionen Tonnen CO2 emittieren würde. Betreiber soll die BAYER-Tochter Currenta werden. Auch in den Werken Brunsbüttel und Antwerpen sind neue Kohlekraftwerke geplant. Alle genannten Kraftwerke sollen mit Importkohle aus Übersee befeuert werden.
Eine zentralisierte Stromproduktion in solch gigantischen Kraftwerken verhindert einen sinnvollen Einsatz der entstehenden Wärme. Über die Hälfte der in Brunsbüttel und Antwerpen erzeugten Energie würde wirkungslos verpuffen. Mit einer Lebensdauer von bis zu 50 Jahren würden die neuen Kraftwerke den Einstieg in eine umweltfreundliche Energieproduktion für zwei Generationen verhindern. BAYER konterkariert damit sein vollmundiges Versprechen, „im Klimaschutz neue Maßstäbe“ zu setzen (http://www.cbgnetwork.org/1885.html).
Laut einer aktuellen Studie vertreibt BAYER die größte Zahl gefährlicher Pestizide. In der Untersuchung von Greenpeace werden erstmals die Produkte der fünf größten Agrochemie-Konzerne, die 75 Prozent des Weltmarktes abdecken, auf Basis von Umwelt- und Gesundheitskriterien durchleuchtet. 46 Prozent der 512 weltweit von den untersuchten Konzernen verkauften Pestizide gefährden Mensch und Natur besonders stark.
BAYER gefährdet Patienten durch unlautere Werbe-Aussagen für Pharmaprodukte. So wurde BAYER im Herbst von US-Gesundheitsbehörde FDA wegen der Werbung für zwei Aspirin-Kombinationspräparaten verwarnt. Das Produkt „Bayer Heart Advantage“ war als Mittel vermarktet worden, mit dem sich der Blutfettspiegel senken und die Risiken für Herzkrankheiten verringern ließen. Das Präparat „Bayer Woman’s“ wurde für den Einsatz zur Bekämpfung von Osteoporose beworben. Für beide Anwendungen existiert keine Zulassung.
Ziel der Aspirin-Werbung von BAYER ist es, das Präparat als Allheilmittel zu positionieren, das man lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nimmt. In einer aktuellen Kampagne bezeichnet BAYER Aspirin gar als „Wundermittel“. Unter den Tisch gekehrt werden dabei die mitunter schweren, oftmals gar tödlichen Nebenwirkungen des Präparats, wegen der Aspirin nur auf ärztlichen Rat hin regelmäßig eingenommen werden sollte.